Inland

So reagiert die SPD auf den russischen Einmarsch in die Ukraine

Die SPD verurteilt den Einmarsch russischer Truppen in die Ukraine. Kanzler Scholz stoppt die Zertifizierung von „Nord Stream 2“ und spricht wie Parteichef Klingbeil von einem Völkerrechtsbruch. Andere kritisieren Putins „Geschichtsrevisionismus“.
von Benedikt Dittrich · 22. Februar 2022
Demonstration vor der russischen Botschaft in Berlin am Nachmittag des 22. Februar: Die SPD verurteilt den Bruch des Völkerrechts durch Wladimir Putin.
Demonstration vor der russischen Botschaft in Berlin am Nachmittag des 22. Februar: Die SPD verurteilt den Bruch des Völkerrechts durch Wladimir Putin.

Olaf Scholz verurteilt am Dienstagmittag den Einmarsch russischer Truppen in die Ukraine scharf. „Es droht ein Krieg im Osten Europas“, so der SPD-Bundeskanzler mit Blick auf die Eskalation der Situation am Montagabend, „und es ist unsere Aufgabe, eine solche Katastrophe abzuwenden“. Die Anerkennung der von Separatist*innen besetzten Gebiete Lugansk und Donezk ist für den Sozialdemokraten ein Bruch mit den Grundprinzipien der Vereinten Nationen und der in der Charta verankerten Grundrechte. „Solche Handlungen werden nicht ohne Konsequenzen bleiben“, machte Scholz weiterhin klar und verkündete bereits die erste Sanktion: Die Ostsee-Pipeline „Nord Stream 2“ wird nicht in Betrieb gehen, die Zertifizierung der fertiggestellten Gasleitung wird ausgesetzt.

Lambrecht: Unsere Partner können sich auf uns verlassen

Gleichwohl lobte der Bundeskanzler den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj für seine bisherigen Reaktionen. Er hoffe darauf, dass sich die Ukraine nicht provozieren lasse und keinen Vorwand liefere, dass Russland die ganze Ukraine besetze. „Russland hat keinerlei Rückhalt in der Welt für sein Vorgehen“, sagte er mit Blick auf die Sitzung im UN-Sicherheitsrat am Montag. Das Vorgehen Putins breche mit allen völkerrechtlichen Vereinbarungen, auf denen die internationale Nachkriegsordnung basiere.

Eine Nachkriegsordnung, die nicht auf Militärgewalt basiert, wie Verteidigungsministerin Christine Lambrecht in Litauen erinnerte: „Es ist undenkbar zu akzeptieren, dass in Europa erneut Grenzen mit Militärgewalt verschoben werden.“ Die Sozialdemokratin war am Dienstag zu Gast bei den auf dem Balkan stationierten Nato-Truppen zu Gast. Auch ein symbolischer Akt, mit dem Lambrecht auch an die Bündnistreue Deutschlands erinnerte. „Unsere Partner können sich auf unsere Truppen verlasen“, so ihre Botschaft aus Litauen.

Klingbeil: „Massiver Völkerrechtsbruch“

Auch der SPD-Parteivorsitzende Lars Klingbeil bezeichnete am Dienstag den Einmarsch russischer Truppen in die Ostukraine als „massiven Völkerrechtsbruch“ und eine „einseitige Agression“ von Russlands Präsident Wladimir Putin. Er bedauerte, dass es nicht zu einer diplomatischen Lösung des Konfliktes gekommen sei. „Diese ausgestreckte Hand wurde weggeschlagen“, beschrieb er die Reaktion Putins auf die diplomatischen Bemühungen der vergangenen Wochen. Trotzdem, so Klingbeil weiter, sei es richtig gewesen, „dass wir den diplomatischen Weg gesucht haben“. Deswegen danke er auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) für seinen unermüdlichen Einsatz für eine diplomatische Lösung.

Auf diese hofft auch weiterhin Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig. „Wir hoffen, dass es gelingt, eine diplomatische Lösung zu finden. Das heißt, ohne Einsatz von jeglichen Waffen“, schrieb Schwesig auf ihrer Facebook-Seite. Die Entscheidung, Nordstream 2 bis auf Weiteres zu stoppen, unterstütze ihre Landesregierung. Sie habe zudem die mit dem Pipeline-Projekt verbundene Klima- und Umweltstiftung „gebeten, ihre Arbeit ruhen zu lassen“. Die Gaspipeline aus Russland landet in Lubmin an der vorpommerschen Ostseeküste an.

Mützenich: Russland sollte Westen nicht unterschätzen

Aus dem Bundestag heraus bezeichnete SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich die Anerkennung der Separatistengebiete als „erneuten Völkerrbruch“ Russlands. „Putin sollte die Entschlossenheit des Westens nicht unterschätzen“, warnte er, hielt aber gleichermaßen den diplomatischen Weg offen um einen Krieg zu verhindern. Der SPD-Politiker plädierte für einen von der OSZE oder den Vereinten Nationen überwachten Waffenstillstand in der Ostukraine.

Andere SPD-Politiker*innen äußerten sich ähnlich zu der Eskalation in Osteuropa. Michael Roth kündigte an, als Vorsitzender eine Sondersitzung des Auswärtigen Ausschuss einzuberufen. Die Rede Putins bezeichnete er als „schlimmen Geschichtsrevisionismus“, die Konsequenzen als „bitter“. „Das ist ein schwerer Einschnitt für Europa“, twitterte er am Montagabend, und in einer weiteren Nachricht: „Putin bricht mit den Prinzipien des Völkerrechts.“ Die erneute Verletzung der territorialen Integrität der Ukraine müsse sanktioniert werden.

Russlands Präsident Wladimir Putin hatte am Montagabend die von Separatist*innen teilweise besetzten Regionen Luhansk und Donezk in der Ukraine als unabhängig anerkannt. In einer einstündigen, aufgezeichneten Rede hatte er außerdem der Ukraine insgesamt die staatliche Souveränität abgesprochen. Medienberichten zufolge hatten daraufhin russische Soldaten mit Panzer und weiterem militärischem Gerät die Landesgrenze zur Ukraine übertreten – nach Aussage des Kreml zur Sicherung des Friedens.

Lugansk und Donezk: Neue unklare Grenzen

Die Nachrichtenlage ist allerdings unklar, ebenso wie die Frage, in welchen Grenzen Russland die Seperatist*innengebiete anerkennt. Klar scheint damit allerdings, dass das Minsker Abkommen, in dem unter anderem der heutige Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier vermittelt hatte, hinfällig ist. Das Abkommen war 2014 nach Vermittlung der EU zwischen Russland, der Ukraine sowie den Seperatist*innen-Führer*innen geschlossen worden, um den Konflikt zu deeskalieren und den Frieden in der Region zu sichern.

Die Europäische Union reagierte mit einer umfangreichen Liste an Sanktionen, mit dem Ziel den russischen Handlungen die finanzielle Grundlage zu entziehen. Demnach soll der Handel mit russischen Staatsanleihen verboten werden, außerdem sollen hunderte Personen und Unternehmen auf einer Sanktionsliste landen, was den Handel mit diesen erschweren und verhindern soll.

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