So will die SPD Deutschland aus der Wirtschafts- und Finanzkrise führen
imago images/Emmanuele Contini
Dass die Corona-Krise zu einer starken Rezession führen würde, war erwartet worden. Nun liegen konkrete Zahlen auf dem Tisch: Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) schrumpfte gegenüber dem Vorquartal um 2,2 Prozent, teilte das Statistische Bundesamt am Freitag in Berlin mit. Zugleich werden die Steuereinnahmen dieses Jahr um rund 100 Milliarden Euro geringer ausfallen als noch im Herbst 2019 erwartet, so die Bundesregierung am Donnerstag.
Walter-Borjans: Nicht in die Krise hineinsparen
SPD-Chef Norbert Walter-Borjans plädiert in dieser Situation für zusätzliche Kredite des Staates. Das erlaube die Schuldenbremse in einer solchen Rezession ausdrücklich. „Das Schlimmste wäre jetzt, in die Krise hinein zu sparen. Der Staat darf ihr aber auch anschließend nicht hinterhersparen und seine Leistungen kürzen oder auf dringend nötige Investitionen verzichten“, sagte Walter-Borjans in der „Passauer Neuen Presse“. Denn sonst werde „die Krise eines Jahres zu einer Krise für eine ganze Generation“.
Für die riesigen Notkredite fordert der SPD-Chef einen Tilgungsplan. Dafür dürfe man aber „nicht auf Zukunftsinvestitionen und all die Sozialleistungen verzichten, die uns gerade besser durch die Krise bringen“, so Walter-Borjans. Stattdessen müssten Steuerschlupflöcher geschlossen werden. Nach der Krise müsse der Staat „einen höheren Beitrag von Top-Einkommen und -Vermögen“ verlangen. Walter-Borjans warnt vor denjenigen, die außer nach Sozialabbau am lautesten nach Aufgabe der schwarzen Null rufen werden, die „die auch in Zukunft mit Riesengewinnen lieber am Fiskus vorbeikommen“.
An höheren Steuern führt kein Weg vorbei
Für den SPD-Vorsitzenden sind höhere Steuern und Abgaben unausweichlich. „Wenn wir die Kreditaufnahmen für die Hilfen in der Corona-Krise in Grenzen halten wollen, muss es zumindest in einigen Bereichen höhere Einnahmen aus Steuern und Abgaben geben. An dieser Logik führt kein Weg vorbei. Alles andere geht nach Adam Riese nicht.“ Zur Absage der Bundeskanzlerin an Steuererhöhungen und eine Vermögensabgabe, sagt Walter-Borjans: „Die Kanzlerin hat erklärt, dass dies ,Stand heute‘ sei. Das kann ich unterschreiben.“
Auch für Bundesfinanzminister Olaf Scholz ist der Staat „langfristig schon darauf angewiesen, dass wir unsere Ausgaben durch Einnahmen finanzieren können, die über Steuern kommen. Aber wir wissen, dass es in einer Krise wichtig ist, gegenzuhalten“.
Olaf Scholz: Wirtschaftswachstum erhöht Steuereinnahmen
Wie der SPD-Chef zeigt sich der Finanzminister im „heute-journal“ des ZDF überzeugt: „Man kann nicht gegen eine Krise ansparen.“ Es müsse nun darum gehen, die Wirtschaft schnell wieder ans Laufen zu bekommen. „Dann können wir auch wieder mit steigenden Einnahmen rechnen und auf Dauer unseren Haushalt finanzieren.“
Scholz betont, durch die solide Haushaltspolitik der letzten Jahre, sei es gelungen, die Staatsverschuldung auf unter 60 Prozent der Wirtschaftsleistung zu senken. „Deshalb können wir jetzt – wie bei der letzten Finanzkrise 2008/2009 – akzeptieren, dass sie wieder steigt. Damals waren es über 80 Prozent. Wir rechnen jetzt damit, dass es mindestens 75 Prozent werden.“
Für die SPD ist Gerechtigkeit entscheidend
Eine mögliche Vermögensabgabe werde „im Anschluss an die Krise sicherlich eine notwendige Debatte sein“. Für den Vizekanzler ist dabei „Gerechtigkeit eine wichtige Frage“. Die SPD habe in ihrem letzten Wahlprogramm festgehalten, „dass niedrige Einkommen entlastet werden und diejenigen, die sehr, sehr, sehr viel Geld verdienen, einen höheren Beitrag leisten müssen“. Das bleibe in dieser Zeit richtig. „Und wenn wir jetzt sehen, mit wie vielen Milliarden wir dazu beitragen, dass Unternehmen gerettet werden, glaube ich, entsteht auch eine Stimmung, in der das alle richtig finden.“
Für einen Lastenausgleich, um die Staatsfinanzen wieder zu konsolidieren, plädiert Rolf Mützenich, der Vorsitzende der SPD-Fraktion im Deutschen Bundestag. Einen solchen Ausgleich gab es nach dem Zweiten Weltkrieg. Zur Linderung der Kriegsfolgen wurden im Zuge des Wirtschaftswunders 1952 alle Vermögen über 5000 D-Mark mit einer Abgabe von 50 Prozent belastet.
Mützenich: Lastenausgleich als Zeichen der Solidarität
„Die Solidarität der ganzen Gesellschaft wird auch jetzt erforderlich sein“, so Mützenich gegenüber den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Er sei „sehr für einen Lastenausgleich, um die Folgen der Coronakrise zu überwinden.“ Konkrete Zahlen nannte der SPD-Fraktionschef zunächst nicht: „Wir brauchen ein kluges Modell für die jetzige Situation. Die Belastungen der Einzelnen, der Familien und der Vermögenden müssen unter dem Strich angemessen sein.“
Ein Lastenausgleich müsse so gestaltet sein, „dass Reiche ihren Beitrag einbringen, damit genügend Gerechtigkeit hergestellt“ werde. Der SPD-Fraktionschef erwartet, dass ein solcher Ausgleich politisch durchsetzbar ist. „Die Erfahrung der Pandemie macht die Gesellschaft gemeinsam – genau wie im vergangenen Jahrhundert die Erfahrung verheerender Kriege.“ Mützenich ist überzeugt, „dass der Lastenausgleich, wenn wir ihn gut ausbuchstabieren, Akzeptanz finden wird“.