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SPD-Experte Matthias Bartke: Lobbyregister soll 2021 kommen

Beim Lobbyregister im Bundestag bewegen sich CDU und CSU. Der SPD-Bundestagsabgeordnete Matthias Bartke hätte sich darüber noch mehr gefreut, wenn die Union dafür nicht drei Legislaturperioden gebraucht hätte. Scharfe Kritik übt er am Lobbyismus des CDU-Abgeordneten Philipp Amthor.
von Lars Haferkamp · 8. Juli 2020
Der SPD-Bundestagsabgeordnete Matthias Bartke kritisiert den CDU-Kollegen Philipp Amthor: „Er hat den Eindruck eines käuflichen Politikers erweckt.“
Der SPD-Bundestagsabgeordnete Matthias Bartke kritisiert den CDU-Kollegen Philipp Amthor: „Er hat den Eindruck eines käuflichen Politikers erweckt.“

Matthias Bartke, nach dem fragwürdigen Einsatz des CDU-Bundestagsabgeordneten Philipp Amthor für die Firma „Augustus Intelligence“ haben CDU und CSU Ihren langjährigen Widerstand gegen die Einführung eines Lobbyregisters aufgegeben. Sind Sie Philipp Amthor im Nachhinein dankbar?

Bestimmt nicht! Ich wäre froh, wenn die Union sich aus anderem Grund bewegt hätte. Am Ende kann man aber schon sagen, dass der Fall Amthor innerhalb der Unionsfraktion wohl den letzten Anstoß zur Meinungsänderung gegeben hat.

Wie bewerten Sie das Einlenken der Union?

Das bewerte ich uneingeschränkt positiv. Ich hätte mich aber noch mehr gefreut, wenn sie für ihr Einlenken nicht drei Legislaturperioden gebraucht hätte.

Wo hätten Sie sich noch mehr Bewegung bei CDU und CSU gewünscht?

Das wird man erst am Ende sagen können. Die Verhandlungen zur konkreten Ausgestaltung des Lobbyregisters werden sich voraussichtlich bis in den Herbst hineinziehen. Allerdings waren die Vorgespräche sehr konstruktiv und ich hatte den Eindruck, es gibt jetzt auch bei der CDU/CSU den großen Willen, das noch in diesem Jahr einvernehmlich mit uns zu verabschieden.

Wird es eine Offenlegung aller Formen von Unternehmensbeteiligungen inklusive Aktienoptionen geben?

Ja, die SPD möchte die Geschäftsordnung so ändern, dass auch Aktienoptionen und Unternehmensbeteiligungen von Bundestagsabgeordneten meldepflichtig sind.

Einflussnahmen auf parlamentarische Entscheidungsprozesse sollen mit dem Lobbyregister klar erkennbar sein. Wie genau funktioniert das?

Wir wollen eine öffentliche Liste, in die sich die Lobbyisten eintragen müssen. Darin sollen sie umfassende Angaben zu sich selbst und zu ihrer Tätigkeit machen. Verstöße dagegen werden bestraft. Auch wollen wir, dass die Bundesregierung die sogenannte „exekutive Fußspur“ einführt. Das heißt, dass die Bundesregierung bei jedem Gesetzentwurf offenlegen soll, welche Interessenvertreter und Sachverständige Einfluss auf den Gesetzgebungsprozess genommen haben.

Lobbyisten sollen sich künftig einem „Verhaltenskodex“ unterwerfen. Was bedeutet das konkret in der Praxis?

Das bedeutet, dass der Bundestag einen Kodex vorgibt, der bestimmte Grundsätze integrer Interessenvertretung für Lobbyisten vorsieht.

Was genau fällt denn alles unter den Begriff „Lobby“?

Abstrakt formuliert heißt das: Lobbyarbeit ist jede Tätigkeit zum Zweck der Einflussnahme auf den Willensbildungsprozess des Bundestages. Konkret heißt das, dass die großen Unternehmensverbände, aber auch Wohlfahrts- und Umweltverbände dann Lobbyisten sind, wenn sie Einfluss auf Abgeordnete nehmen.

Wann wird der Bundestag über das Gesetz entscheiden? Und ab wann gilt es dann?

Unser Ziel ist das Inkrafttreten zum 1.1.2021.

Die SPD fordert schon ein Lobbyregister bereits seit Jahren, zuletzt in ihrem Wahlprogramm. Hätte es den Fall Amthor verhindert?

Nein. Das Lobbyregister soll den Einfluss von Lobbyisten auf Bundestagsabgeordnete reglementieren. Philipp Amthor ist aber ein Bundestagsabgeordneter, der selbst offen als Lobbyist für das Unternehmen „Augustus Intelligence“ agiert hat.

Transparency International sieht bei Philipp Amthor einen „Anfangsverdacht der Bestechung“. Der Bundestagspräsident sieht dagegen keine Anhaltspunkte für Gesetzesverstöße. Wie bewerten Sie den Fall?

Amthor hat sich gegenüber dem Wirtschaftsminister in einem offiziellen Abgeordnetenbrief mit Bundesadler für das Unternehmen „Augustus Intelligence“ eingesetzt. Entscheidend für die strafrechtliche Bewertung dürfte sein, ob Amthor dafür Geld oder geldwerte Leistungen von dem Unternehmen angenommen hat. Dafür spricht derzeit einiges, insbesondere die teuren Reisen, die das Unternehmen ihm finanziert hat. Nach meiner Kenntnis ermittelt die zuständige Staatsanwaltschaft auch schon.

Amthor hat seine Zusammenarbeit mit der Firma „Augustus Intelligence“ beendet. Welche Konsequenzen fordern Sie darüber hinaus von ihm?

Das muss Philipp Amthor am Ende selber entscheiden. Unabhängig davon, ob sein Verhalten strafbar war oder nicht, hat er damit aber einen großen Schaden für den Bundestag insgesamt bewirkt. Er hat den Eindruck eines käuflichen Politikers erweckt. In meinen Augen sollte er sich daher genau überlegen, welche persönlichen Konsequenzen er daraus zieht.

Autor*in
Lars Haferkamp
Lars Haferkamp

ist Chef vom Dienst und Textchef des vorwärts.

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