Inland

So sollen die Betriebsrenten für Niedrigverdiener gestärkt werden

Die betriebliche Altervorsorge gilt als wichtiger Zusatz zur gesetzlichen Rente. Doch gerade Niedrigverdiener und Beschäftigte in kleinen Unternehmen haben hier das Nachsehen. Ein neues Gesetz soll das ändern.
von Vera Rosigkeit · 30. Mai 2017
Die betriebliche Altersvorsorge gilt als wichtige Ergänzung zur gesetzlichen Rente
Die betriebliche Altersvorsorge gilt als wichtige Ergänzung zur gesetzlichen Rente

Man nennt sie die zweite Säule der Alterssicherung. Neben der gesetzlichen Rentenversicherung (erste Säule) und der privaten Vorsorge (dritte Säule) hat der Bundestag am Donnerstag einen von Bundesarbeits- und Sozialministerin Andrea Nahles vorgelegten Gesetzentwurf zur Stärkung der betrieblichen Rente beschlossen.

Niedrigverdiener profitieren

Kern dieses „Betriebsrentenstärkungsgesetzes“ ist das sogenannte Sozialpartnermodell. Ziel ist es, dass künftig mehr Beschäftigte von einer betrieblichen Altersvorsorge profitieren.   „Mit dem Sozialpartnermodell machen wir die Betriebsrente besonders für Niedrigverdiener und kleinere und mittlere Unternehmen wieder attraktiv“, erklärte Ministerin Nahles auf einer Pressekonferenz in Berlin.

Das Modell sieht vor, dass künftig die Sozialpartner (Gewerkschaften und Arbeitgeber) Betriebsrenten ohne Haftung für einen Garantiezins der Arbeitgeber vereinbaren können. Allerdings müssen sich Arbeitgeber künftig im Gegenzug für die Enthaftung an der Sicherung der Betriebsrente zu einem Zuschuss verpflichten. Bisher nämlich sparen sie Sozialversicherungsbeiträge dann ein, wenn Arbeitnehmer im Rahmen einer Entgeltumwandlung einen Teil ihres Lohns als Beitrag für eine Betriebsrente einsetzen. Diese Ersparnisse müssen sie ab 2019 (bei neuen Vereinbarungen) und ab 2022 (für bereits beschlossene) zu 15 Prozent des umgewandelten Gehalts der Beschäftigten in dessen Altersvorsorge einzahlen.

Zudem erhalten Arbeitgeber staatliche Zuschüsse, wenn sie Beschäftigten bis zu einem Bruttoeinkommen von 2200 Euro pro Monat mit mindestens 240 Euro pro Jahr zusätzlich fördern. „Wir haben einen Deal gemacht, die allen Seiten nutzt“, betonte Nahles und fügte hinzu: „Wir haben einerseits die Haftungen für die Arbeitgeber herausgenommen, erwarten andererseits aber auch, dass sie das, was sie an Sozialversicherungsabgaben einsparen, in den gemeinsamen Topf einfließen lassen.“

Anpassungstarifvertrag möglich

Obwohl das Sozialpartnermodell nur auf Basis von Tarifverträgen möglich ist, können kleinere Betriebe einem „solchen Modell beitreten und einen Anpassungstarifvertrag machen, der nicht alles umfasst, aber genau diesen Punkt“, so Nahles. Werden die Betriebsrenten von den Tarifparteien für eine gesamte Branche vereinbart, gelten sie auch für alle Arbeitnehmer dieser Branche, wenn diese nicht ausdrücklich widersprechen.  

Damit sich zusätzliche Altervorsorge lohnt, soll künftig auch die Anrechnung auf die Grundsicherung neu geregelt werden. Personen, die in eine Betriebsrente einzahlen, können künftig mit einem Freibetrag rechnen, wenn sie im Alter auf die staatliche Grundsicherung angewiesen sein sollten. Darüber hinaus soll der staatliche Zuschuss zur privaten Altersvorsorge bei einem Riester-Vertrag von derzeit 154 Euro auf 175 Euro steigen.

Angleichung der Renten in Ost und West

Der Bundestag hat am Donnerstag zudem abschließend den Entwurf eines „Rentenüberleitungs-Abschlussgesetzes", also die Angleichung der Renten in Ost und West beschlossen. Am 1. Juli 2018 soll der erste Schritt vorgenommen werden. Dabei wird der aktuelle Rentenwert (Ost) unabhängig von der Lohnentwicklung in Ostdeutschland auf  95,8 Prozent des Westwerts angehoben. Die weiteren Angleichungsschritte folgen mit je 0,7 Prozentpunkten zum 1. Juli in den Jahren 2019 bis 2024. Dann werden 100 Prozent des Westwerts erreicht sein.

Beschlossen wurde zudem die Verbesserung der Leistungen bei Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit (EM-Leistungsverbesserungsgesetz). Mit diesem Gesetz wird die Zurechnungszeit für zukünftige Erwerbsminderungsrentner um drei Jahre von 62 auf 65 Jahre verlängert. Das bedeutet für Erwerbsgeminderte, dass sie ab 2024 so gestellt sind, als ob sie drei Jahre länger als bisher weitergearbeitet hätten.

Autor*in
Avatar
Vera Rosigkeit

hat Politikwissenschaft und Philosophie in Berlin studiert und ist Redakteurin beim vorwärts.

0 Kommentare
Noch keine Kommentare