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SPD-Fraktionsvize Wiese: „Wir benötigen dringend ein Demokratiefördergesetz.“

Am Mittwoch will der „Kabinettsauschuss Rechtsextremismus“ der Bundesregierung konkrete Maßnahmen im Kampf gegen Rechtsextremismus festlegen. Für den stellvertretenden SPD-Fraktionsvorsitzenden Dirk Wiese ist klar: Ein Demokratiefördergesetz gehört unbedingt dazu.
von Kai Doering · 24. November 2020
SPD-Fraktionsvize Dirk Wiese: Die bisherigen Maßnahmen haben nicht den erhofften durchschlagenden Erfolg gebracht.
SPD-Fraktionsvize Dirk Wiese: Die bisherigen Maßnahmen haben nicht den erhofften durchschlagenden Erfolg gebracht.

Am Mittwoch will der „Kabinettsauschuss Rechtsextremismus“ ein Maßnahmenpaket vorlegen, wie die Bundesregierung Rechtsextremismus künftig bekämpfen will. Worauf kommt es dabei aus Sicht der SPD an?

Die Verbrechen des NSU, der Mord an Walter Lübcke oder der Anschlag in Halle – die vergangenen Jahre haben eins deutlich gemacht: Der Rechtsextremismus ist die größte Bedrohung unserer freiheitlichen Demokratie. Die Zunahme von rassistischen und rechtsextremen Straftaten gefährdet unser friedliches Zusammenleben und den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Mit Blick auf rechtsextreme Hetze auch im Internet muss der Rechtsstaat entschieden gegen jegliche Form des Rechtsextremismus vorgehen und mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln Straftaten und Rechtsverstöße ahnden.

Für die Bekämpfung von Rechtsextremismus und Rassismus brauchen wir einen umfassenden Ansatz. Unsere Maxime ist null Toleranz gegenüber Hass und Hetze online wie auch offline. Wir Sozialdemokraten fordern, die bisherigen Programme zur Demokratieförderung und Extremismusprävention langfristig abzusichern. Denn wir müssen alles dafür tun, schon die Entstehung von Rechtsextremismus zu verhindern. Den vielfältigen Initiativen aus der Zivilgesellschaft kommt hier eine besondere Bedeutung zu. Gleichsam müssen wir die Ausstattung der Sicherheits- und Strafverfolgungsbehörden weiter verbessern. Besonders wichtig ist es, die Opfer von rechtsextremen Straftaten noch mehr zu unterstützen.

Die SPD konnte bereits wichtige Punkte durchsetzen: Ab 2022 soll ein Bundesbeauftragter gegen Rassismus eingesetzt werden, der Begriff „Rasse“ soll aus dem Grundgesetz gestrichen werden, zwei Studien sollen Rassismus in der Gesellschaft im Arbeitsalltag der Polizei beleuchten. Reicht das aus?

Wir brauchen ein Höchstmaß an Engagement bei der Bekämpfung von Rassismus. Seit Monaten hatte die SPD eine wissenschaftliche Studie gefordert. Dass Bundesinnenminister Seehofer seine Blockadehaltung nun aufgegeben hat, ist ein wichtiger Erfolg. Mit den vereinbarten Studien sollen zum einen neben Extremismus, Antisemitismus und Rassismus in der Polizei auch Gewalt und Hass gegen Polizisten untersucht werden. Zum anderen sollen sie die Entwicklung und Verbreitung von Alltagsrassismus in der Zivilgesellschaft, der Wirtschaft und in öffentlichen Institutionen erforschen. Neben der Stärkung der wissenschaftlichen Grundlagenforschung über Rassismus ist es höchste Zeit, auch eine sprachliche Anpassung des Grundgesetzes zu realisieren und den Begriff der „Rasse“ zu ersetzen. Die Vereinbarung, einen Beauftragten der Bundesregierung gegen Rassismus ab 2022 einzusetzen, begrüße ich ausdrücklich.

Dies alles sind wichtige Maßnahmen, um Rassismus in unserer Gesellschaft effektiv begegnen zu können. Doch hier dürfen wir nicht stehen bleiben. Die Bekämpfung von Rassismus ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die die Politik, die Sicherheitsbehörden und die Zivilgesellschaft dauerhaft führen müssen.

Nicht vorgesehen ist bisher ein Demokratiefördergesetz, mit dem Projekte dauerhaft finanziell abgesichert werden sollen. CDU und CSU lehnen dies ab. Sehen Sie noch Chancen, dass es ein Demokratiefördergesetz gibt?

Wir benötigen dringend ein Demokratiefördergesetz, um die Demokratieförderung des Bundes und die Rassismusprävention zu verstetigen und auf eine verbesserte rechtliche Basis zu stellen. Seit Jahren fördern wir mit dem erfolgreichen Bundesprogramm ‚Demokratie leben!‘ Projekte, die sich für ein tolerantes Zusammenleben und gegen Ausgrenzung und Extremismus engagieren. Dringend erforderlich ist jedoch eine dauerhafte Förderung, um die aufgebauten Strukturen langfristig zu erhalten. Die Aktiven in den Projekten müssen sich darauf verlassen können, dass der Staat die Demokratieförderung und Rassismusprävention als Daueraufgabe begreift. Die SPD steht an ihrer Seite.

Autor*in
Kai Doering
Kai Doering

ist stellvertretender Chefredakteur des vorwärts. Er betreut den Bereich Parteileben und twittert unter @kai_doering.

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