Inland

SPD-Fraktion schlägt „Zukunftspakt Automobil“ für Strukturwandel vor

Die SPD-Bundestagsfraktion hat sich bei der Herbstklausur klar zur Automobilindustrie als Wohlstandsmotor bekannt. Die Sozialdemokrat*innen wollen die deutsche „Leitindustrie“ erhalten und haben auch eine klare Vorstellung, wie. Es gibt sogar ein Vorbild.
von Benedikt Dittrich · 4. September 2020
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„Dass der Strukturwandel gelingt, ist von höchster Relevanz für Deutschlands Wohlstand, für die Wirtschaft und den gesellschaftlichen Zusammenhalt“, heißt es in dem Papier, das die SPD-Bundestagsfraktion am Freitag beschlossen hat. Gemeint ist dabei die Automobilindustrie, die mit der Abkehr vom Verbrennungsmotor vor großen Veränderungen steht. Trotz dieser Herausforderungen müsse sie „Leitindustrie“ bleiben, betonen die Abgeordneten in ihrem Beschlusspapier. Begründet wird das nicht allein mit den Beschäftigtenzahlen in diesem Wirtschaftsbereich, sondern auch mit der hohen Tarifbindung, der Bedeutung der Zuliefer-Industrie sowie die Relevanz für den Wirtschaftsstandort Deutschland.

All dies wollen die Sozialdemokrat*innen erhalten – trotz der Herausforderungen des Klimawandels und dem damit einhergehenden Strukturwandel, der die Autobauer*innen direkt betrifft und obendrein auch die Mobilität in Deutschland verändern dürfte. Deswegen will die SPD-Fraktion einen „Zukunftspakt Automobil“ mit Politik, Sozialpartner*innen und Unternehmen gründen. Mit diesem Pakt sollen Brüche für Beschäftigte abgefedert und gleichzeitig die Innovationsfähigkeit der Automobilindustrie erhalten bleiben. „Dazu bedarf es verbindlicher Vereinbarungen zwischen Industrie, Gewerkschaften, Bund und Ländern“, heißt es in dem Beschluss weiter. „Die SPD-Fraktion im Bundestag stellt sich ganz klar hinter die Automobilindustrie und ihre Beschäftigten“, erklärt SPD-Fraktionsvize Sören Bartol dazu am Freitag.

Kohlekommission als Vorbild?

Es ist auch ein Appell für einen aktiven Staat, der Wirtschaft und Arbeitsmarkt in der Corona-Krise nicht sich selbst überlässt. „Dazu braucht es einen aktiven Staat, der lenkt, unterstützt und seine Industrien schützt“, so Bartol weiter.

Dafür gehen der SPD-Fraktion die Maßnahmen der vergangenen Monate, die mit der CDU als Koalitionspartner beschlossen wurden, nicht weit genug – sie fordern weitere Maßnahmen für Qualifizierung, Weiterbildung und zur Abschwächung der Folgen des Strukturwandels. Eine Möglichkeit wäre ein Beteiligungsfonds, um den Wandel regional zu gestalten, in Kooperation mit der Zuliefer-Industrie und weiteren Partner*innen vor Ort – von Gewerkschaften über politische Akteur*innen bis hin zu Wirtschaftsverbänden.

Das Vorbild dafür wird dafür auch explizit genannt: der Kohleausstieg mit der damit verbundenen Kohlekommission, die mit einer ähnlichen Beteiligungsstruktur einen Pfad für den Ausstieg aus dem fossilen Brennstoff erarbeitet hatte – inklusive Unterstützungsmöglichkeiten für den Strukturwandel in den Kohlerevieren, Unterstützung für Beschäftigte und weiterer Kompensationsmaßnahmen für die Regionen.

Abschied vom Verbrennungsmotor

Ebenso wie im Energiesektor, wo das Ende der Kohle als fossiler, klimaschädlicher Brennstoff in der Kommission besiegelt wurde, bekennt sich die SPD-Fraktion auch klar zu neuen Antriebstechniken im Auto: „Der Verbrenner wird die kommenden Jahre noch eine wichtige Rolle spielen, aber in Zukunft fahren unsere Autos elektrisch“, so Bartol – und im Positionspapier heißt es dazu eindeutig: „Die Antriebsfrage ist zugunsten der strombasierten Antriebe entschieden.“ Mit all den Konsequenzen für die Industrie. Um künftig auch bei E-Autos die komplette Wertschöpfungskette im eigenen Land zu haben, will die SPD-Fraktion den Aufbau einer Batteriezellen-Fertigung in Deutschland ebenso fördern wie den Aufbau von Innovationsbereichen wie beispielsweise dem autonomen Fahren.

Entsprechend verhalten hatte deswegen auch schon Fraktionschef Rolf Mützenich am Donnerstag auf einen Vorstoß von CSU-Parteichef Markus Söder reagiert, der eine neue Kaufprämie für Autos mit Verbrennungsmotor ins Spiel gebracht hatte. Etwas überraschend sei diese Äußerung gewesen, so Mützenich und kritisierte dabei indirekt die unterschiedlichen Signale aus CSU und CDU zu dem Thema: „Mir wäre sehr daran gelegen, wenn die Union da mal einen klaren Kompass hat."

In den kommenden Jahren kommen große Belastungen auf die heimische Industrie zu. Dessen ist sich die SPD bewusst, wie auch Bartol am Freitag betonte. „Wir verlangen unseren heimischen Unternehmen sehr viel ab“, so der Fraktionsvize mit Blick auf die Klimaschutzpolitik. Deswegen sei es nur fair, künftig die Industrie von günstigeren Importen zu schützen. Eine Forderung, die die Bundestagsfraktion aber vorrangig in Richtung Europa schickt. „Wenn unsere Autos klimaneutral gebaut werden, Importe aus dem Ausland aber weiter aus dreckigen Stahl gefertigt sind, ist das unfair“, erklärt Bartol. „Wir brauchen einen Mechanismus, der deutsche Produkte vor schlechter Billigkonkurrenz schützt, wie zum Beispiel eine CO2-Steuer an den Grenzen Europas.“

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