Inland

SPD: Neuverschuldung hilft Deutschland aus der Krise

Die SPD sieht im Anstieg der Neuverschuldung keine Gefahr für das Land. Gefahr drohe aber bei einer zu schwachen Reaktion des Staates auf die Corona-Pandemie, so SPD-Fraktionsgeschäftsführer Carsten Schneider. Er rechnet mit einer Schuldentilgung ab dem Jahr 2023.
von Lars Haferkamp · 17. Juni 2020
Um das Konjunkturpaket gegen die Corona-Krise zu finanzieren, will der Bundestag ab Freitag einen zweiten Nachtragshaushalt beschließen.
Um das Konjunkturpaket gegen die Corona-Krise zu finanzieren, will der Bundestag ab Freitag einen zweiten Nachtragshaushalt beschließen.

Das Bundeskabinett hat am Mittwoch einen zweiten Nachtragshaushalt über 62,5 Milliarden Euro beschlossen. Damit steigt die für dieses Jahr geplante Neuverschuldung auf 218,5 Milliarden Euro. Am Freitag soll der Bundestag den Etat verabschieden. Nötig werden die neuen Schulden wegen des milliardenschweren Konjunkturpaketes der Regierung, das die Folgen der Corona-Pandemie für Bürger*innen, Beschäftigte und Wirtschaft auffangen soll. Das Paket soll besonders die Binnenkonjunktur in Deutschland ankurbeln.

Olaf Scholz: Wir steigern das Bruttosozialprodukt

Die SPD verteidigt daher die Neuverschuldung mit Nachdruck. Bundesfinanzminister Olaf Scholz begründete in Berlin den Nachtragshaushalt mit der Notwendigkeit, angesichts der Corona-Krise die Wirtschaft wieder anzukurbeln. Unter Anspielung auf die Liedzeile Hits der Neuen Deutschen Welle aus den 80er-Jahren sagte Scholz: „Jetzt wird wieder in die Hände gespuckt, wir steigern das Bruttosozialprodukt.“ Der Vizekanzler stellte klar: „Wir sparen nicht gegen die Krise an.“

Scholz verwies darauf, dass allein mit der befristeten Mehrwertsteuersenkung und dem Kinderbonus von 300 Euro die Kaufkraft in Deutschland um etwa 24 Milliarden Euro gestärkt werde. Dieser kräftige Impuls des Staates werde bei den Konsumenten ankommen. Darüber hinaus führe die Entlastung der Kommunen in Milliardenhöhe dazu, dass diese keine Kürzungen bei ihren Investitionen vornehmen müssten. Schließlich entlaste der Staat noch die Unternehmen in einem Umfang von bis zu 25 Milliarden Euro. „Weniger wäre nicht genug“, so der Finanzminister. „Diesen Kraftakt können wir stemmen, weil wir in guten Zeiten Schulden abgebaut haben und finanziell gut aufgestellt sind“, erklärte Scholz. „Jetzt geben wir Deutschland einen Riesenschub für unsere Zukunft.“

Carsten Schneider: Der Staat muss jetzt investieren

Der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion, Carsten Schneider, verwies ebenfalls auf den Umfang des Konjunkturpaketes. In einer Zeit, „in der die Unsicherheit so groß ist und nicht investiert wird – im Gegenteil: die Sparquote ist gestiegen in Deutschland – ist es wichtig dass der Staat schnell, entschlossen und groß handelt“, sagte Schneider in einem Pressegespräch in Berlin. „Je überzeugender die Bevölkerung Vertrauen fasst, dass wir das in Deutschland anpacken und schaffen, und dass wir wieder auf einen guten Pfad kommen ökonomisch“, desto kürzer werde die Anpassungsphase verlaufen. Eine Verschleppung der Maßnahmen würde zu einem „japanisches Szenario“ führen, warnte Schneider: dauerhaft geringes Wirtschaftswachstum, Zombie-Banken und eine überalterte Gesellschaft. „Das alles wollen wir nicht.“

Zugleich wies Schneider darauf hin, dass der Staat Konjunkturprogramme „nicht dauerhaft leisten“ könne. Irgendwann seien „die Anleihemärkte ja auch gar nicht mehr aufnahmefähig“. Dass der Staat nun so entschlossen handeln könne, „ist Ergebnis einer soliden Finanzpolitik des vergangenen Jahrzehnts“. Die Gesamtverschuldung werde sehr stark vom künftigen Wirtschaftswachstum abhängen.

Schuldenbremse gilt auch weiterhin

„Die SPD steht zur Schuldenbremse“, stellte Carsten Schneider klar. Diese sehe vor, in sehr schlechten Zeiten, in Ausnahmesituationen, zu investieren, aber in guten Zeiten die Schulden zu reduzieren. Zur Frage der Schuldentilgung sprach Schneider von einem langfristig angelegten Pfad. Er erwarte, nicht schon im Jahr 2021 über einen Schuldenabbau zu sprechen. „Im Tilgungsplan gehen wir von 2023 aus.“

Klar sei bereits jetzt: „Die Einnahmen werden die nächsten vier, fünf Jahre deutlich unter den Erwartungen bleiben“, so Schneider. „Ein Teil der KfW-Kredite, die wir zu 100 Prozent haftungsfrei gestellt haben, werden im Herbst ausfallen“, prognostizierte er. Die Höhe der Ausfälle werde „davon abhängen, wie schnell wir wieder auf einen Stabilisierungspfad kommen“.

Achim Post: Gegen Debatten um schwarze Null

Der stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Achim Post, erklärte zum Nachtragshaushalt und der Schuldenentwicklung: „Die Neuverschuldung ist ohne Zweifel hoch, das Geld ist aber gut investiert.“ Das Konjunktur- und Investitionsprogramm gebe den richtigen Impuls zur richtigen Zeit, um Wachstum und Beschäftigung im Land neu in Schwung zu bringen. Das Paket sei „gleichermaßen zielgerichtet und zukunftsgerichtet und trägt an vielen Stellen eine klare sozialdemokratische Handschrift“. Die Handlungsfähigkeit des Staates habe sich in der Krise als Stärke erwiesen. „Statt Theoriedebatten über eine Rückkehr zur schwarzen Null zu führen, müssen wir weiter gleichermaßen entschlossen wie umsichtig politisch handeln und uns die dafür notwendigen finanziellen Handlungsspielräume erhalten“, so Fraktionsvize Achim Post.

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