So reagiert die SPD auf die Kanzlerkandidatur von Baerbock
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Es ist eine Premiere: Zum ersten Mal in der Geschichte der Bundesrepublik treten nicht nur SPD und Union mit einem Kanzlerkandidaten an, sondern auch eine dritte Partei – die Grünen mit ihrer Bundesvorsitzenden Annalena Baerbock. Eine Überraschung war diese Entscheidung aber nur noch bedingt. Seit Wochen mehrten sich aus der grünen Partei die Stimmen, die ihren Namen als den der grünen Spitzenkandidatin nannten.
Die 1980 in Hannover geborene Baerbock ist Völkerrechtlerin. Seit 2018 ist sie gemeinsam mit Robert Habeck Bundesvorsitzende der Grünen, Mitglied des Deutschen Bundestages ist Baerbock seit 2013. Über Regierungserfahrung verfügt sie hingegen nicht, weder auf Bundes- noch auf Landesebene. Das wird innerhalb der Grünen als nicht unproblematisch bewertet für einen Bundestagswahlkampf mitten in der Corona-Pandemie und einer massiven Wirtschaftskrise.
Glückwünsche der beiden SPD-Vorsitzenden
Unmittelbar nach der Nominierung gratulieren am Montag zahlreiche prominente Sozialdemokrat*innen. Die SPD-Parteivorsitzenden Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans betonen gegenüber dem „vorwärts“: „Die einvernehmliche Entscheidung in dieser wichtigen Personalfrage - die die SPD mit Olaf Scholz bereits im August getroffen hat - ist in diesen Zeiten keine Selbstverständlichkeit. Das führen die CDU und CSU mit ihrer unwürdigen Schlammschlacht in abschreckender Weise öffentlich vor.“
Die SPD-Chefs freuen sich „auf konstruktive wie auch kontroverse Dialoge und Diskussionen mit der Spitzenkandidatin und ihrer Partei um die besten Lösungen“. In einem „fairen Wettbewerb“ müsse es nun darum gehen, „wer ein progressives Regierungsbündnis anführt“. Esken und Walter-Borjans zeigen sich „davon überzeugt, den Bürgerinnen und Bürgern mit Olaf den Kandidaten präsentieren zu können, der mit seiner Regierungserfahrung und der Führungsrolle bei den wichtigsten Entscheidungen besonders in dieser schwierigen Zeit gezeigt hat, dass auf ihn auch beim Aufbruch in die Zeit nach Corona der größte Verlass ist“. Deutschland müsse „nach der Krise durchstarten und darf nicht im ‚Weiter so‘ der Konservativen verharren oder soziale Gerechtigkeit einer Ellbogengesellschaft opfern, die am Ende wenige Gewinner und viele Verlierer hätte“.
Regierungserfahrung in Pandemie entscheidend
Esken und Walter-Borjans unterstreichen, dass „die Jahrhundert-Herausforderung der Pandemie nur mit solider Erfahrung in der Regierung, einer seriösen Politik und dem Zusammenhalt der Gesellschaft“ zu bewältigen sei. „Unser Kanzlerkandidat Olaf Scholz stellt im Regierungsgeschäft jeden Tag unter Beweis, dass er dafür die besten Voraussetzungen mitbringt.“
Nötig dazu sei das Vertrauen der Bürger*innen. „Es darf nicht im Kleinkrieg um egozentrische Karriereziele bei CDU und CSU untergehen“, waren die SPD-Vorsitzenden. „Wir erwarten jetzt, dass CDU und CSU auch das letzte Parteibündnis endlich ihre interne Schlammschlacht beendet und sich wieder unserer gemeinsamen Verantwortung bei den Regierungsaufgaben zuwendet“, Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans gegenüber dem „vorwärts“.
Olaf Scholz: „Freue mich auf fairen Wettbewerb“
Auch SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz gratuliert per Twitter seiner neuen Mitbewerberin Baerbock zur Nominierung. „Ich freue mich auf einen spannenden und fairen Wettstreit um das beste Konzept für die Zukunft unseres Landes“, so der Vizekanzler und Bundesfinanzminister.
SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil setzt ebenfalls „auf einen fairen Wettbewerb mit den Grünen um die besten Ideen für die Zukunft“. Er betont: „Das Rennen ist offen, wir haben Bock, Olaf Scholz ist bereit.“
Neben Glückwünschen gab es aber auch kritische Äußerungen aus der SPD. „Die einen machen Show“, so die Bundestagsabgeordnete Daniela Kolbe mit Blick auf die Grünen. „Die anderen machen Drama“, in Anspielung auf den Machtkampf in CDU und CSU. Ihr Fraktionskollege Andreas Schwarz verbindet seinen Glückwünsch an Baerbock mit einem Hinweis an die Union: Hinsichtlich der Nominierung könne ja die CDU/CSU etwas lernen von den Grünen.
Serpil Midyatli: Zeit für eine Regierung ohne die Union
Die bayerische SPD-Vorsitzende Natascha Kohnen lobt via Twitter, dass die Grünen ihre K-Frage „wie auch die SPD sehr geschlossen und geräuschlos“ geklärt hätten. „Jetzt muss Bekämpfung der Pandemie und nicht Binnenwahlkampf Priorität haben“, so Kohnen. „Hoffe, das begreift auch die Union.“ Die schleswig-holsteinische SPD-Chefin Serpil Midyatli kritisierte hingegen auf Twitter die Union, dass der „unwürdige Streit bei CDU und CSU“ weitergehe. „Das beweist: Es ist Zeit für eine Regierung ohne Union!“, so Midyatli.