SPD-Experte Lauterbach fordert Ausgangssperre nach 20 Uhr
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Karl Lauterbach, die Zahl der Corona-Infizierten geht nicht zurück. In welchen Bereichen sollte es Verschärfungen geben?
Wir benötigen Einschränkungen in den Betrieben und darüber hinaus im ÖPNV und auch bei den persönlichen Freiheiten. Ich persönlich glaube, dass es wichtig wäre, die Pflicht zum Home-Office einzuführen, Kantinen und Teeküchen zu schließen, die Maskenpflicht in den Betrieben dort, wo noch nicht geschehen, einzuführen und zu kontrollieren. Im ÖPNV und in den Geschäften sollten FFP2-Masken getragen werden. In den Schulen sollte es beim Wechselunterricht oder beim Homeschooling bleiben. Obwohl das sehr hart für den Einzelnen wäre, würde ich auch für drei Wochen eine Ausgangssperre nach 20:00 Uhr für richtig finden. Wir müssen in den nächsten drei Wochen verhindern, dass sich die viel gefährlichere Mutation aus England, B117, auch bei uns ausbreitet.
Wie lange wird ein noch härterer Lockdown dauern müssen?
Eine Verschärfung des Lockdowns für drei Wochen würde uns sehr viel bringen. Die Gesamtdauer des Lockdowns hängt auch davon ab, ob wir ihn jetzt verschärfen oder nicht. Würden wir eine Verschärfung von drei Wochen hinbekommen, wäre wahrscheinlich danach eine deutliche Lockerung möglich. Es muss darum gehen, in ein Gleichgewicht zu kommen, so dass die alten Varianten von Covid weiter zurückgehen und sich B117 nicht ausbreiten kann.
Die Einschränkungen dauern schon sehr lange, viele Menschen werden mutlos angesichts der unverändert hohen Zahlen. Was kann jeder Einzelne tun, damit wir möglichst schnell physisch und psychisch gesund aus der Pandemie kommen?
Der Einzelne muss wissen, dass wir jetzt in der härtesten Phase der gesamten Pandemie sind. Wir haben zwei Aufgaben gleichzeitig zu bewältigen. Wir müssen die derzeit bestehende harte zweite Welle in den Griff bekommen. Und wir müssen gleichzeitig die Ankunft der viel gefährlicheren Varianten verhindern. Das muss das Ziel sein. Wenn wir dies erreichen, werden wir im Sommer belohnt durch eine deutliche Entspannung der Situation. Dann werden wir durch die Kombination von Impfungen und viel besserem Wetter eine sehr massive Entspannung der Lage sehen.
Wie können wir trotz der Virusmutationen den von Ihnen jüngst vorausgesagten „großartigen Sommer“ erreichen?
Wenn es uns gelingt, die Mutation B117 in Deutschland klein zu halten, wenn es uns also gelingt, von England zu lernen, so wie wir in der ersten Welle von Italien gelernt haben, dann werden wir das rettende Ufer in der Kombination von Impfungen und Verbesserung der Situation durch besseres Wetter im Sommer erleben können. Dann käme es zu einer massiven Verbesserung der Lebenssituation der Menschen. Aber wir dürfen uns nichts vormachen. Jetzt sind wir in den zwei Monaten, auf die es besonders ankommt.
ist Chefredakteurin des "vorwärts" und der DEMO – Das sozialdemokratische Magazin für Kommunalpolitik sowie Geschäftsführerin des Berliner vorwärts-Verlags.