So wollen die Ministerpräsident*innen die vierte Welle flach halten
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Lange hatte die Runde pausiert, nun kam sie wieder zusammen: Die Ministerpräsident*innen haben sich am Dienstag wieder mit der Bundesregierung zur Corona-Situation beraten. Die Sitzung war auf Drängen einiger Ministerpräsident*innen vorgezogen worden, um Maßnahmen gegen die vierte Welle zu beschließen, von der das Robert-Koch-Institut bereits seit einigen Wochen spricht. „Es war gut, dass wir uns heute getroffen haben und nicht erst Ende August“, sagte so auch Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD), der für ein früheres Treffen geworben hatte.
Geimpft, genesen, gegen Geld getestet
Einer der wichtigsten Beschlüsse: Die Zeit der kostenlosen Schnelltests für alle läuft aus. Ab dem 11. Oktober sollen die Antigen-Schnelltests Geld kosten. Nur für Menschen, die aus bestimmten Gründen nicht geimpft werden können oder bei denen die Impfung keine Wirkung zeigt, sollen die Bürgertests kostenfrei bleiben. „Wer das Angebot nicht annimmt“, so Müller, „der kann nicht dauerhaft annehmen, dass die Solidargemeinschaft diese Kosten übernimmt.“
Damit sollen auch diejenigen überzeugt werden, die bisher auf eine Impfung verzichtet haben. „Die Gruppe der Ungeimpften ist zu groß, da gibt es nichts drumrum zu reden“, so Müller, der auch Vorsitzender der Ministerpräsident*innenkonferenz ist, dazu am Dienstagabend. Um die aktuellen Freiheiten zu erhalten, sei Impfen nach wie vor das Gebot der Stunde.
Tests werden zur Pflicht
Wer keinen negativen Schnelltest oder Impfnachweis vorlegen kann, wird hingegen ab dem 23. August auf Veranstaltungen in Innenräumen verzichten müssen. Das gilt nach dem Beschluss für Sportveranstaltungen in Innenräumen ebenso wie für Konzerte, Gastronomie in Innenräumen und körpernahe Dienstleistungen wie den Friseurbesuch. Auch für den Besuch in Pflegeeinrichtungen und Krankenhäusern werden die Tests oder der Impfnachweis grundsätzlich zur Pflicht.
Allerdings können die Bundesländer von der Regelung abweichen, sofern das Infektionsgeschehen in den jeweiligen Ländern und Landkreisen niedrig ist – dem Beschluss nach liegt die Grenze bei einer Inzidenz von 35. Genauso könnten private Veranstalter*innen aber auch den Zugang zu Veranstaltungen stärker einschränken, ließ Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) durchblicken – also mit einem Zugang nur für Geimpfte und Genesene.
Derzeit liegt die 7-Tage-Inzidenz bundesweit bereits über 20, in eingen Landkreisen oder der Stadt Berlin schon bei über 30. Es gehe jetzt darum, betonten Merkel, Müller und Söder im Anschluss an die Konferenz, das weitere Geschehen zu beobachten und aktuelle Freiheiten zu erhalten. „Es gibt keinen Grund, traurig in die Gegend zu gucken“, betonte Müller allerdings auch: „Wir haben viel erreicht.“ Dass viele Todesfälle verhindert werden konnten, jetzt Großveranstaltungen – unter Auflagen – wieder stattfinden könnten, „das ist ein riesen Erfolg!“ Es gehe jetzt darum, „jenseits von Absagen und Einschränkungen“ diese Erfolge zu sichern.
Keine deutschlandweite Corona-Ampel
Nicht durchsetzen konnte sich offenbar der Vorschlag, eine bundesweite „Corona-Ampel“ einzuführen, wie es beispielsweise Manuela Schwesig (SPD) im „vorwärts“ vorgeschlagen hatte. Die Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern setzt in ihrem Bundesland auf eine Ampel, die neben der Inzidenz noch weitere Faktoren wie die Impfquote und die Krankenhaus-Auslastung berücksichtigt. Ähnlich geht auch die Stadt Berlin vor. Bundeskanzlerin Angela Merkel erklärte auf Nachfrage allerdings, dass die Situation derzeit genauer beobachtet werden müsse und vieles von der Impfquote abhänge.
Die Infektionszahlen in Deutschland liegen aktuell bereits deutlich höher als im August 2020 – sehr wahrscheinlich ein Effekt der Delta-Variante des Corona-Virus, die ansteckender als die Varianten ist, die im vorigen Jahr grassierten. Gleichwohl liegt die Auslastung der Krankenhäuser derzeit noch niedriger als im Vorjahr – es stecken sich also womöglich mehr Menschen an, es gibt aber derzeit noch wenige schwere Verläufe. Ein Erfolg, der auch auf die Impfung zurückzuführen ist, die zwar nicht vollständig vor einer Infektion, wohl aber vor einer schweren Erkrankung mit Covid-19 schützt.
Beschlüsse werden verlängert
Verlängert werden sollen einerseits die Überbrückungshilfen, beispielsweise für das Kurzarbeitergeld, aber auch die Arbeitsschutzverordnungen, die Hygienekonzepte und Testangebote am Arbeitsplatz vorschreiben. Ebenso soll die „Epidemische Notlage von nationaler Tragweite“ um weitere Monate verlängert werden, um weiterhin kurzfristig auf Veränderungen der Corona-Situation reagieren zu können. Dies muss allerdings der Bundestag beschließen.