SPD-General Lars Klingbeil: Haben hart für unsere Inhalte gekämpft
Thomas Trutschel/photothek.net
Nach Veröffentlichung der Sondierungsergebnisse gibt es sehr viele negative Reaktionen im Internet zu dem Resultat. Was antworten Sie diesen Kritikern?
Kritik zu üben ist legitim. Wenn drei Parteien miteinander verhandeln, dann kann sich keine zu 100 Prozent durchsetzen. Und klar gibt es dann einzelne Ergebnisse, die manchen besser und manchen weniger gut gefallen. Wichtig finde ich bei solchen Diskussionen, sich das Papier genau anzuschauen, sachlich zu bleiben und fair miteinander umzugehen.
Was sind die Verhandlungserfolge der SPD in den Sondierungsgesprächen, wegen denen der Parteivorstand die Aufnahme von Koalitionsgesprächen empfohlen hat?
Die SPD ist gestartet mit dem klaren Ziel, dass es kein Weiter so geben darf. Und wenn ich mir das Sondierungspapier anschaue, dann können wir das an sehr vielen Stellen einlösen: Wir haben es geschafft, der Union einen völlig neuen Anfang in der Europapolitik abzuringen. Wir haben die Grundrente und die Mindestausbildungsvergütung durchgesetzt. Wir haben in der Bildungspolitik endlich die Abschaffung des Kooperationsverbotes erreicht, damit der Bund mehr Geld in die Schulen stecken kann. Bei der Pflege haben wir im Prinzip alles das durchbekommen, was wir für einen Neustart brauchen. Und das sind nur einige Beispiele.
Wie war die Stimmung im Parteivorstand? Was waren die Argumente der Groko-Kritiker? Was antworten Sie denen?
Im Parteivorstand haben wir sehr intensiv über das Sondierungsergebnis diskutiert und uns die einzelnen Punkte noch einmal genau angeschaut. Aber wir haben auch ganz grundsätzlich miteinander darüber gesprochen, was jetzt der richtige Weg ist. Manche befürchten, dass die Erneuerung der SPD im Falle einer schwarz-roten Koalition auf der Strecke bleibt. Ich bin allerdings fest davon überzeugt: Eine erfolgreiche Erneuerung der Partei hängt nicht von einer Regierungsbeteiligung ab, sondern von festem Willen und guten Ideen!
Wo lagen während der Sondierungen inhaltlich die größten Schwierigkeiten? Wie wurden sie gelöst?
Wir haben richtig hart mit der Union verhandelt und für unsere Inhalte gekämpft. An vielen Stellen sind CDU und CSU uns entgegengekommen, an wenigen mussten wir der Union entgegenkommen. Das lag auch an der guten Team-Leistung unseres Sondierungsteams. Zur Wahrheit gehört allerdings: Es gibt Themen, die uns sehr wichtig sind, bei denen es mit der Union schlicht nicht möglich war, weiterzukommen. Das gilt zum Beispiel für die Einführung einer Bürgerversicherung und die Abschaffung sachgrundlos befristeter Arbeitsverträge.
Was will die Partei in den kommenden Koalitionsverhandlungen erreichen? Was ist ihr besonders wichtig?
Bei möglichen Koalitionsverhandlungen ist es für die SPD natürlich wichtig, bei den Projekten aus dem Sondierungsergebnis konkreter zu werden. Und natürlich müssten wir auch über Bereiche verhandeln, die bisher in den Sondierungen noch gar nicht aufgetaucht sind, weil ein Koalitionsvertrag ja viel präzisere Regelungen braucht als ein Sondierungsergebnis. Wichtig ist uns aber vor allem ein neuer politischer Stil in Deutschland. Und der muss sich schon bei den Koalitionsverhandlungen zeigen.
Wie geht es nun praktisch weiter?
Ob wir Koalitionsverhandlungen mit den Unionsparteien aufnehmen, entscheidet der SPD-Bundesparteitag am 21. Januar in Bonn. Bis dahin wird es für Mitglieder und Interessierte auf vielen unterschiedlichen Wegen die Möglichkeit geben, mit dem Sondierungsteam über das Verhandlungsergebnis zu diskutieren und offene Fragen zu klären – zum Beispiel auf Delegiertenvorbesprechungen, bei Facebook oder per WhatsApp-Sprechstunde. Wir sind gespannt auf die Diskussion in der kommenden Woche und auf dem Parteitag!