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Spritpreise: SPD kritisiert „Tankrabatt“ und fordert faire Entlastung

Der Vorschlag von Bundesfinanzminister Lindner für einen „Tankrabatt“ kommt beim Koalitionspartner SPD nicht gut an. Fraktionschef Rolf Mützenich nennt den FDP-Vorschlag sozial unausgewogen. In einer Verhandlungsgruppe soll es bessere Ideen geben.
von Benedikt Dittrich · 15. März 2022
Energiepreise: Die SPD spricht sich für Entlastungen aus – aber sozial ausgewogen.
Energiepreise: Die SPD spricht sich für Entlastungen aus – aber sozial ausgewogen.

Seit dem Wochenende wird über eine Spritpreisbremse oder einen „Tankrabatt“ diskutiert, wie ihn Bundesfinanzminister Christian Lindner in diversen Medien vorgeschlagen hatte. Der Vorschlag des FDP-Politikers wird von verschiedenen Seiten kritisch gesehen, auch SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich äußert sich am Dienstag skeptisch.

Fraktionschef Mützenich deutete am Dienstag zwar grundsätzlich Verständnis für die Debatte an. „Die Bürger wollen Antworten auf die aktuellen Situationen“, sagte er und ergänzte: „aber nicht nur an den Zapfsäulen.“ Seine Befürchtung: Lindners Vorschlag erreiche nicht die, die wirklich auf soziale Unterstützung angewiesen sind. Im Blick hat der Sozialdemokrat dabei unter anderem die zu erwartenden, steigenden Heizkosten. Darüber werde man in der Fraktion sprechen, kündigte Mützenich an. „Denn wir machen als SPD ja vor allem Politik für den sozialen Zusammenhalt.“

Mützenich für sozial ausgewogenes Paket

Mützenich warb stattdessen dafür, ein sozial ausgewogenes Paket auf den Weg zu bringen. Eine Spritpreisbremse sei da nur ein möglicher Aspekt, „so er denn umsetzbar wäre“. Über ein solches Entlastungspaket werde man sich in der Regierung und in der Koalition verständigen, ist sich der SPD-Politiker sicher. Die Gespräche dazu zwischen SPD, Grünen und FDP liefen bereits an.

Der Vorstoß Lindners hingegen war offenbar nicht mit den Ampel-Fraktionen abgestimmt – was Mützenich am Dienstag gegenüber Medienvertreter*innen deutlich kritisierte: „Ich hätte mir gewünscht, dass der Finanzminister mit uns einen abgestimmten Vorschlag auf die Strecke bringt.“

Spritpreise: Preisanstieg durch Spekulation?

Aus seiner Sicht sind vor allem Spekulationen an den Märkten der Grund für den extremen Preisanstieg, weniger die Realität am Rohstoffmarkt. Denn, so Mützenich, einen Versorgungsengpass gebe es ja derzeit gar nicht. Er erhofft sich deswegen auch eine rechtliche Prüfung dazu, kündigte er weiter an. Auch der Finanzminister solle genau schauen, welche Spekulationen es derzeit am Markt gebe.

Bundesfinanzministers Christian Lindner hatte am Wochenende sich in einem Zeitungsinterview für einen „Tankrabatt“ ausgesprochen, um auf die steigenden Benzinpreise zu reagieren. Autofahrer*innen sollten so entlastet werden, indem der Spritpreis über Zuschüsse des Staates wieder unter zwei Euro pro Liter gedrückt wird. Eine „Spritpreisbremse“ über Steuersenkungen hatten zuvor schon CDU-Politiker gefordert. Kritik gibt es dagegen aus den Reihen von Grünen und SPD.

In der Fraktionssitzung der SPD stehen Mützenich zufolge neben den Diskussionen über ein Entlastungspaket auch Gespräche über die geplanten Änderungen des Infektionsschutzgesetz sowie die vorzeitige Abschaffung der EEG-Umlage auf der Tagesordnung – letzteres eine Entlastung für viele Haushalte, die die Ampel-Koalition schon vor Beginn des Kriegs in der Ukraine auf den Weg gebracht hatte.

Kartellamt beobachtet Benzinpreis

Derweil beschäftigt sich auch das Kartellamt mit der Entwicklung der Kraftstoffpreise, aus der Luft gegriffen ist Mützenichs Spekulations-Vorwurf demnach also nicht. Die Behörde sieht zwar den flächendeckenden Preisanstieg in der geopolitischen Lage begründet, schaut aber offenbar genau auf die Wechselwirkungen am Markt. „Wenn die Rohölpreise jetzt wieder sinken und die Tankstellenpreise dem nicht folgen oder sogar weiter steigen sollten, muss man sich das genau ansehen“, äußerte sich Präsident Andreas Mundt am Mittwoch.

SPD-Bundestagsabgeordnete äußerten sich derweil zu weiteren Vorschlägen, um Bürger*innen zu entlasten. So schlug die Juso-Vorsitzende Jessica Rosenthal vor, die Preise för den öffentlichen Nahverkehr zu halbieren. „Damit gibt es dann eine kostengünstigere Alternative zum Auto“, so die Bundestagsabgeordnete bei Facebook, „mit der wir die Menschen entlasten können. Neuseeland macht es vor.“ Für Menschen, die auf das Auto angewiesen sind, müssten aber ebenso Entlastungen geschaffen werden. Ihr Fraktionskollege Detlef Müller aus Chemnitz indes kritisierte Lindner bei Twitter deutlich: „Warum soll der Dienstwagenfahrer mit der Limousine genauso viel Rabatt bekommen, wie die Auszubildende oder der Krankenpfleger?“ Bei einem Tankrabatt sieht er außerdem das Risiko, dass den Spekulanten staatliche Gelder sogar noch hinterhergeworfen werden könnten.

Wie am Mittwoch bekannt wurde, ist Matthias Miersch einer der SPD-Abgeordneten, die in der Verhandlungsgruppe der Ampel-Koalition nun an dem Entlastungspaket arbeiten. Zur Diskussion steht demnach unter anderem ein „Mobilitätsgeld“. Im Gespräch mit dem „vorwärts“ sprach sich Miersch auch gegen Steuersenkungen auf Benzin und Diesel aus. „Wir können nicht sicherstellen, dass Steuersenkungen tatsächlich an Verbraucherinnen und Verbraucher weitergegeben werden“, so der SPD-Fraktionsvize.

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