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Städtetag: Wie die Innenstädte die Corona-Krise überstehen sollen

Weil viele Geschäfte leer stehen, sorgt sich der Deutsche Städtetag um die Innenstädte. Bund und Länder sollen die Kommunen dabei unterstützen, Stadtteilzentren für die Zeit nach Corona fit zu machen und neue Innenstadt-Konzepte zu starten.
von Karin Billanitsch · 26. Februar 2021
Corona verändert die Innenstädte: Der Deutsche Städtag fordert deshalb eine gemeinsame Kraftanstrengung.
Corona verändert die Innenstädte: Der Deutsche Städtag fordert deshalb eine gemeinsame Kraftanstrengung.

Geschlossene Läden, blinde Schaufenster, wie ausgestorben wirkende Fußgängerzonen, besonders am Abend: Viele Innenstädte und Zentren präsentieren sich nicht unbedingt einladend. Schon vor der Corona-Krise existierte das Problem – und hat sich seither verschärft. Das beklagt der Präsident des deutschen Städtetags Burkhard Jung und fordert ein „Bundesprogramm Innenstadt“ aufzulegen. „Dafür sollte der Bund sehr schnell ein Förderprogramm Innenstadt aufsetzen. Wir stellen uns dabei 500 Millionen Euro jährlich für fünf Jahre vor“, so Jung.

Der Sozialdemokrat Jung, der zugleich auch Oberbürgermeister von Leipzig ist, zeichnete ein besorgniserregendes Bild und wies auf das sich verändernde Kaufverhalten hin: „In einigen Städten macht uns der Leerstand große Sorgen. Immer mehr Menschen bestellen am Computer und lassen sich die Waren nach Hause liefern. Aktuelle Umsatzrückgänge von teilweise bis zu 70 Prozent beim stationären Einzelhandel, leere Schaufenster in Einkaufsstraßen und immer mehr Geschäftsaufgaben zeigen: Handel lässt sich nicht mehr überall durch Handel ersetzen.“

Innenstadt-Konzepte mit neuem Nutzungs-Mix

Der Städtetag sucht nach Wegen, um dieser Entwicklung etwas Nachhaltiges entgegenzusetzen. Jung spricht vom „Stadtzentrum als Marktplatz“, der wiederbelebt werden müsse. „Wir brauchen jetzt einen starken Impuls.“ Dabei sieht der Städtetags-Präsident alle in einem Boot: Vermieter*innen, Gastronomie ebenso wie Handwerker*innen, Kultur, Gastronomie und alle anderen Betroffenen vor Ort.

Sein Vize Markus Lewe warnte eindringlich, dass es viele verzweifelte Unternehmen gebe, die teilweise schon seit hundert Jahren inhabergeführten Einzelhandel betreiben und deren Bestehen nun mit jedem Tag des Lockdowns stärker bedroht sei. „Es ist sehr wichtig, dass wir ihnen Perspektiven geben können, dass ihnen Mut zugesprochen wird und dass auch die Wirtschaftshilfen, die den Betrieben zugesprochen werden, unbürokratisch ausbezahlt werden, damit diese schwierige Zeit überwunden werden kann.“

Kommunale Vorkaufsrechte stärken

Das Programm sollte insbesondere auch die vorübergehende Anmietung oder den Zwischenerwerb von leerstehenden Schlüsselimmobilien durch die Städte unterstützen. Das heißt: Wenn Immobilien verkauft werden, können Städte ihr Vorkaufsrecht ausüben, um beispielsweise dauerhafte städtebauliche Missstände zu vermeiden. So sieht es auch die von der Bundesregierung auf den Weg gebrachte Baugesetzbuchnovelle vor.

Aber: Dabei müsse den Kommunen erlaubt sein, zum Verkehrswert zu erwerben, betonte Hauptgeschäftsführer Helmut Dedy, nicht zum Höchstpreis. Eine solche preisdämpfende Komponente fehle allerdings noch. Außerdem müssten leer stehende Gebäude, in denen bisher Einzelhändler waren, bauplanungsrechtlich leichter für neue Zwecke umgewidmet werden können. Beispiele für den Zwischenerwerb von Kaufhaus-Immobilien gibt es etwa in Hamm und Gera.

„Kein Spielraum für umfassende Öffnungen“

Auch SPD-Chef Norbert Walter-Borjans sorgt sich um die Situation der Einzelhändler*innen. „Die Innenstädte verändern sich, wir haben drohende Insolvenzen“, sagte er  am Freitag im ZDF-Morgenmagazin. Walter-Borjans plädiert daher für eine möglichst rasche Beendigung des derzeitigen Lockdowns. Man müsse aus ihm „so schnell wie möglich heraus“.

Der Deutsche Städtetag wirbt hier für ein sorgfältiges Vorgehen mit abgesicherten Öffnungsschritten. Denn wegen der Mutationen des Corona-Virus' könne sich die Lage sehr schnell wieder zuspitzen. Burkhard Jung sieht für umfassende Öffnungen derzeit allerdings noch keinen Spielraum. „Ein dritter Lockdown muss unbedingt verhindert werden“, sagte er.

Jeder weitere Öffnungsschritt müsse zwingend mit einer passenden Teststrategie verbunden werden, forderte Jung: „Nur wenn ausreichend Menschen getestet werden, können wir besser einschätzen, wo und wie sich das Virus ausbreitet. Dann haben wir eine Grundlage für mögliche Öffnungsschritte.“

Der Text erschien zuerst auf demo-online.de.

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Karin Billanitsch

ist Leitende Redakteurin beim Vorwärts-Verlag und verantwortlich für die DEMO – Das sozialdemokratische Magazin für Kommunalpolitik.

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