Inland

SPD fordert von de Maiziere Aufklärung und Konsequenzen

von Lars Haferkamp · 29. Mai 2013

Hans-Peter Bartels, SPD-Verteidigungsexperte im Bundestag, kritisiert Verteidigungsminister Thomas de Maiziere: Dem Rechnungshof geschwärzte Akten zu übermitteln sei „eine Frechheit“. Der Minister solle aufhören, auf Zeit zu spielen.

Herr Bartels, die Opposition wirft dem Verteidigungsminister schwere Versäumnisse beim gescheiterten Drohnen-Projekt „Euro Hawk“ vor. Wo genau hat Thomas de Maiziere Fehler gemacht?

Erstmal wissen wir bis heute nicht, warum denn eigentlich genau dieses ambitionierte Vorhaben der Luftaufklärung gestoppt wurde. Was funktioniert hier nicht, was in den USA geht? Was genau heißt Projekt „gestoppt“: beendet oder nur mal eben angehalten? Bisher ist offenbar kein Vertrag gekündigt, das Geld fließt weiter. Wer hat den „Stopp“ entschieden: der Minister oder der Rüstungsstaatssekretär, der zugleich sein engster Vertrauter ist? Warum wurde nicht schon 2011 die Reißleine gezogen, als die massiven Zulassungsprobleme offen zu Tage traten, etwa beim Überführungsflug nach Deutschland, für den es keine US-Überfluggenehmigung gab. Peinliche Fragen für einen Minister, der das Image des akkuraten Bescheidwissers pflegt.

Hat er sein Haus nicht im Griff?

Das könnte sich so herausstellen. Wenn ihm wichtige Informationen vorenthalten worden sein sollten, dann stimmt da etwas nicht. Dem Rechnungshof geschwärzte Akten zu übermitteln war eine Frechheit. Das Parlament nur auf kritische Nachfrage über die längst erkannten Probleme zu informieren, ist kein guter Stil. Und noch zwei Tage vor dem Drohnen-Stopp hat noch das ganze Merkel-Kabinett einen de Maizière-Bericht abgenickt, in dem der „Euro Hawk“ als eine der 30 der strukturrelevanten Hauptsysteme der Bundeswehr angekündigt wird. Das sieht nicht nach großer Regierungskunst aus.

Wie hoch sind die Kosten, die dem Steuerzahler durch das gescheiterte Projekt entstehen?

Bis Ende 2013 sind insgesamt 688 Millionen Euro für den Euro Hawk bewilligt. Gut 600 Millionen davon dürften seit 2007 bereits abgeflossen sein, allein in den letzten beiden Jahren 200 Millionen. Dazu kommen jetzt die Risiken beim Nato-System AGS, für dessen „Global Hawks“ Deutschland vertraglich 480 Millionen Euro zugesagt hat.

Wie bewerten Sie das Krisenmanagement des Ministers? Versucht er zu vertuschen?

De Maiziere spielt auf Zeit, hofft nach drei Wochen holprigsten Krisenmanagements auf einen widerspruchsfreien Sachstandsbericht, den das Ministerium jetzt für den Verteidigungsausschuss zusammenstellen soll. Aber die Widersprüche sind schon da: Sein Vorgänger Franz-Josef Jung bringt ihn in Verlegenheit, die Industrie berichtet über abweichende Fakten, und die Freunde von der FDP stellen plötzlich auch ganz kritische Fragen an ihren Koalitionspartner.

Wenn die Aufklärung weiter stockt, könnte es dann zu einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss kommen?

Diese Wahlperiode ist fast zu Ende. Wir müssen deshalb in den verbleibenden Sitzungswochen im Verteidigungsausschuss sozusagen in den Untersuchungsausschussmodus umschalten.

Welche Konsequenzen fordern Sie?

Ohne zu wissen, was da eigentlich passiert ist, wäre es unredlich, heute schon konkrete Konsequenzen zu fordern. Das Erschütternde ist, dass der Minister offenbar selber nicht wirklich weiß, warum ihm jetzt diese Drohne auf den Kopf gefallen ist. Erst die Aufklärung, dann die Konsequenzen: ganz gewiss organisatorische für den Rüstungsbereich – aber mit hoher Wahrscheinlichkeit auch personelle. Dass am Ende niemand gravierende Fehler gemacht hat und keiner verantwortlich ist – das kann ja wohl nicht sein.

Autor*in
Lars Haferkamp
Lars Haferkamp

ist Chef vom Dienst und Textchef des vorwärts.

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