SPD-Linke fordert einmalige Vermögensabgabe für besonders Reiche
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Corona-, Finanz-, Energie- und Kaufkraftkrise: Die Parlamentarische Linke (PL) der SPD-Bundestagsfraktion fordert angesichts der aktuellen Krisenlage „eine einmalige Abgabe auf besonders hohe Vermögen“. So steht es in einem Beschlusspapier der PL, das am Montag in Berlin vorgestellt wurde. Die Abgabe soll eine Antwort sein auf „die angespannte wirtschaftliche Lage und die Unterfinanzierung des Haushaltes“.
Für Wiebke Esdar, Haushaltspolitikerin und Co-Sprecherin der Parlamentarischen Linken in der SPD-Bundestagsfraktion, sind Kürzungen der Sozialleistungen zur Finanzierung des Haushaltes „indiskutabel“. Rentner*innen, Studierende aber auch Familien aus der Mittelschicht wüssten zunehmend nicht mehr, wie sie über die Runden kommen. „Der Staat darf diese Menschen nicht im Stich lassen und muss Verantwortung übernehmen“, so Esdar. Für einen handlungsfähigen Staat sei eine Verbesserung öffentlicher Einnahmen notwendig. „Dadurch bieten wir Bürgerinnen und Bürgern Sicherheit in der Krise und setzen Wachstumsimpulse für die Volkswirtschaft.“
Grundgesetz gestattet Vermögensabgabe
Tim Klüssendorf, Finanzpolitiker und Mitglied im Leitungskreis der Parlamentarischen Linken in der SPD-Bundestagsfraktion, hebt hervor, dass die „gegenwärtige, besondere Krisensituation“ erlaube eine grundgesetzkonforme einmalige Vermögensabgabe einzuführen. „Die Vermögensabgabe, wie wir sie fordern, belastet nur die vermögendsten rund 0,5 Prozent unserer Bevölkerung und ist bürokratisch weniger aufwendig als eine Steuer“, betont er. Eine akute Überbelastung von Vermögen werde dabei vermieden, indem die Zahlung der Vermögensabgabe über mehrere Jahre verteilt werde. „Mit der Abgabe wird es möglich, die zur Gestaltung des gesellschaftlichen Wandels notwendigen Investitionen in die Zukunft zu tätigen,“ so der SPD-Finanzexperte.
Betroffen wären maximal 0,5 Prozent
Betroffen von der Abgabe sollen laut Beschluss der PL nur „besonders reiche Teile der Bevölkerung“ mit sehr hohen Vermögen sein. Denkbar sei ein persönlicher Freibetrag von zwei Millionen Euro, für Beteiligungen an Kapitalgesellschaften und Betriebsvermögen ein Freibetrag von bis zu fünf Millionen Euro. „Dadurch werden lediglich 0,4 bis 0,5 Prozent der deutschen Bevölkerung abgabepflichtig“, betont die PL.
Bemessungsgrundlage soll das individuelle abgabepflichtige Nettovermögen sein, also das Bruttovermögen minus bestehender Verbindlichkeiten. „Dieses muss lediglich einmal berechnet werden, was den bürokratischen Aufwand gegenüber einer Steuer minimiert“, argumentiert die PL in ihrem Papier. „Die Wahl des Stichtages zur Vermögensermittlung sollte nach Möglichkeit in der Vergangenheit liegen, um Anreize zur Vermögensverringerung auszuschließen und keine Reaktionsmöglichkeit zur Steuerflucht einzuräumen.“
Starke Schultern stärker belasten
Für die Parlamentarische Linke würde „die zusätzlich notwendige Last zur Bewältigung der Krisen so von denjenigen geschultert, die dazu am besten in der Lage“ seien. Auch wäre der Staat weiterhin in der Lage, diejenigen besonders zu schützen und unterstützen, die seine Solidarität am stärksten benötigen. „Gleichzeitig würde die sich zuspitzende Vermögenskonzentration in Deutschland seit Jahrzehnten erstmals wieder wirksam und unmittelbar adressiert“, so die PL in ihrem Beschluss. Dieser trägt den Titel „für eine solidarische Finanz- und Steuerpolitik in der Zeitenwende“.
Um die wichtigen Vorhaben der Ampel-Koalition zu finanzieren hält die Parlamentarische Linke – abhängig von weiteren Entwicklungen – eine Aussetzung der Schuldenbremse für das Jahr 2023 für möglich. „Verantwortungsvolle Politik bedeutet, bei einer weiteren Verschärfung der Lage eine entsprechende haushaltspolitische Neubewertung vorzunehmen“, so die PL in ihrem Beschlusspapier. Perspektivisch wird gefordert: „Damit die Schuldenbremse nicht zu einer Zukunftsbremse wird, wollen wir sie in ihrer jetzigen Form perspektivisch überwinden.“
SPD-Linke fordert mehr
Damit auch künftig „wichtige Impulse für eine sozial gerechte und ökologisch nachhaltige Transformation“ gesetzt werden können, ist nach Überzeugung der Parlamentarischen Linken ein hohes Niveau öffentlicher Investitionen nötig. „Daher mahnen wir als Parlamentarische Linke in der SPD-Bundestagsfraktion weitere mittel- und langfristige finanz- und steuerpolitische Reformen an, die hohe Vermögen in die Pflicht nehmen und Menschen mit niedrigen und mittleren Einkommen gezielt entlasten“, heißt es im Papier der PL. Dazu zählt nach den Vorstellungen der Linken „eine Reform der Erbschaftssteuer und die Einsetzung einer Vermögenssteuer, wie sie seit 2019 Beschlusslage unserer Partei ist“.