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SPD erneuern: Warum von einer Kindergrundsicherung alle Familien profitieren

Die SPD arbeitet weiter an ihrer Erneuerung. In Berlin stellte am Montag Interims-Chefin Malu Dreyer gemeinsam mit Familienministerin Franziska Giffey und der Bundestagsabgeordneten Dagmar Schmidt ihr Konzept einer Kindergrundsicherung vor. Es soll mehr als Kinder aus Hartz IV holen.
von Vera Rosigkeit · 25. November 2019
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Die am Montag vom SPD-Parteivorstand einstimmig beschlossene Kindergrundsicherung sei Teil der programmatischen Erneuerung der SPD, sagt Interimschefin Malu Dreyer im Anschluss an eine Vorstandssitzung ihrer Partei in Berlin. Dabei gehe es nicht darum, dieses Konzept eins zu eins umzusetzen. Dann, erklärt Dreyer vor Journalisten, könnten wir unsere programmatische Arbeit einstellen. „Das wollen wir aber nicht“, betont die Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz. „Wir wollen im Dezember einen Parteitag haben, der sich nicht nur auf eine neue Führungsspitze einigt, sondern auf dem wir uns neu aufstellen“, fügt sie hinzu.

Kindergrundsicherung als Teil von #spderneuern

Die Kindergrundsicherung sei Teil des Sozialstaatskonzepts, das der Neubestimmung der SPD diene, fährt sie fort. Der SPD werde immer unterstellt, sie habe kein klares Profil. Das Konzept soll der Klarheit dienen, „woran die Partei derzeit arbeite und wo sie in künftigen Legislaturperioden ihre Schwerpunkte setzen will“, erklärt Dreyer.

Der SPD werde immer unterstellt, sie habe kein klares Profil. So kam nach der Bundestagswahl das Versprechen zustande, dass wir uns programmatisch weiterentwickeln und in der Regierung gut regieren, fährt sie fort. „Wir entwickeln uns jetzt weiter“, so Dreyer. Ob es das Sozialstaatskonzept ist, ob es um Arbeit und Umwelt geht, einem Papier zur Friedenspolitik oder das Thema Kindergrundsicherung. Sollten jetzt trotzdem erste Schritte in der Koalition möglich seien, werden wir die auch gehen, gibt sich Dreyer pragmatisch. Wenn nicht, sollte man aber „nicht gleich wieder die Koalitionsfrage stellen“.

Kinder aus Hartz IV holen

Bereits in der vergangenen Woche waren die Pläne der SPD für eine selbstständigen Kindergrundsicherung bekannt worden. Vom neuen Konzept der Kindergrundsicherung „profitieren alle 17,8 Millionen Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren in Deutschland“, sagt dazu Bundesfamilienministerin Franziska Giffey. Denn es gehe eben nicht nur um Geldleistungen, sondern vor allem auch um Investitionen in gute und kostenfreie Bildung und Mobilität. Es gibt nur Gewinner, betont sie.

Gleichzeitig wolle man die zwei Millionen Kinder, die derzeit Leistungen aus dem Sozialgesetzbuch II erhalten, „aus Hartz IV holen“. Giffey sprach in diesem Zusammenhang von einem großen Systemwechsel: Denn Ziel sei, dass alle Kinder aus dem Jobcenter in die Familienkasse überführt werden sollen. Das brauche Zeit.

250 Euro für alle

Tatsächlich stehen im Mittelpunkt der sozialdemokratische Kindergrundsicherung zwei Säulen: Die eine besteht aus einer existenzsichernden Geldleistung, die andere beruht auf Investitionen, die Bildung und Teilhabe ermöglicht. Danach soll es künftig 250 Euro als Basisbetrag für jedes Kind geben. Je nach Bedarf kann es zusätzlich noch einen Betrag für Wohnkosten zusätzlich geben, plus eines Betrags für mehr soziale Teilhabe (46 Euro pro Kind). Je nach Alter kann ein Höchstbetrag zwischen 400 und 478 Euro pro Kind von der Familienkasse ausgezahlt werden.

Leben ohne Diskriminierung

Die Bundestagsabgeordnete Dagmar Schmidt führt als Besonderheit die Einführung einer Kinderkarte für alle an. „Von den 250 Euro Basisbetrag sollen 30 Euro künftig direkt auf diese Kinderkarte gehen. Damit muss diese Leistung auch nicht beantragt werden und kann vor Ort eingesetzt werden, um z.B. ins Schwimmbad zu gehen“, sagte sie im Interview mit dem vorwärts. Schon jetzt gebe es in einigen Kommunen so etwas wie ein Kinderticket für Kinder aus finanzschwachen Familien. Das Problem sei nur, „wenn Kinder das vorzeigen, ist ihr sozialer Status gleich sichtbar“, so Schmidt. „Deshalb wollen wir eine Kinderkarte für alle einführen.“

Es sei ein großer Fortschritt, wenn nicht mehr erkennbar sei, was Kinder auf einer solchen Karte haben und man sie nicht mehr unterscheiden kann, sagt Dreyer am Montag. Diskriminierungsfreiheit und Chancengleichheit seien für die SPD große und wichtige Punkte.

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Vera Rosigkeit

hat Politikwissenschaft und Philosophie in Berlin studiert und ist Redakteurin beim vorwärts.

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