Inland

SPD-Ministerin Lambrecht will mehr Schutz für Whistleblower

In Deutschland soll bald ein „Gesetz zum Schutz hinweisgebender Personen“ beschlossen werden. Verstöße gegen deutsches Recht sollen künftig von Whistleblowern gefahrlos gemeldet werden können. Ein entsprechender Gesetzentwurf von Justizministerin Christine Lambrecht liegt vor.
von Christian Rath · 14. Dezember 2020

Wer in seinem Unternehmen einen Skandal aufdeckt, soll sich nicht mehr vor Kündigung und anderen Repressalien fürchten müssen. Das ist der Grundgedanke des Gesetzentwurfs der Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD). Das Gesetz soll nicht nur in der Privatwirtschaft gelten, also zum Beispiel bei Autokonzernen, Wurstfabriken oder Pflegeheimen, sondern auch bei Behörden und der Bundeswehr. Geschützt werden deshalb nicht nur normale Arbeitnehmer, sondern auch Beamte, Soldaten und Richter.

SPD fordert Ausweitung des Whistleblower-Schutzes

Bisher basierte der Schutz von Whistleblowern in Deutschland nur auf vereinzelten Gerichtsurteilen. Gesetzentwürfe von SPD und Grünen fanden bisher nie eine Mehrheit. Der Anstoß für eine gesetzliche Regelung kommt nun von der EU. 2019 wurde auf EU-Ebene eine Richtlinie zum Schutz von Whistleblowern beschlossen, die bis Dezember 2021 in nationales Recht umzusetzen ist. Sie gilt aus Kompetenzgründen allerdings nur für die Aufdeckung von Missständen, die gegen EU-Recht verstoßen.

Seit einem Jahr diskutiert die Große Koalition bereits, wie diese EU-Richtlinie in deutsches Recht transformiert werden soll. Die CDU/CSU forderte eine enge „eins-zu-eins-Umsetzung“, die nicht über das EU-Recht hinausgeht. Die SPD verlangte eine Ausweitung des Whistleblower-Schutzes bei Verletzung von deutschem Recht. Sonst wisse nur der juristisch gebildete Hinweisgeber, ob er geschützt ist oder nicht.

Zwei Wege für Meldung eines Verstoßes

Der Entwurf des Justizministeriums folgt nun klar der SPD-Linie. Auch Verstöße gegen deutsches Recht sollen gefahrlos gemeldet werden können. Dies gilt jedenfalls immer, wenn eine Vorschrift so wichtig ist, dass den Verantwortlichen bei Verstößen Strafen oder Bußgelder drohen. Und skandalträchtige Felder, wie das Umwelt- und Lebensmittelrecht sollen generell erfasst sein. Es ist noch nicht sicher, ob bei dieser weiten Lösung auch das CDU-geführte Wirtschaftsministerium mitzieht. Der Kabinettsbeschluss ist für Anfang 2021 geplant.

Für die Meldung eines Verstoßes sieht der Gesetzentwurf zwei gleichwertige Wege vor. Die Whistleblower können sich entweder an eine „interne Stelle“ in ihrem Unternehmen wenden. Oder sie können eine „externe Stelle“, etwa beim Bundesdatenschutz-Beauftragten, über den Misstand informieren. In Ausnahmefällen können Hinweisgebende auch sofort an die Öffentlichkeit gehen. Sie können Medien oder soziale Netzwerke informieren, wenn die Meldung an eine externe Stelle zu spät käme, keine Erfolgsaussichten hat oder wenn sogar Sanktionen drohen.

Kabinettsbeschluss für Anfang 2021 geplant

Der Gesetzentwurf schützt die Hinweisgebenden nicht nur vor Kündigungen, sodern auch vor anderen Repressalien. Dies kann zum Beispiel die Verweigerung einer Beförderung oder einer Fortbildung sein. Da der Zusammenhang für Whistleblower oft schwer zu beweisen ist, gilt hier eine Beweislastumkehr: Die Arbeitgeber müssen belegen, dass die nachteilige Behandlung nichts mit der Aufdeckung des Missstands zu tun hat.

Wenn eine Kündigung gegen das Whistleblower-Schutzgesetz verstößt, ist sie „nichtig“, das Arbeitsverhältnis besteht also weiter. Außerdem können Betroffene Schadensersatz erhalten. Vor strafrechtliche Sanktionen werden Whistleblower bereits seit 2018 gesetzlich geschützt. Damals beschloss der Bundestag das Gesetz über Geschäftsgeheimnisse, das auch großzügige Regelungen im Interesse von Hinweisgebern und Journalisten vorsieht.

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Christian Rath

ist rechtspolitischer Korrespondent.

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