SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück hat heute in Berlin das 100-Tage-Programm nach seiner Amtsübernahme vorgestellt. In der Bundespressekonferenz präsentierte er 24 Tage vor der Bundestagswahl die Prioritäten einer von ihm geführten Bundesregierung.
Unter der Überschrift „Gestalten statt verwalten“ konzentriert sich das Programm auf drei Bereiche: erstens gerechte Löhne und Renten, zweitens mehr Wahlfreiheit und bezahlbares Wohnen sowie drittens gerechte Steuern und eine wirksame Finanzmarktregulierung.
Steinbrück kündigte unmittelbar nach seiner Wahl zum Kanzler einen „Politikwechsel sofort“ an. Er versprach „eine Politik, die dieses Land nicht nur verwaltet, sondern gestaltet“. Die amtierende Bundesregierung verfahre nach Angela Merkels Ausspruch: „Ich warte ab.“ Steinbrück machte klar: „Ich warte nicht ab.“ Während Schwarz-Gelb eine „Politik des Ungefähren“ und der „Verschleierung“ betreibe, wolle er einen konkreten Gegenentwurf zu Schwarz-Gelb vorlegen. „Ich will, dass die Bürger bei mir wissen, woran sie sind.“
Gerechte Löhne und Renten
Konkret nannte Steinbrück neun „Prioritäten für die ersten 100 Tage“. Im Bereich gerechte Löhne und Renten kündigte er vier Gesetze an: Erstens ein Gesetz für einen bundesweiten Mindestlohn von 8,50 Euro. Zweitens ein Gesetz, mit dem gleicher Lohn für Frauen und Männer festgeschrieben wird. Drittens ein Gesetz, mit dem gleicher Lohn von Leiharbeitern und Stammbelegschaften nach einer gewissen Einarbeitung sichergestellt werden soll. Viertens ein großes Rentengesetz, dass die Solidarrente einführt. Wer 30 Beitragsjahre bzw. 40 Versicherungsjahre in die Rentenversicherung eingezahlt hat, soll mindestens 850 Euro Rente erhalten. Darüber hinaus soll die 45-Jahres-Regelung gesetzlich festgeschrieben werden, nach der jeder, der 45 Jahre in der gesetzlichen Rente versichert war, ab dem 63. Lebensjahr ohne Abschläge in Rente gehen kann.
Kita-Ausbau und Mietenbremse
Mehr Wahlfreiheit und bezahlbares Wohnen will Steinbrück durch die Punkte fünf bis sieben seines Programms schaffen. Unter Punkt fünf will er „das unsägliche Betreuungsgeld abschaffen“ und die freiwerdenden Mittel in den Kita-Ausbau investieren. Unter Punkt sechs die doppelte Staatsbürgerschaft ohne den Optionszwang einführen und unter Punkt sieben ein „Bezahlbares-Wohnen“-Gesetz durchsetzen. In diesem soll eine Bremse für Bestands- und Neumieten verankert werden. Bei Wiedervermietungen darf die Miete dann nur noch maximal 10 Prozent über dem ortsüblichen Vergleichsatz liegen. Bestandsmieten dürfen innerhalb von vier Jahren nur noch um maximal 15 Prozent steigen.
Spitzensteuersatz rauf, Stromsteuer runter
Gerechte Steuern und eine wirksame Finanzmarktregulierung will Peer Steinbrück durch die letzten beiden Punkte seines Programms erreichen. Unter Punkt acht hat er sich „so schnell wie möglich“ einen Neustart der Finanzmarktregulierung vorgenommen. Das bedeutet die rasche Einführung der Finanztransaktionssteuer in der EU sowie eine europäische Bankenunion und einen Bankenrestrukturierungsfonds. Punkt neun umfasst die Steuerpolitik. Hier kündigte Steinbrück die Erhöhung des Spitzensteuersatzes auf 49 Prozent und der Abgeltungssteuer auf Kapitaleinkünfte auf 32 Prozent an. Steuerprivilegien von Schwarz-Gelb, wie die so genannte Mövenpick-Steuer für Gaststätten, sollen zurückgenommen werden. Die Stromsteuer will Steinbrück um 25 Prozent absenken und die Verbraucher so um 1,6 Milliarden Euro entlasten.
Der Kanzlerkandidat zeigte sich zuversichtlich, seine Pläne umsetzen zu können. Der Wahlkampf laufe sehr gut, es gebe noch Millionen unentschiedene und abwartende Wähler. Er verwies auf die „bemerkenswert positive, aufgeschlossene, unterstützende Stimmung“ bei seinen Wahlveranstaltungen. Seine Begegnungen mit den Wählern seien interessanter und lebendiger als die von Frau Merkel. Steinbrücks Fazit: „Bei mir rockt es.“