Special Olympics in Deutschland: „Ein riesiges Fest der Inklusion“
Ab dem 17. Juni finden die Special Olympics World Games zum ersten Mal in Deutschland statt. Was bedeutet Ihnen das als Präsidentin der „Special Olympics Deutschland“?
Es ist ein wunderbarer Höhepunkt, der die große Chance eröffnet, die Special Olympics Bewegung entscheidend entscheidend voranzubringen. Die Weltspiele werden einer breiten Öffentlichkeit zeigen, welche Kraft und Leidenschaft unsere Athlet*innen entwickeln können und zu welch beeindruckenden Leistungen sie fähig sind. Ich hoffe sehr, dass sie dazu beitragen, Menschen mit geistiger Behinderung als Gestalter*innen und aktive Akteure der Gesellschaft nachhaltig sichtbar zu machen.
Tausende Athlet*innen aus aller Welt mit geistiger und mehrfacher Behinderung treten in 26 Sportarten an. Was erwartet die Zuschauer*innen in Berlin?
Vor allem toller Sport und hoch emotionale Wettbewerbe. Die Freude der Athlet*innen ist häufig absolut unverstellt. Sie können sich so originär freuen über das, was gerade ist. Das kann man so bei keiner anderen Sportveranstaltung erleben. Die Eröffnungsfeier im Olympiastadion am Abend des 17. Juni, wenn die 7.000 Sportler*innen aus aller Welt einlaufen, wird sicher der erste Höhepunkt. Das begleitende Special Olympics Festival bietet neben Kultur mit einem bunten Bühnenprogramm während der ganzen Zeit auch viele sportliche Mitmachangebote in der ganzen Stadt. Es wird ein riesiges Fest der Inklusion werden.
Was unterscheidet die Veranstaltung von den – vermutlich – bekannteren „Paralympics“?
Special Olympics ist die weltweite größte Bewegung für Athlet*innen mit geistiger und mehrfacher Behinderung. Entsprechend gehen die Special Olympics Athlet*innen bei den Weltspielen an den Start. Zuvor sind die 185 Delegationen aus aller Welt verteilt über ganz Deutschland vier Tage zu Gast in 216 inklusiven Kommunen, in denen sich vielfältige inklusive Netzwerke gebildet haben. #ZusammenInklusiv – Deutschlands größte Inklusionsbewegung wird die Weltspiele nachhaltig überdauern. Die Paralympics sind die Wettbewerbe für Athlet*innen mit Körperbehinderung.
2018 wurde Ihr Verband vom Deutschen Olympischen Sportbund als nicht olympischer Spitzenverband anerkannt. Wie ist es insgesamt um den Behindertensport in Deutschland bestellt?
Ich kann hier nur für Special Olympics sprechen. Noch immer sind nur acht Prozent der Menschen mit geistiger Behinderung im Sport aktiv. Das wollen wir natürlich langfristig ändern. Die wichtigste Frage ist: Wo können unsere Athlet*innen ihren Sport betreiben? Viele leben und arbeiten in Einrichtungen. Das müssen wir natürlich berücksichtigen. Deshalb brauchen wir dort auch Sportförderung und mehr Vernetzung der Sportvereine mit den Einrichtungen der Behindertenhilfe. Unser Ziel ist, dass alle Menschen regelmäßig selbstbestimmt Sport vor Ort in der Gemeinschaft, im Verein, in einer inklusiven Situation treiben können. Mit #ZusammenInklusiv haben wir größte Inklusionsbewegung Deutschlands geschaffen, um mit unterschiedlichen Projekten Inklusion im Sport und darüber hinaus zu stärken.
Großveranstaltungen im eigenen Land lösen ja oft einen Boom für die jeweilige Sportart aus. Was erhoffen Sie sich da von den Special Olympics World Games?
Die Weltspiele sind der Leuchtturm und von einer gigantischen Bedeutung für unsere Athlet*innen und für die Inklusion im ganzen Land. Schon bei den Nationalen Spielen im vergangenen Jahr sind viele Geschichten über die Athlet*innen gezeigt und geschrieben worden. Ihre Sichtbarkeit wurde nachhaltig verbessert. Das wird sich bei den Weltspielen potenzieren, zumal es uns gelungen ist, eine Medienallianz mit elf Medienhäusern zu organisieren, welche die Special Olympics World Games unterstützen. Dadurch werden wir nochmal einen medialen Schub bekommen. Ich hoffe sehr, dass diese neue mediale Qualität auch hilft, dass die Menschen in Deutschland besser verstehen, mit welchen Handicaps Athlet*innen mit einer geistigen Beeinträchtigung immer noch zu kämpfen haben, welchen Situationen sie begegnen, aber gleichzeitig auch, wie stark sie persönlich von regelmäßigem Sporttreiben und so einem Spitzenereignis profitieren können. Das ist für mich das Wichtigste.
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Dirk Bleicker | vorwärts
ist stellvertretender Chefredakteur des vorwärts. Er betreut den Bereich Parteileben und twittert unter @kai_doering.