Strategie für mehr Gleichstellung: „Ein Meilenstein in der Geschichte der Bundesrepublik“
„Das ist ein Meilenstein, der Maßstäbe setzen wird für das Regierungshandeln“, sagt Frauenministerin Franziska Giffey in einer Pressekonferenz am Mittwochvormittag in Berlin. Was die Sozialdemokratin meint, ist die ressortübergreifende Strategie zur Gleichstellung von Frauen und Männern, die das Bundeskabinett zuvor beschlossen hat. Erstmals in der Geschichte der Bundesrepublik sollen in dieser Strategie Ziele zur Gleichstellung aus allen Ressorts gebündelt und gemeinsam verfolgt werden. Im Koalitionsvertrag hatten SPD, CDU und CSU verabredet, „strukturelle Hemmnisse“ für die Gleichstellung abzubauen und dafür eine ressortübergreifende Strategie zu entwickeln, die mit einem Aktionsplan umgesetzt werden soll.
Drei zentrale Herausforderungen
„Diese Strategie knüpft einen roten Faden für die Arbeit der Bundesregierung. Sie ist ein gemeinsames Bekenntnis zur Gleichstellung, an dem alle Ressorts aktiv beteiligt waren“, macht Giffey deutlich. Die Gleichstellungsstrategie benennt zunächst drei zentrale Herausforderungen:
- Wie schaffen wir es, dass Frauen und Männer im Lebensverlauf gleichermaßen gut von ihrem Einkommen leben, sich beruflich entwickeln und gleichberechtigt Erziehungs-, Haushalts- und Pflegearbeit wahrnehmen können?
- Wie schaffen wir es, dass Frauen und Männer gleichermaßen an der Gestaltung der Zukunft unseres Landes in Wirtschaft, Politik, Kultur und Wissenschaft beteiligt sind?
- Wie kann die Bundesregierung Gleichberechtigung zwischen Frauen und Männern in allen Politikbereichen herstellen?
Von diesen gleichstellungspolitischen Fragestellungen ausgehend hat die Bundesregierung neun Ziele formuliert, denen 67 politische Maßnahmen aus den einzelnen Ressorts zugeordnet sind. Teilweise greift die Bundesregierung in diesem Kontext bereits bestehende Projekte auf. Es gehe jedoch auch darum, neue gleichstellungspolitische Konfliktfelder in den Fokus zu nehmen, wie Giffey beispielsweise mit Blick auf die Herausforderungen der Digitalisierung betont.
„Die Themen liegen alle auf dem Tisch. Sie sind in der Corona-Krise noch deutlicher geworden. Wir haben gesehen, wo wir in Deutschland große Ungleichheiten haben. Daran müssen wir anknüpfen und Gleichstellung als echte Chance begreifen“, stellt Giffey klar. Gleichstellung könne ein echter Schub für Wirtschaftskraft und Kreativität sein und „für Menschen, die gemeinsam die Zukunft entwickeln für ein modernes Deutschland“. Die Ministerin sagt daher: „Heute wurde ein strategischer Startpunkt für die Gleichstellung in der Bundesregierung gesetzt. Es hat Jahrzehnte gedauert, dass es ein Bekenntnis des gesamten Kabinetts zu Gleichstellungspolitik gibt.“
Lob vom Deutschen Frauenrat und der ASF
Positiv äußert sich Mona Küppers, die Vorsitzende des Deutschen Frauenrates: „Die neue Gleichstellungsstrategie erfüllt das ‚Jahr der Gleichstellung‘, das Bundesfrauenministerin Giffey Anfang 2020 ausgerufen hat, mit Leben. Damit setzt die Bundesregierung ein zentrales Vorhaben ihrer Gleichstellungspolitik um.“ Für Maria Noichl, die Bundesvorsitzende der Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Frauen (AsF), ist es „ein sehr guter Tag für die Gleichstellung in Deutschland“. Statt mit der Angel punktuelle Erfolge an Land zu ziehen, habe Familienministerin Giffey die Methode für die gesamte Bundesrepublik geändert: „Sie nimmt ab heute ein Netz.“
Die SPD-Europaabgeordnete Noichl fügt an: „Zwei Schlüsselbegriffe sind maßgebend: Strategie und ressortübergreifend. Eine Strategie ist mehr als das Aneinanderreihen von Einzelmaßnahmen. Sie stellt einen systematischen Aufbau von Themen, klaren Zuständigkeiten, eindeutige Ziele, ineinandergreifenden Maßnahmen und Erfolgsabfragen dar. Ressortübergreifend stellt die Strategie zum ersten Mal den Gedanken des Gendermainstreaming in den Mittelpunkt. Gleichstellungspolitik lässt sich nicht in ein Ministerium sperren, sondern muss als durchgängiges Prinzip die Basis jedes Regierungshandelns sein.“
ist Redakteur des „vorwärts“. Er hat Politikwissenschaft studiert und twittert gelegentlich unter @JonasJjo