Der Beifall für Martin Schulz ebbt auch am Montag nach dem Wahlabend im Berliner Willy-Brandt-Haus nicht ab. Sigmar Gabriel und Schulz sind sichtlich stolz auf das Wahlergebnis und erheben weiter den Anspruch, dass Schulz Kommissionspräsident wird.
„Nicht nur die Sonne scheint, sondern Martin lacht auch“, scherzt der gut gelaunte SPD-Chef Sigmar Gabriel. Wir freuen uns wirklich über ein sehr gutes Wahlergebnis“, so Gabriel.
Schulz als Erfolgsrezept der Sozialdemokraten
Dass die SPD nicht nur in Deutschland, sondern auch in Europa ein sehr gutes Wahlergebnis erzielen konnte, sei vor allem Schulz zu verdanken. „Ohne dich und dein wirklich unglaubliches Engagement wäre uns das nicht gelungen“, betont Gabriel. Martin Schulz sei ein lebendiges Beispiel dafür, was Europa sein könne, „nämlich faszinierend, begeisternd, mit Visionen ausgestattet und in der Lage Menschen zusammenzuführen“.
Für Schulz ist es ein Sieg der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands, die einen Trend umgekehrt habe. „Wir haben seit 1979 bei Europawahlen abgebaut und jetzt haben wir deutlich zugelegt“, so Schulz. Der Wahlkampf habe gezeigt, dass die SPD „in einer seltenen Geschlossenheit hinter ihrem Spitzenkandidaten“ stehe. Der internationale Zusammenhalt habe zum Erfolg beigetragen.
Vor der Wahl ist nach der Wahl
Heute Nachmittag beglückwünschte Gabriel bei der Pressekonferenz im Willy-Brandt-Haus auch den Christdemokraten Jean-Claude Juncker zu seinem Wahlergebnis. Er bedankte sich vor allem „für den fairen Wahlkampf“. Dieser hätte sich deutlich von manch anderen Stimmen der Konservativen unterschieden.
Die SPD erhebt weiter den Anspruch, dass nur einer der Spitzenkandidaten Kommissionspräsident werden könne. „Für die SPD gilt das, was wir vor der Wahl gesagt haben, auch nach der Wahl: Nur der kann Präsident der Europäischen Kommission werden, der als einer der Spitzenkandidaten für die Europawahl angetreten ist und eine Mehrheit im Parlament hinter sich und seiner Politik versammeln kann“, so Gabriel.
Dies liege aber in der Hand der europäischen Parteifamilien und ihrer Fraktionen, die mit Gesprächen und Verhandlungen zu einer Mehrheitsbildung führen. Gabriel werde morgen beim Treffen der europäischen Parteivorsitzenden der sozialdemokratischen Parteien Europas vorschlagen, Martin Schulz als Verhandlungsführer einzusetzen.
Gegen Antieuropäer
Klar äußerte sich der SPD-Chef zu Antieuropäern: „Es wird keine Zusammenarbeit geben.“ Auch nicht, wenn sie theoretisch die Fraktion stärken würden. Gabriel erwartet auch von der Union, dass sie solchen Kräften eine Absage erteile. „Die politische Willens- und Mehrheitsbildung in Europa darf nicht in Abhängigkeit von Populisten und Extremisten geraten“, so Gabriel.
Gabriel lobt Mut der Ukrainer
Als ein gutes Zeichen sieht Gabriel die Wahlbeteiligung von rund 60 Prozent in der Ukraine. Sie zeige, dass Rechtsradikale und Neofaschisten das Land nicht im Griff haben.
Die Signale, dass Russland die Wahl anerkenne seien ebenfalls positiv zu bewerten. „Die Sozialdemokratie hofft sehr, dass sich daraus eine friedliche Konfliktlösung für Europa, die Ukraine und Russland entwickeln kann“, so Gabriel.
Am Abend trifft Sigmar Gabriel Bundeskanzlerin Angela Merkel und CSU-Chef Horst Seehofer, um den weiteren Ablauf für die Suche nach einem Kommissionspräsidenten zu besprechen. Am Dienstag treffen sich die Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union in Brüssel zu einem vertraulichen Abendessen.