Die SPD drückt aufs Tempo: Hans-Peter Bartels, SPD-Verteidigungsexperte im Bundestag, sagt, wie die SPD mit Hilfe eines Untersuchungsausschusses den Rüstungsskandal von Verteidigungsminister de Maizière noch vor der Bundestagswahl aufklären will
Warum fordert die SPD jetzt doch einen Untersuchungsausschuss?
Weil der Verteidigungsminister sich weigert, Unterlagen, die der Verteidigungsausschuss zur Aufklärung der Affäre braucht, rauszurücken. Sonst hätten wir mit einfachen Sondersitzungen des Ausschusses die Befragung der ministeriellen Leitung fortsetzen können. Das wäre der schnellste Weg. Aber ein Untersuchungsausschuss hat stärkere Rechte.
Die Union sagt, der Euro Hawk sei ein „reines rot-grünes Projekt“, unterschrieben auch vom damaligen Bundesfinanzminister Steinbrück. Deshalb wolle man nun auch die damals verantwortlichen Sozialdemokraten vorladen. Wie bewertet die SPD das?
Richtig ist, dass der Vertrag 2007 geschlossen wurde, zu Zeiten der Großen Koalition, als Franz-Josef Jung (CDU) Verteidigungsminister war. CDU/CSU, SPD, Grüne und FDP haben dem in den Ausschüssen zugestimmt. Wir wollten alle, dass hier neue Technik erfolgreich entwickelt wird. Die Union versucht nun natürlich, ihren heute verantwortlichen Minister aus der Schusslinie zu bringen. Durchsichtig.
Welche neuen Erkenntnisse hat die Befragung de Maizières gestern noch erbracht?
Die neue Version de Maizières von gestern unterscheidet sich erheblich von dem, was er in der letzten Woche berichtet hat. Da hieß es, er habe erst am 13. Mai 2013 zum ersten Mal von der Gesamtproblematik Euro Hawk gehört. Inzwischen ist klar: Er hat vorher mehrere Male auf dem Dienstweg – schriftlich – Informationen erhalten. Zugegeben hat er Dezember 2012 und März 2013. Dass er ganz ahnungslos war, kann er überhaupt nicht mehr aufrecht erhalten. Er sagt heute, er hätte sich mit den Meldungen mehr beschäftigen und früher nachfragen müssen. Das ist wohl wahr.
Darüber hinaus ist klar geworden: So spät, wie hier angeblich die „Reißleine“ gezogen wurde, hat de Maizière überhaupt kein Geld gerettet, wie er behauptet. Stattdessen wurden alle Haushaltsmittel, die bewilligt sind, auch ausgegeben. Und darüber hinaus sollen noch neue Industrieverträge geschlossen werden, um die Euro Hawk-Tests fortsetzen zu können bis zum September 2013. Thomas de Maizière versucht hier, einen falschen Anschein zu erwecken. Tatsächlich geht die Verschwendung weiter.
Was fordert die SPD nach diesen neuen Erkenntnissen?
Der Minister sagt, er habe das Parlament „nicht hinter die Fichte geführt“. Gestern wurde deutlich: In der letzten Woche hat er genau das getan. Was er letzte Woche sagte, stimmt diese Woche nach seinen eigenen Worten schon nicht mehr. Und nächste Woche gilt dann wieder eine neue Version.
Dass er sein Haus nicht führen kann, hat er eindrucksvoll unter Beweis gestellt. Der Apparat führt den Minister.
Er hat personelle Konsequenzen angekündigt. Es wäre an ihm, diese Konsequenzen nun auch zu ziehen – für sich selbst.
Was macht die SPD, sollte de Maiziere im Amt bleiben?
Der Verteidigungsausschuss wird sich nun zum Untersuchungsausschuss umwandeln. Wo de Maizière den Überblick in seinem Ministerium verloren hat, muss das Parlament Aufklärung schaffen – so gut das in der kurzen Zeit bis zum Ende der Wahlperiode noch geht. Der Ausschussbericht muss zur letzten Sitzung des Bundestages am 2. September vorliegen. Das wäre dann der schnellste Untersuchungsausschuss aller Zeiten!