Zur Eröffnung hatte sich die hessische Landesregierung etwas ganz besonderes einfallen lassen: Journalisten konnten eine Nacht mit dem neuen hessischen Justizminister Jürgen Banzer (CDU) in
den noch verwaisten Zellen verbringen. Für die hessische Landesregierung hat das "Hünfelder Modell" Vorbildcharakter für ganz Deutschland. Die Opposition im Wiesbadener Landtag sieht das anders.
"Die aufwendige mediale Inszenierung der neuen Haftanstalt kann weder übertünchen, dass es aufgrund von Fehlern der Landesregierung zu einer jahrelangen Verzögerung beim Bau kam, noch, dass sie
kein Modell für den Strafvollzug ist", sagte die für den Justizvollzug zuständige Sprecherin der SPD-Landtagsfraktion, Nancy Faeser.
Die neue JVA sollte ursprünglich in Schlüchtern errichtet werden. Hier gab es aber regen Protest der Bewohner. Die Landesregierung griff daraufhin in die Trickkiste und versprach der
Gemeinde, die bereit war, das Gefängnis zu beheimaten, 2,5 Millionen Euro Prämie sowie Schonung bei drohenden Behördenschließungen. Auch sollten die Gefangenen beim kommunalen Finanzausgleich als
Einwohner gelten, was der Gemeindekasse bis zu 200 000 Euro mehr bringt. Das Rennen machte die osthessische Gemeinde Hünfeld. Allerdings war auch hier nur eine knappe Mehrheit der Bürger für den
Bau.
Alles für den reibungslosen Start
Damit in der JVA Hünfeld ein möglichst reibungsloser Start gelingt, wurden landesweit Vollzugsangestellte an den neuen Standort verlegt. Diese fehlten nun in den anderen Gefängnissen,
kritisiert Nancy Faeser. Auch werden künftig nur Ersttäter mit geringen Reststrafen in den osthessischen Ort verlegt, was zu einem Ungleichgewicht an anderen Standorten führen könnte.
Der rund 66 Millionen Euro teure Bau wurde weitgehend von privaten Firmen geplant und errichtet. Der Betrieb wurde 2003 europaweit ausgeschrieben. Die Serco GmbH, ein britisches Unternehmen
mit internationaler Erfahrung im Gefängnisgeschäft, erhielt den Zuschlag für den Betrieb als ÖPP. Die 95 Serco-Angestellten werden gut 45 Prozent der Aufgaben im Gefängnis übernehmen. Neben der
Versorgung der Insassen gehört dazu auch die Bereitstellung von Gefängnisjobs. Die verbleibenden 116 Staatsdiener übernehmen die übrigen hoheitlichen Aufgaben.
Bereits im November nahm der rheinland-pfälzische Justizminister Mertin (FDP) den ersten Spatenstich für den Neubau der Justizvollzugsanstalt in Wittlich vor. Dort entsteht mit 660 neuen
Haftplätzen das größte Gefängnis des Landes.
Karsten Wiedemann
Quellen: FAZ, FR, taz, www.spd-fraktion-hessen.de
Weitere Infos: www.serco.de, www.hmdj.justiz.hessen.de, www.huenfeld.de
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