Starke-Familien-Gesetz: Heil und Giffey wollen Geringverdiener entlasten
Ein kostenloses Mittagessen, Kitabefreiuung und ein höherer Kinderzuschlag – das alles soll das Starke-Familien-Gesetz ermöglichen, das Familienministerin Franziska Giffey und Sozialminister Hubertus Heil am Mittwoch im „Zukunftshaus Wedding“ vorgestellt haben. „Wir wollen damit Familien mit geringem Einkommen gegen Kinderarmut stärken“, sagt Giffey, die das Gesetz als „zweiten Streich nach dem Gute-Kita-Gesetz“ bezeichnet.
Eine Milliarde Euro zusätzlich
Voraussichtlich eine Milliarde Euro zusätzlich soll bis Ende 2021 in die Reform des Kinderzuschlags investiert werden. Aktuell nehmen die Familien von 250.000 Kindern in Deutschland den Kinderzuschlag in Anspruch. Diese Zahl soll nach dem Willen der Familienministerin deutlich steigen. Einerseits dadurch, dass künftig für zwei Millionen Kinder aus einkommensschwachen Familien ein Anspruch auf Kinderzuschlag besteht, andererseits durch zusätzliche Anreize. Denn wer in Zukunft den Kinderzuschlag bezieht, soll überall in Deutschland von Kitagebühren befreit werden.
Giffey sagt: „Wir wollen Menschen aus der verdeckten Armut rausholen. Sie werden ins orangene Feld kommen. Was das bedeutet, erklärt jetzt Hubertus.“ Gemeint ist Sozialminister Hubertus Heil, der von Giffey das Mikrofon übernimmt und vor einem überdimensionalen Puzzle die Grundzüge des Bildungs- und Teilhabepakets erläutert: „Wir wollen mehr Menschen die Teilhabe am sozialen Leben ermöglichen. Ziel ist, dass für den Bildungserfolg nicht die Herkunft zählt, sondern sich Talent und Leistung entfalten können.“
Bus und Mittagessen kostenlos
Das Bildungs- und Teilhabepaket beinhaltet ein kostenloses warmes Mittagessen, kostenfreie Beförderung zur Schule und mehr kostenlose Lernförderung. Es wird durch den Bund mit 220 Millionen Euro jährlich finanziert. „Wir wollen konkrete, lebensnahe Beiträge leisten, um Kinderarmut in Deutschland zu überwinden“, sagt Heil. Kabinettskollegin Giffey spricht von einem „Fundament für die Weiterentwicklung der familienpolitischen Leistungen“.
Das Starke-Familien-Gesetz wurde bereits am Mittwochvormittag im Kabinett verabschiedet. Es soll nach Zustimmung des Bundestags und des Bundesrats in zwei Schritten zum 1. Juli 2019 und 1. Januar 2020 in Kraft treten, die Neuerungen beim Bildungs- und Teilhabepaket zum 1. August 2019.
Auch Martin Duhlig, der Vorsitzende der SPD Sachsen und Ostbeauftragte der SPD, begrüßt das Gesetz: „Die Erhöhung des Kinderzuschlages und der Ausbau des Bildungs- und Teilhabe-Paketes sind wichtige Schritte für die finanzielle Stärkung der Familien. Unsere Kinder sind unser höchstes Gut und wir müssen alles daran setzen, dass kein Kind zurückbleibt.“
Kritik kommt von Verbänden
Der DGB wertet das Gesetz als „ersten wichtigen Schritt“. „Mit der Reform werden mehr Familien Anspruch auf Kinderzuschläge haben, insbesondere Geringverdienende, die bislang am Rand des Existenzminimums leben mussten. Wir begrüßen ausdrücklich, dass dies auch für Alleinerziehende gilt, die bisher aufgrund der vollständigen Anrechnung von Unterhalt oder Unterhaltsvorschuss oftmals faktisch vom Kinderzuschlag ausgeschlossen waren“, sagt DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach.
Kritisch sei aus Sicht des Gewerkschaftsbundes zu werten, dass die Koalition die Mehrkosten aufgrund der Reform auf eine Milliarde Euro in der Legislaturperiode begrenzen wolle. Dieser Kostendeckel verhindere notwendige, beherztere Maßnahmen gegen Kinderarmut. Die Kinderzuschläge müssten deutlich stärker angehoben werden.
Kinderschutzbund befürchtet Bürokratie
Kritik kommt auch von der Diakonie Deutschland. Vorstandsmitglied Maria Loheide sagt: „Das heute vom Kabinett verabschiedete Starke-Familien-Gesetze verfolgt eine gute Absicht, verfehlt aber leider vollständig das Ziel. Durch die Veränderungen der Leistungen für Bildung und Teilhabe werden Familien mit kleinem Einkommen und auch viele Alleinerziehende nicht ausreichend entlastet.“
Der Deutsche Kinderschutzbund sieht in dem Vorhaben eher ein „Starke-Bürokratie-Gesetz“, da zu viele Familien durch den Rost fielen. Verbandspräsident Heinz Hilgen kritisiert, es sei „fast schon Realsatire“, bei derart geringen Verbesserungen von einem Gesetz für starke Familien zu sprechen. Heil und Giffey wiesen die Kritik als „teils veraltet“ zurück.
ist Redakteur des „vorwärts“. Er hat Politikwissenschaft studiert und twittert gelegentlich unter @JonasJjo