SPD besteht auf Lieferkettengesetz: Menschenrechte sind nicht verhandelbar
imago stock&people
Für die SPD ist das Thema Menschenrechte Kernthema ihrer Identität – seit der Gründung im Jahr 1863. Entsprechend groß ist bis heute seine Bedeutung im politischen Handeln der Sozialdemokratie. Das zeigt auch der Koalitionsvertrag der SPD mit den Unionsparteien vom März 2018. „Die Menschenrechte sind universell und unteilbar“, heißt es hier einleitend. Und damit dies auch wirklich umgesetzt wird, wurde im Vertrag „eine konsequente Umsetzung des Nationalen Aktionsplans Wirtschaft und Menschenrechte (NAP) ein, einschließlich des öffentlichen Beschaffungswesens“ vereinbart.
Der Koalitionsvertrag ist eindeutig
Die vielfältigen Widerstände der Wirtschaftsverbände dagegen waren bereits damals bekannt. Damit sie keinen Erfolg haben, sorgte die SPD für eine klare Verabredung im Koalitionsvertrag. Dort heißt es: „Falls die wirksame und umfassende Überprüfung des NAP 2020 zu dem Ergebnis kommt, dass die freiwillige Selbstverpflichtung der Unternehmen nicht ausreicht, werden wir national gesetzlich tätig und uns für eine EU-weite Regelung einsetzen.“
Genau so wird es jetzt kommen. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) kündigte am Dienstag ein entsprechendes Lieferkettengesetz an. Damit sollen Unternehmen ab 500 Mitarbeiter*innen künftig gesetzlich verpflichtet werden, für die Einhaltung von Menschenrechten und sozialen Mindeststandards in ihren Wertschöpfungsketten zu sorgen.
Bärbel Kofler: Menschenrechte sind kein Luxus
Die SPD-Bundestagsabgeordnete Bärbel Kofler, die auch Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung ist, begrüßt diesen Schritt. Die in zwei Befragungen erwiesene mangelnde Freiwilligkeit der Unternehmen, in ihren Lieferketten auf die Menschenrechte zu achten, zeige, „dass nur mit einem Sorgfaltspflichtengesetz Menschenrechte und faire Arbeitsbedingungen in der gesamten Kette gewährleistet werden können“.
Kofler kritisiert, dass „die meisten Unternehmen in Deutschland ihre menschenrechtliche Sorgfaltspflicht“ nicht ausreichend erfüllen und stellt klar: „Menschenrechte sind kein Luxus und nicht verhandelbar.“ Deshalb sei es richtig und nötig, dass künftig ein Gesetz Unternehmen in Deutschland verpflichte, „ihrer Verantwortung in der gesamten Produktions- und Lieferkette besser als bisher gerecht zu werden“. Wichtig ist Kofler, dass die Firmen künftig prüfen müssen, ob sich ihre unternehmerischen Aktivitäten nachteilig auf Menschenrechte auswirken und dass sie dann angemessene Maßnahmen zur Prävention und Abhilfe ergreifen müssen. „Darüber hinaus sollten auch Unternehmen, die sich schon auf den Weg gemacht haben, ihrer Verantwortung in der Produktions- und Lieferkette besser als bisher gerecht zu werden, keinen Wettbewerbsnachteil haben, wenn sie Menschenrechte achten“, so Bärbel Kofler. „Die Zeit ist mehr als reif für ein Lieferkettengesetz.“
Svenja Schulze für Lieferkettengesetz
Bundesumweltministerin Svenja Schulze erklärte im Deutschlandfunk, dass es zur Qualität von Produkten gehöre, dass Menschenrechte und Umwelt nicht unter der Produktion litten. „Wenn man die restliche Qualität überprüfen kann, dann muss es doch auch möglich sein, das mit zu überprüfen“, fordert Schulze. Den Vorwurf, dass die Bundesregierung mit einem Lieferkettengesetz ihre Aufgabe, etwa Umweltstandards weltweit zu erhöhen, auf Unternehmen abwälze, weist sie zurück: „Wenn unsere Arbeit dadurch torpediert wird, dass Unternehmen weiterhin diese Produkte aus schlechten Bedingungen kaufen, dann macht dies das Geschäft nicht einfacher.“ Es sei „verrückt“, dass Deutschland versuche, international Standards einzufordern, die von den eigenen Unternehmen mit ihrem Kaufverhalten dann wieder unterlaufen würden.
Gabriele Heinrich und Katja Mast kritisieren Wirtschaftsverbände
Auch für die beiden stellvertretenden Vorsitzenden der SPD-Bundestagsfraktion Gabriela Heinrich und Katja Mast gibt es keine Alternative zu einem solchen Gesetz. „Arbeit hat ihren Wert – Ausbeutung gehört geächtet“, betonen beide. „Das ständige Unterbieten von Menschenrechtstandards in den Lieferketten einiger Unternehmen können wir nicht dulden.“
Heinrich und Mast weisen daraufhin, dass etliche deutsche Unternehmen das geplante Lieferkettengesetz unterstützten. Umso weniger Verständnis haben sie für die Ablehnung der großen Wirtschaftsverbände. „Die Klientel-Kritik einiger Verbände nützt wenig.“ Für die SPD-Bundestagsfraktion stellen sie klar: „Menschenrechte sind untrennbar mit guter Arbeit verbunden und nicht verhandelbar. Gute Arbeit macht keinen Halt an Landesgrenzen.“
Sascha Raabe: Meilenstein gegen Kinderarbeit
Der entwicklungspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion Sascha Raabe sieht im geplanten Lieferkettengesetz einen „Meilenstein gegen Ausbeutung und Kinderarbeit in Entwicklungsländern“. Er betont: „Kinder sollen zur Schule gehen und nicht auf Plantagen und in Bergwerken schuften müssen.“
Er unterstreicht, dass das Ganze Ergebnis jahrelanger sozialdemokratischer Bemühungen ist. „Auf Druck der SPD-Bundestagsfraktion haben wir in diesem Jahr bereits erfolgreich das nationale Durchführungsgesetz der EU-Verordnung für menschenrechtliche Sorgfaltspflichten für sogenannte Konfliktmineralien wie Gold, Wolfram, Zinn und Tantal im Bundestag beschlossen.“ Jetzt solle ein allgemeines Lieferkettengesetz Unternehmen zur Einhaltung von Menschen- und Arbeitnehmerrechten verpflichten – umfassend für alle Branchen.
Ausbeutung darf kein Wettbewerbsvorteil sein
Dass weltweit Millionen Menschen für Hungerlöhne und in sklavenähnlichen Arbeitsverhältnissen schuften müssen, kritisierte Raabe scharf. Über 152 Millionen Kinder würden in ausbeuterischer Arbeit missbraucht. Das Lieferkettengesetz könne deshalb einen wichtigen Beitrag leisten, das zu stoppen.
„Ausbeutung darf kein Wettbewerbsvorteil sein“, argumentiert Sascha Raabe. „Die SPD-Bundestagsfraktion will den ehrbaren Kaufmann schützen und den Ausbeutern das Handwerk legen.“ Wer Menschenrechtstandards einhalte, habe nichts zu befürchten. Er verspricht: „Wir werden dafür sorgen, dass der Koalitionsvertrag eingehalten wird und das Lieferkettengesetz kommt!“