Studie zu Polizei-Rassismus: SPD-Innenminister planen Alleingang
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Die SPD-Innenminister verlieren die Geduld mit Bundesinnenminister Horst Seehofer. Angesichts des jüngsten Rechtsextremismus-Skandals der Polizei in Nordrhein-Westfalen und der anhaltenden Weigerung Seehofers, Rassismus bei Polizist*innen untersuchen zu lassen, sind die Innenminister der SPD-geführten Länder entschlossen, eine eigene Studie in Auftrag zu geben.
Georg Maier: SPD-Innenminister sind sich einig
Der Vorsitzende der Innenministerkonferenz, Thüringens Innenminister Georg Maier (SPD), stellt nun eine eigene Studie der SPD-regierten Bundesländer in Aussicht gestellt. Die sozialdemokratischen Ressortchefs seien sich einig, dass sie eine Studie über Rassismus in der Polizei wollten – und dies „notfalls auch allein“, betonte Maier gegenüber dem Redaktionsnetzwerk Deutschland.
„Die schiere Zahl von Einzelfällen wird langsam mal zu viel“, so der Minister. Für die SPD-Ressortchefs gehe es jetzt nur noch darum, wie eine solche Studie genau aussehen solle. „Eine Gesinnungsprüfung“ bei Beamt*innen wolle er aber nicht, stellte Maier klar. Deshalb sollten die Polizeigewerkschaften in die Untersuchung miteinbezogen werden.
Roger Lewentz: Personalrat einbeziehen
Roger Lewentz (SPD), der Innenminister von Rheinland-Pfalz, sieht das genau so. „Wie bereits angekündigt, werden die Schwerpunkte einer Untersuchung, die sich aber nicht nur eng gefasst allein auf das Thema Rassismus beschränken sollen, mit dem Hauptpersonalrat der Polizei Rheinland-Pfalz besprochen.“ Gespräche hierzu würden mit dem Hauptpersonalrat noch in diesem Monat geführt.
Unterstützung kommt ebenso aus Bremen, „auch, wenn es bei uns keine vergleichbaren Vorfälle wie jüngst in NRW oder Hessen gibt“, so die Sprecherin von SPD-Innensenator Ulrich Mäurer. Bremen habe „bereits vor Wochen öffentlich erklärt, dass wir offen für eine Studie zu Racial-Profiling sind“.
Georg Maier, der Vorsitzende der Innenministerkonferenz, unterstrich, gegen rechtsextremistische Umtriebe von Polizisten müsse jetzt „kompromisslos und konsequent“ vorgegangen werden. Dazu gehöre es auch, sämtliche strafrechtlichen und disziplinarischen Möglichkeiten auszuschöpfen. Es dürfe nicht „der Hauch eines Zweifels daran bestehen, dass sich Polizistinnen und Polizisten auf dem Boden der freiheitlich-demokratischen Grundordnung bewegen“.
Saskia Esken: Wir brauchen ein Lagebild
Auch SPD-Chefin Saskia Esken hat ihre Forderung nach einer Studie zum Thema bekräftigt. In der „Rheinischen Post“ forderte sie eine umfassende Aufklärung über „Rassismus und Menschenfeindlichkeit“ bei der Polizei von Bund und Ländern. „Es ist inzwischen allen klar, dass wir hierfür ein Lagebild zu Rassismus und Menschenfeindlichkeit brauchen“, so Esken. Sie kritisierte, dass Bundesinnenminister Seehofer hier nicht mitziehe. „Seine Vogel-Strauß-Methode ist gefährlich für das Ansehen der Polizei“, warnte die SPD-Vorsitzende. Auch bei der Bundespolizei müsse man wissen, ob es innere Einstellungen gebe, die am Ende zu „gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit“ führten. „Von der Einstellung zu entsprechenden Handlungen ist es leider ja dann nicht mehr weit“, gab Esken zu Bedenken. „Wir müssen den Polizistinnen und Polizisten den Rücken stärken, die Rechtsextremismus in ihren Reihen strikt ablehnen“, forderte die SPD-Chefin.
Bei einer Veranstaltung der Friedrich-Ebert-Stiftung am Donnerstagabend betonte Esken: „Für Rechtsextremisten darf im Staatsdienst kein Platz sein.“ Dabei wandt sie sich auch an die Mitarbeiter*innen der Sicherheitsbehörden: „Allen Frauen und Männern bei Polizei, Justiz und Verfassungsschutz sage ich: Für ein Leben in Freiheit ist Ihre Arbeit unverzichtbar. Wir brauchen sie mehr denn je. Seien Sie, bleiben Sie, werden Sie wehrhaft. Mutig. Laut.“
Christine Lambrecht: Seehofer soll einlenken
Inzwischen wächst der Druck auf Innenminister Seehofer auch innerhalb der Bundesregierung. Bundesjustizministerin Christine Lambrecht forderte ihn auf, seine Ablehnung aufzugeben. Er müsse einsehen, dass es gerade nicht darum gehe, die Polizist*innen „unter Generalverdacht zu stellen, sondern dass es in deren ureigenem Interesse ist, dass wir mehr wissen“, sagte Lambrecht dem Sender RTL/ntv. Jetzt müsse geklärt werden, welche Instrumente bei der Einstellung, der Ausbildung und im Dienst der Beamten verändert werden müssten, um gegensteuern zu können. „Das muss im Interesse eines Innenministers sein“, sagte die Bundesjustizministerin an die Adresse Seehofers.