SPD: Brutaler Machtkampf in der Union gefährdet Corona-Bekämpfung
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Während die Zahl der Corona-Neuinfektionen in Deutschland laut Robert-Koch-Institut durch die Decke geht, sind CDU und CSU weniger mit der Bekämpfung der Pandemie beschäftigt als mit der Bekämpfung des innerparteilichen Gegners. Das will die SPD nicht länger hinnehmen. Deshalb richtet sie jetzt eine klare Ansage an den Koalitionspartner und ganz besonders an Armin Laschet und Markus Söder: Statt sich in innerparteilichen Machtkämpfen um die Kanzlerkandidatur zu verlieren, solle die Union ihre Hausaufgaben in der Pandemie-Bekämpfung machen.
Carsten Schneider: Corona-Bekämpfung von Union „als Geisel genommen“
So nimmt Carsten Schneider, der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion, am Mittwoch vor der Presse in Berlin kein Blatt vor den Mund: „Das Führungsvakuum in der Union in der Zeit nach Merkel beeinträchtigt mittlerweile die Arbeitsfähigkeit nicht nur der Koalition, sondern gefährdet auch die Pandemie-Bekämpfung in unserem Land.“ Die Parteivorsitzenden Armin Laschet (CDU) und Markus Söder (CSU) lieferten sich einen „offenen brutalen Machtkampf“ um die Kanzlerkandidatur. Die Union habe dabei die Umsetzung wichtiger vereinbarter Maßnahmen gegen Corona „als Geisel genommen“.
Das Bundesgesetz mit der Notbremse zur Eindämmung der Pandemie sei auch deshalb notwendig geworden, weil wichtige Maßnahmen „insbesondere von diesen beiden Ministerpräsidenten (Laschet und Söder) nicht umgesetzt worden“ seien, argumentiert Schneider. „Im Gegenteil: Sagen und Handeln steht insbesondere bei Markus Söder in einem umgekehrten Verhältnis. Der harte Auftritt passt nicht zum laxen Umgang mit der Pandemie.“ Man sehe das unter anderem an den seit einem Jahr permanent über dem Bundesdurchschnitt liegenden Inzidenz-Zahlen in Bayern. Deshalb sehe sich nun der Bund „gezwungen“ einzugreifen.
CDU/CSU-regierte Länder „vollkommen unsortiert“
Carsten Schneider weist darauf hin, dass Markus Söder eigentlich die Aufgabe habe, die von CDU und CSU regierten Bundesländer zu koordinieren. Ihm folge dann in dieser Aufgabe Armin Laschet. Die Unions-Länder seien aber gegenwärtig „vollkommen unsortiert“, moniert Schneider. „Ich sehe dort kein geschlossenes Handeln, sondern im Gegenteil Fundamentalkritik“ an der bundeseinheitlichen Regelung der Pandemie-Bekämpfung.
Schneider kritisiert darüber hinaus einen „Wettlauf der Lockerungen“ statt einem „entschlossenen entschiedenen Handeln“ der Ministerpräsidenten. Als Beispiel nennt er die letzte vom Kanzleramt „sehr schlecht vorbereitete“ Ministerpräsident*innen-Konferenz mit der Kanzlerin vor Ostern. Diese habe zu „Experimentier- und Öffnungsklauseln“ geführt, so dass der saarländische Ministerpräsident Tobias Hans (CDU) sein ganzes Bundesland „zum Experimentierfeld erklärt hat“, obwohl das Saarland mit Frankreich an ein Risikogebiet angrenze. „Das ist angesichts des Infektionsgeschehens, das wir in Deutschland haben, nicht akzeptabel“, stellt Schneider klar.
SPD geschlossen im Bund und in den Ländern
Die SPD-Bundestagsfraktion sei daher geschlossen für ein bundeseinheitliches Gesetz zur Pandemie-Bekämpfung. Vizekanzler Olaf Scholz habe hierbei sowohl innerhalb der Bundesregierung koordiniert, als auch die SPD-Fraktion und die SPD-regierten Bundesländer eng einbezogen. Die SPD zeige daher „ein geschlossenes Bild“, so Schneider, „geschlossen zwischen Bund und Ländern“.
Dass sich mit Armin Laschet und Markus Söder „zwei gestandene Ministerpräsidenten, die eigentlich mitten in der Pandemie-Bekämpfung sein sollten, vor allem um die Durchsetzung ihrer Machtfrage“ kümmerten, ist für den Parlamentarischen Geschäftsführer der SPD-Fraktion inakzeptabel. Die Klärung der Kanzlerkandidatur hätte die Union „schon längst“ erledigen können. Das geschehe nun „sehr verspätet“ und „mitten in einer schwierigen Zeit“ der Corona-Pandemie.
Durch Union „wertvolle Monate verloren“
Bereits Ende letzten Jahres habe man dieses Verhalten in der Union erleben müssen, „als sich Jens Spahn auch mehr um seine eigene Karrierechance gekümmert und die Impfkampagne verstolpert hat“. Dadurch habe das Land „wertvolle Monate verloren“. Carsten Schneider erwartet jetzt, dass in der Union die Führungsfrage rasch geklärt werde und man in der Koalition wieder „zu einem gemeinsamen Handeln kommen“ könne.