Stephan Weil: Große Koalition in Niedersachsen ist „Chance für Stabilität“
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Einen Monat nach der Landtagswahl in Niedersachsen steht die künftige Regierung fest. SPD und CDU einigten sich in der Nacht zum Donnerstag auf die Bildung einer großen Koalition. „Wir sind uns einig geworden“, sagte Ministerpräsident Stephan Weil am Vormittag bei einer Pressekonferenz in Hannover. Die künftige Regierung werde eine „große Koalition der Vernunft und des gesunden Menschenverstands sein“. Weder SPD noch CDU hätten sich eine Zusammenarbeit gewünscht, die Koalition sei jedoch „die einzige realistische Option, eine stabile Mehrheitsregierung zu bilden.“ Sie sei eine „Chance für Stabilität“.
Weil: „Wir staunen über uns selbst“
Die Verhandlungen zwischen beiden Parteien dauerten nur zwei Wochen. „Da staunen wir ein wenig über uns selbst“, gab Stephan Weil zu – zumal das Verhältnis zwischen den beiden Volksparteien in Niedersachsen über Jahrzehnte als angespannt galt. Stephan Weil sprach in diesem Zusammenhang von einem „Neustart“ der gegenseitigen Beziehungen. Mit der ersten großen Koalition seit 1970 werde „ein neues Kapitel in der Landespolitik“ begonnen.
„Es geht um einen tragfähigen Zukunftsentwurf für Niedersachsen“, betonte auch CDU-Landeschef Bernd Althusmann. SPD und CDU bildeten eine „Koalition der besonderen Verantwortung“. Diese rührt auch aus der deutlichen Mehrheit der künftigen Regierung. Im niedersächsischen Landtag verfügen SPD und CDU über 105 der 137 Mandate. Der damit verbundenen Risiken seien sich die künftigen Partner bewusst, sagte Stephan Weil. „Wir sind sehr entschlossen, allen Versuchungen zu widerstehen, die damit verbunden sind.“
Beide Parteien sehen zentrale Wahlvorhaben umgesetzt
Inhaltlich zeigten sich sowohl Stephan Weil als auch Bernd Althusmann mit dem Ergebnis der Verhandlungen zufrieden. „Alle wesentlichen Vorhaben aus unserem Wahlprogramm finden sich im Koalitionsvertrag wieder“, betonte Weil. „Wesentliche Punkte unserer Programmatik sind in den Koalitionsvertrag eingeflossen“, sagte Bernd Althusmann. Das Papier umfasst 138 Seiten und soll im Laufe des Tages veröffentlicht werden. Am Samstag wird ein Parteitag der SPD über den Vertrag abstimmen, am Dienstag der „Landesausschuss“ der CDU.
Neben mehr Stellen bei der Polizei (bis zu 3000) und für Lehrer (1000) einigten sich SPD und CDU auf die allgemeine Gebührenfreiheit der Bildung. So soll die Kinderbetreuung zum Start des neuen Kitajahres im Sommer gebührenfrei werden. In der Asylpolitik schlossen beide Parteien einen Kompromiss. Dieser umfasst, dass „Rückführungen“ auch aus Erstaufnahmeeinrichtungen heraus möglich sein sollen – „auf Basis des geltenden Asylrechts“, wie Bernd Althusmann hervorhob.
Jeweils fünf Ministerien für SPD und CDU
Die künftige Landesregierung soll aus zehn Ministern plus dem Ministerpräsident bestehen. Die SPD besetzt neben Stephan Weil als Ministerpräsiden mit Boris Pistorius das Innenresort, mit Carola Reimann den Bereich Gesundheit, mit Olaf Lies das Bauministerium, mit Grant Hendrik Tonne das Kultus- und mit Birgit Honé das neu geschaffene Ministerium für Bundes- und Europaangelegenheiten.
Die CDU ist für die Bereiche Finanzen (Reinhold Hilbers), Landwirtschaft (Barbara Otte-Kinast), Justiz (Barbara Hawlitzer), Kultur (Björn Thümler) sowie Wirtschaft und Verkehr (Bernd Althusmann) zuständig. Stephan Weil soll in der Sitzung des Landtags am 22. November zum Ministerpräsidenten gewählt werden.
Dirk Bleicker | vorwärts
ist stellvertretender Chefredakteur des vorwärts. Er betreut den Bereich Parteileben und twittert unter @kai_doering.