Inland

SPD-Spitze befürwortet Kontrollen an der Grenze zu Österreich

Die SPD-Führung befürwortet die vorübergehende Einführung von Kontrollen an der Grenze zwischen Deutschland und Österreich. In einem Brief an die Mitglieder rechtfertigte Parteichef Sigmar Gabriel die Maßnahme als Schritt, um „zu einem geordneten Verfahren der Flüchtlingspolitik zurückzukehren“. Die Schätzung der Flüchtlingszahlen korrigierte er nach oben.
von Kai Doering · 14. September 2015
Sigmar Gabriel
Sigmar Gabriel

„Deutschland ist stark und kann vieles leisten. Dennoch haben wir in den letzten Tagen erleben müssen, dass auch beim besten Willen unsere Aufnahmefähigkeiten an ihre Grenzen geraten – vor allem, was die Geschwindigkeit des Zustroms an Flüchtlingen betrifft.“ Mit diesen an die Mitglieder der SPD gerichteten Worten reagiert Sigmar Gabriel auf die vorübergehende Einführung von Kontrollen an der Grenze zu Österreich. Dem Tagesspiegel hatte er bereits am Sonntag erklärt: „Es gibt Grenzen der Belastbarkeit auch unseres starken Landes.“ Europa müsse mithelfen, so seine Forderung in Richtung der EU-Mitgliedsstaaten.

Grenzkontrollen: Zurück zum Dublin-Verfahren

Hintergrund ist die am Sonntag von Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) verkündete Entscheidung, vorübergehend Grenzkontrollen zwischen Österreich und Deutschland einzuführen. Damit solle den zuletzt stark steigenen Zahlen einreisender Flüchtlinge Einhalt geboten werden. Länder wie Ungarn sollen wieder dazu gebracht werden, die Regeln der sogenannten Dublin-Verordnungen anzuwenden. Demnach müssen Flüchtlinge in dem Land Asyl beantragen, in dem sie zuerst europäischen Boden betreten haben. Am Montagnachmittag treffen sich die Innenminister der EU-Staaten in Brüssel, um über eine Ausweitung der Liste sogenannter sicherer Herkunftsstaaten zu beraten.

Eine Million Flüchtlinge 2015

Zusätzlich äußerte sich Gabriel in seinem Schreiben zur Zahl der für das laufende Jahr zu erwartenden Flüchtlinge. „Vieles deutet daraufhin, dass wir in diesem Jahr nicht 800 000 Flüchtende aufnehmen, wie es das Bundesinnenministerium prognostiziert hat, sondern eine Million“, so Gabriel. Zuvor hätten die Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten der SPD signalisiert, dass die Unterbringungskapazitäten in den Ländern nahezu erschöpft seien. Bereits jetzt würden Zelte für 40 000 Menschen an einem oder mehreren Orten vorbereitet.

SPD-Generalsekretärin Yasmin Fahimi sprach in Bezug auf die Grenzkontrollen von einer „Sondersituation“. Es handele sich dabei weder um eine Schließung der Grenzen noch um einen Dauerzustand. „Alle Bundesländer bestätigen, dass wir eine Atempause brauchen“, sagte Fahimi in Berlin. Diese werde mit der vorübergehenden Wiedereinführung von Grenzkontrollen ermöglicht. Auch in der SPD sei „das Signal als wichtig empfunden worden“.

Allerdings brauche es nun „Lösungen darüber hinaus“. Fahimi erneuerte ihre Forderung nach einem Sondergipfel der EU-Staats- und Regierungschefs, der „klare und mutige Entscheidungen“ treffen müsse.

Einen ausführlichen Hintergrund zum Thema „Grenzkontrollen im Schengen-Raum“ finden Sie hier

Autor*in
Kai Doering
Kai Doering

ist stellvertretender Chefredakteur des vorwärts. Er betreut den Bereich Parteileben und twittert unter @kai_doering.

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