Inland

Städte verzocken bei Zinsgeschäften Millionen

von Stefan Grönebaum · 4. Juli 2007
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Bei ihrem Kampf um Schadensersatz erlitt die Würzburger Versorgungs- und Verkehrs-GmbH eine Abfuhr (WVV). Das Würzburger Landgericht entschied, die Verträge der WVV mit der Deutschen Bank seien rechtsgemäß gewesen. Allerdings äußerte das Gericht Bedenken, ob der Vertrag von der Bank "ausgewogen" verhandelt worden sei. Die WVV hatte mit der privaten Bank ein "CMS-Spread-Laddar-Swap", ein hochspekulatives Zinstauschgeschäft, abgeschlossen und dabei gut vier Millionen Euro verloren. Für die WVV hatte laut Vertrag ein "theoretisch unbeschränktes Risiko" bestanden, während das Risiko der Bank auf drei Prozent der Spekulationssumme begrenzt war und diese jederzeit austeigen konnte. Der Anwalt der Deutschen Bank griff die WVV-Geschäftsführung an: Hätten diese das Geschäft nicht durchschaut, sei das Unternehmen "personell komplett falsch besetzt." Dies nannten die Anwälte der WVV "unseriös". Einen Vergleichsvorschlag des Gerichts lehnte die Deusche Bank ab. Die Affäre hatte bereits personelle Konsequenzen: Herbert Wolf, Ex-Chef der WVV, trat als möglicher OB-Kandidat der Würzburger SPD zurück, als die Spekulationsverluste bekannt wurden, Das Wahl-Risiko war ihm zu hoch.

Laut "Süddeutsche Zeitung" hat allein die Deutsche Bank mit über 200 Kommunen sog. Zins-SWAPs abgeschossen, die bei einigen Städten wie Dortmund, Mainz und Salzgitter zu einem Einnahmenplus in Millionenhöhe, bei anderen aber auch zu Millionen Euro Defiziten geführt haben. Im rheinischen Neuss fehlen dem Kämmerer nun rd. 16 Millionen Euro in der Kasse. In dem mit rund 750 Millionen euro verschuldeten Hagen machten CDU-Kämmerin und SPD-OB einen Verlust von bisher rund 50 Millionen Euro. Diese Summe dürfte, so der jetzige Kämmerer bis 2010 auf rd. 100 Millionen Euro anwachsen. Für Hagens CDU und SPD sind ihre Spitzenleute falsch beraten worden, den Würzbrugern hat das Landgericht gerade schriftlich gegeben, dass Uninformiertheit nicht vor Schaden schützt. Es wird nicht der letzte Fall bleiben: Nach einer Studie der Uni Potsdam setzen derzeit zwei von fünf deutschen Kommunen auf moderne Finanzinstumente, um ihre Schuldenlast zu drücken.

Quellen: Stuttgarter Zeitung, Süddeutsche Zeitung, Westdeutsche Allgemeine Zeitung vom 4. Juli 2007, Die Zeit vom 21. Juni 2007, WVV (0931) 361 307

Autor*in
Stefan Grönebaum

war von 1994 bis 1998 Büroleiter und Persönlicher Referent des SPD-Fraktionsvorsitzenden Rüdiger Fikentscher.

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