Inland

SPD: Unternehmen müssen für Corona-Hilfen Bedingungen erfüllen

Unternehmen, die staatliche Unterstützung wollen, müssen Mitspracherechte des Staates akzeptieren. Das fordert die SPD. Wer Dividenden ausschütte, Boni auszahle oder mit Steueroasen operiere, werde leer ausgehen, sagt Dennis Rohde, haushaltspolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion.
von Dennis Rohde · 25. Mai 2020
Lufthansa in Berlin: Der Konzern fordert staatliche Unterstützung in der Coronakrise.
Lufthansa in Berlin: Der Konzern fordert staatliche Unterstützung in der Coronakrise.

Das Corona-Virus hat unsere Art zu leben schlagartig geändert. Das öffentliche Leben wurde weitgehend runtergefahren und nur langsam kehren wir zurück in eine veränderte Normalität. Für uns Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten war und ist immer klar: der Schutz der Gesundheit der Bevölkerung muss immer Vorrang vor wirtschaftlichen Interessen haben. Trotzdem müssen wir natürlich wirtschaftliche Folgen bei all unserem Handeln immer mitbedenken.

Plötzlich ruft die Wirtschaft nach dem Staat

Das Corona-Virus hat aber nicht nur unsere Lebensart verändert, sondern auch die Einstellung vieler Unternehmerinnen und Unternehmer zum Staat. Noch vor einem Jahr konnte man sich anhören, dass der Staat sich am besten aus allem rauszuhalten habe und die Gefahr vor einem „Zuviel“ an Staat den Erfolg der deutschen Wirtschaft gefährden würde. Das fing beim Mindestlohn an, ging über eine angeblich zu hohe Steuerlast, bis hin zu einer überbordenden Bürokratie.

Vieles hat sich geändert. Plötzlich ruft die Wirtschaft nach dem Staat. Jeder will gerettet werden. Wo der Staat und damit die Allgemeinheit früher notwendiges Übel war, wird jetzt von ihm gefordert und teilweise als selbstverständlich angesehen, dass er bedingungslos hilft. Denn hier kommt der entscheidende Punkt. Nach Ansicht vieler Unternehmen darf der Staat mit Steuergeldern Unternehmen in der Krise helfen, aber einmischen soll er sich nicht. Das machen wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten aber nicht mit. Wir fordern die Einhaltung klarer Kriterien.

Keine Dividenden für Aktionäre, keine Boni für Vorstände

Deshalb haben wir als SPD-Bundestagsfraktion uns im Haushaltsausschuss erfolgreich dafür eingesetzt, dass Unternehmen, die Hilfen aus dem Wirtschaftsstabilisierungsfonds erhalten, für die Zeit der Maßnahmen keine Dividenden an ihre Aktionäre ausschütten dürfen. Außerdem dürfen die Unternehmen keine Boni oder andere Sonderzahlungen mehr an ihre Vorstände leisten. Wenn der Staat Geld gibt, soll dies zur Rettung von Arbeitsplätzen eingesetzt werden und nicht für die Erweiterung des Fuhrparks von Spitzenverdienern. Als Fraktion fordern wir aber auch, dass Unternehmen in dieser Zeit keine Aktienrückkäufe tätigen dürfen. Es ist, milde formuliert, ärgerlich, dass Adidas im letzten Jahr Milliardengewinne genau dafür nutzte und dieses Jahr Hilfskredite bei der KfW in Anspruch nimmt.

Beim Kurzarbeitergeld haben wir keine Zugriffsrechte, weil es sich nicht um Steuergelder handelt, sondern um Beitragsmittel. Bei BMW sind aktuell 20.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Kurzarbeit betroffen. Trotzdem schüttet der Konzern 1,6 Mrd. Euro an Dividenden aus – die Hälfte davon allein an die Besitzerfamilie. Der Imageschaden nach außen ist das eine, aber wie müssen sich die betroffenen Beschäftigten fühlen? Verantwortungsvolles und angemessenes Unternehmertum sieht anders aus.

Hilfe nur gegen Mitsprache

Für uns ist deshalb auch eines klar: Wenn sich der Bund über den Wirtschaftsstabilisierungsfonds an Unternehmen beteiligt – in welcher Form auch immer – dann wollen wir Mitspracherechte. Kontrollfunktionen etwa über Sitze im Aufsichtsrat sind unverzichtbar, wollen wir die Interessen der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler wahren.

Und noch ein Punkt ist uns besonders wichtig: Wer nach Hilfe vom Steuerzahler ruft, muss eine Grundvoraussetzung erfüllen. Steuersparmodelle mit Unternehmensniederlassungen in Steueroasen, die einzig dazu dienen, Geld am Fiskus vorbei zu lenken, dürfen nicht mit der Solidarität der Allgemeinheit rechnen. Unternehmen, die sich in guten Zeiten im eigenen Staat vor der Steuer drücken und dann in schlechten Zeiten die Hand aufhalten, müssen leer ausgehen.

Lufthansa-Hilfe als Lackmustest

Ich bin der festen Überzeugung, dass all diese Aspekte ganz wichtig sind, wenn wir die Akzeptanz für die riesigen Hilfspakete aufrechterhalten wollen. Sonst entsteht der Eindruck, dass die Großen gerettet werden, sich wenige daran bereichern und man die Kleinen am langen Arm der Bürokratie verhungern lässt.

Der Lackmustest dafür werden die Verhandlungsergebnisse mit der Lufthansa die sein. Deutschland hat ein Interesse an einer starken nationalen Luftlinie. Ohne Zweifel. Aber mit der Beerdigung der Germanwings ist die Lufthansa schon ohne Rücksicht vorgeprescht. Die öffentlichen Äußerungen von Vorstands-Chef Carsten Spohr lassen wenig Einsicht und Vernunft vermuten. Der Optimist in mir bezeichnet sein Verhalten als Verhandlungstaktik und nicht als mangelnde Demut.

Staat muss in Lufthansa-Aufsichtsrat

Mir ist wichtig, dass wir im Aufsichtsrat vertreten sind. Das müssen keine AbteilungsleiterInnen aus Ministerien oder Bundestagsabgeordnete sein, sondern gern Experten, die aber trotzdem die Interessen der Steuerzahler wahren. Das operative Geschäft muss dabei nicht in unserem Fokus liegen, da die Lufthansa in den letzten Jahren sehr gut gewirtschaftet hat und lediglich durch die Corona-Krise ins Wanken geraten ist. Wir müssen aber trotzdem unseren Einfluss sichern und vor allem die Lufthansa vor Übernahmeversuchen aus dem Ausland sichern.

Ich bin mir aber sicher: Wenn wir all diese Kriterien bei den Rettungspaketen für die deutsche Wirtschaft einhalten, retten wir nicht nur Unternehmen und damit tausende Arbeitsplätze, sondern sorgen auch für einen stärkeren gesellschaftlichen Zusammenhalt. Wir wollen gemeinsam stärker aus der Krise heraus gehen, als wir reingegangen sind. Dieser Weg wird schmerzhaft, anstrengend und teuer - aber er wird sich lohnen.

Autor*in
Dennis Rohde

ist haushaltspolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion.

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