SPD-Ministerpräsident Torsten Albig: „Die Partei ist hoch motiviert“
Mit einem leichten Rückstand in der jüngsten Umfrage auf die CDU geht die SPD in das Wochenende der Landtagswahl. Beunruhigt Sie das?
Nein, überhaupt nicht. Wahlen in Schleswig-Holstein sind immer eine knappe Kiste. Darauf sind wir eingestellt. Die Mehrheit der Schleswig-Holsteinerinnen und Schleswig-Holsteiner wünscht sirch einen Ministerpräsidenten Torsten Albig und eine Fortsetzung der Küstenkoalition aus SPD, Grünen und SSW. Daher werden wir als Sozialdemokraten am Sonntag stärkste Kraft. Wir haben hervorragende Rückmeldungen von der Straße und aus den Wahlkampfveranstaltungen. Die Partei ist hoch motiviert.
Sie reagieren seit vier Jahren mit denkbar knapper Mehrheit in einer „Küstenkoalition“ mit Grünen und SSW. Wie haben Sie es geschafft, das Dreierbündnis zusammenzuhalten?
Es gibt zwischen den drei Koalitionspartnern sehr große inhaltliche Übereinstimmungen. Wir haben in der Bildungspolitik, bei der Energiewende, bei der Sanierung der Infrastruktur und in der Flüchtlingspolitik einen sehr weitreichenden Konsens. Über allem steht zudem eine gemeinsame Vorstellung davon, wie wir den Menschen in diesem schönsten aller Bundesländer auch künftig noch mehr Chancengerechtigkeit einräumen können. Das unterscheidet uns auch fundamental vom Wettbewerber, der beispielsweise in der Bildungspolitik auf völlig veraltete Konzepte setzt, mit denen die Chancen junger Menschen klar beschnitten werden. Wir wollen, dass jeder selbst entscheiden kann, was für ihn das Beste ist und nicht Staat oder Schule dies vorsortieren. Ich bin sehr stolz darauf, wie die Menschen in diesem Bundesland auf die größte Herausforderung der vergangene Jahrzehnte, die Flüchtlingssituation, reagiert haben: zugewandt, offen und ohne jede Aufregung. Wir als Regierung haben unseren Teil dazu beigetragen, indem wir die Logistik für diese große Aufgabe bereitgestellt haben. Geleistet aber haben sie die Menschen in Schleswig-Holstein.
Geht es nach Ihnen, wird die Küstenkoalition nach der Wahl Bestand haben. Welche Vorhaben sind Ihnen für die nächste Legislatur besonders wichtig?
Wir werden unseren konsequenten Kurs in der Bildungspolitik fortsetzen. Während die Vorgängerregierung unter CDU-Führung 2000 Lehrerstellen streichen wollte, haben wir diese trotz stark sinkender Schülerzahlen im System belassen und noch 300 zusätzliche Lehrerstellen geschaffen. Damit konnten wir die Unterrichtsversorgung deutlich verbessern. Wir sind bei den Grundschulen bei 100 Prozent, bei den Gemeinschaftsschulen und Gymnasien knapp davor, bei den Berufsschulen müssen wir uns noch ein bisschen mehr anstrengen. Wir haben als erste Landesregierung einen Infrastrukturbericht aufgelegt und werden bis 2030 das Land einmal komplett durchsaniert haben. Bei der Energiewende beenden wir das Chaos vergangener Jahre und gestalten den Windkraftausbau maßvoll gemeinsam mit den Menschen im Land. Und mit unserem Kita-Geld ist uns der Einstieg in die beitragsfreie Kinderbetreuung gelungen. Über das nächste Jahrzehnt sorgen wir hier schrittweise für komplette Gebührenfreiheit.
Im Wahlkampf haben Sie klar auf das Thema Gerechtigkeit gesetzt. Was bedeutet das bezogen auf Schleswig-Holstein?
Gerecht ist, wenn alle die gleiche Chance auf gute Bildung haben. Denn sie ist der Schlüssel für ein erfolgreiches Leben. Deshalb wird es mit uns eine 100prozentige Unterrichtsversorgung und ein Azubi-Ticket geben. Gerecht ist auch, wenn Familien ihr Leben nach ihren Vorstellungen gestalten können und es nicht von Kitabeiträgen abhängt. Und zur Gerechtigkeit gehört, dass Wohnen bezahlbar ist. Deshalb sorgen wir für 5000 neue bezahlbare Wohnungen jährlich. Das alles sind Bereiche, in denen wir als Landespolitik direkt etwas bewirken können.
Erstmals dürfen 16-Jährige bei der Landtagswahl ihre Stimme abgeben – ein Vorteil für die SPD?
Junge Menschen leben besonders lange mit politischen Entscheidungen. Deshalb müssen sie mitentscheiden dürfen und darum haben wir das Wahlalter in Schleswig-Holstein auf 16 Jahre gesenkt. Für junge Menschen sind Gerechtigkeits- und Zukunftshemen am wichtigsten. Das kommt bei der SPD zusammen. Außerdem haben wir ein starkes politisches Angebot: ein landesweites bezahlbares Azubi- und Semester-Ticket, bezahlbare Wohnungen speziell für junge Menschen, schnelles Internet und der Einsatz für eine Mindestausbildungsvergütung.
Dirk Bleicker | vorwärts
ist stellvertretender Chefredakteur des vorwärts. Er betreut den Bereich Parteileben und twittert unter @kai_doering.