Söder und der bayerische Wohnungsskandal
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Für Natascha Kohnen, die SPD-Spitzenkandidatin in Bayern, ist die Sache klar: „Herr Söder hat gelogen und die Mieterinnen und Mieter verkauft.“ Tatsächlich deutet viel darauf hin, dass die SPD-Politikerin recht hat.
Der Verkauf der Gemeinnützigen Bayerischen Wohnungsgesellschaft GBW an eine Investorengruppe liegt schon einige Jahre zurück. Damals gehörte die GBW-Gruppe zur Bayerischen Landesbank (BayernLB), die mehrheitlich im Besitz des Landes Bayern ist. Die BayernLB geriet 2008 während der Finanzmarktkrise in eine schwere Schieflage und musste massiv vom Land gestützt werden. Diese Subvention erlaubte die EU unter Auflagen. Daraufhin verkaufte BayernLB die GWB-Gruppe mit 33.000 Wohnungen 2013 nach heftigen öffentlichen Auseinandersetzungen für rund 2,5 Milliarden Euro an eine private Investorengruppe.
Schwieriger Wohnungsmarkt
Damals wie heute stellt sich die Frage: Hätte der Freistaat die Wohnungen kaufen können? Auf jeden Fall hätten auf diese Weise die 80.000 betroffenen Mieterinnen und Mieter vor Mieterhöhungen, teuren Sanierungen und Wohnungsverkäufen geschützt werden können. Laut dem damaligen bayerischen Finanzminister Söder und der CSU war das aber nicht möglich. Söder sagte im Januar 2012 öffentlich: „Die EU-Kommission verbietet, dass der Freistaat die Wohnungen kauft.“ Stattdessen bemühte sich der CSU-Mann um Sozialauflagen, die die Mieter schützen sollten. Sie wurden durchgesetzt, funktionieren aber nicht besonders gut, denn seit dem Verkauf wurden zahlreiche Beschwerden über drastische Mieterhöhungen bekannt.
Prekär ist für Söder jedoch, dass inzwischen ein Aktenvermerk aus dem bayerischen Finanzministerium aufgetaucht ist, aus dem die „Süddeutsche Zeitung“ zitiert: „Ein ausdrückliches Verbot des Anteilserwerbs durch den Freistaat hat die EU-Kommission nicht ausgesprochen.“ Das Schriftstück datiert vom 31. Januar 2012. Zudem wurde ein Schreiben des damaligen EU-Wettbewerbskommissars Joaquín Almunia bekannt. Am 13. Dezember 2013 schrieb er dem damaligen Ministerpräsidenten Horst Seehofer, dass die EU dem Freistaat Bayern nicht grundsätzlich untersagt habe, die Wohnungen zu kaufen. Man habe lediglich darauf hingewiesen, dass es kein „überhöhtes Angebot seitens der öffentlichen Hand“ geben dürfe.
Mieten als Wahlkampfthema
Söders Aussage steht im Gegensatz zu diesen Schriftstücken. Hatte der Freistaat also doch die Möglichkeit, die GWB-Gruppe zu kaufen? Genau damit beschäftigt sich seit kurzem der GWB-Untersuchungsausschuss im Landtag, den die SPD mit den anderen Oppositionsparteien durchgesetzt hat. Mit Spannung wird nun die Aussage von Söder im Untersuchungsausschuss am kommenden Freitag erwartet.
Zu Söders abweichender Darstellung sagt Natascha Kohnen: „Seine Behauptung, der Freistaat hätte die 33.000 GBW-Wohnungen nicht übernehmen können, ist nun schwarz auf weiß widerlegt.“ Weiter betont die SPD-Politikerin, dass die Bayerische Staatsregierung bereits 2013 die Möglichkeit gehabt habe, die Wohnungen zu kaufen und den Grundstock für eine starke Bayerische Wohnungsgesellschaft zu schaffen. „Markus Söder hat als Finanzminister die Weiche falsch gestellt und Wohnungen verscherbelt“, so Kohnen weiter.
Schlimmer sei jedoch, dass „Herr Söder, der sich gern auf christliche Gebote stützt, gegen das achte Gebot verstoßen hat: Du sollst nicht lügen.“ Und: „Wer einmal lügt, dem glaubt man nicht.“
Pikant wird der Fall, weil der amtierende Ministerpräsident Söder plötzlich sein Herz für Mieter entdeckt und mit viel Wahlkampfgetöse die Errichtung einer staatlichen Wohnungsbaugesellschaft angekündigt hat. Sie soll bis 2025 10.000 neue Wohnungen bauen.
Kohnen: „Bei der Wahl am 14. Oktober geht es um den Zusammenhalt in Bayern: Ob wir unsere Stärke und unseren Wohlstand in unserem Land nutzen, um mehr Zusammenhalt zu schaffen. Ob wir alle daran teilhaben lassen, die hier leben. Oder ob Menschen gegeneinander ausgespielt werden und die Schwächeren zurückbleiben. Mehr Zusammenhalt heißt für uns auch: bezahlbaren Wohnraum schaffen. Das ist die wichtigste soziale Frage in Bayern.“