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So bekämpft Nahles-Gesetz Lohndrückerei bei Leiharbeit und Werkverträgen

Lohndrückerei und Zwei-Klassen-Gesellschaft in den Betrieben – damit soll jetzt Schluss sein. Am Dienstagabend einigte sich die Koalition auf das Nahles-Gesetz zur Bekämpfung des Missbrauchs bei Leiharbeit und Werkverträgen.
von Vera Rosigkeit · 11. Mai 2016
Künftig soll es auch bei Leiharbeit gleichen Lohn für gleiche Arbeit geben.
Künftig soll es auch bei Leiharbeit gleichen Lohn für gleiche Arbeit geben.

Nach monatelangem Ringen scheint es geschafft: Am Dienstag einigten sich die Koalitionspartner aus Union und SPD auf den von Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles vorgelegten Gesetzentwurf zu Leiharbeit und Werkverträgen. In Zukunft werde es klare Regeln für Arbeitgeber und Arbeitnehmer geben, um den Missbrauch bei Leiharbeit und Werkverträgen zu bekämpfen, erklärte Ministerin Nahles am Dienstag im Anschluss an die Koalitionsrunde. „Damit schaffen wir zum ersten Mal in der Geschichte überhaupt Regelungen, die durch Transparenz den Missbrauch bei Werkverträgen eindämmen", fügte sie hinzu.

Gleicher Lohn für gleiche Arbeit

Künftig sollen Beschäftigte nach neun Monaten den gleichen Lohn wie Stammbeschäftigte erhalten. Nach spätestens 15 Monaten muss ein Arbeitsentgelt erreicht werden, das von den Tarifparteien der Zeitarbeitsbranche als gleichwertig mit dem Arbeitsentgelt der Stammbelegschaft erachtet wird. Die Höchstüberlassung soll auf 18 Monate begrenzt werden, wenn die Leiharbeiter weiterhin im selben Betrieb arbeiten sollen. Wenn nicht, müssen sie vom Entleiher aus diesem Betrieb abgezogen werden.

In beiden Fällen kann es Ausnahmen für tarifgebundene Unternehmen geben, wenn sie sich mit den Sozialpartnern einigen. Nicht tarifgebundene Unternehmen erhalten diese Möglichkeit nur eingeschränkt durch das Abschließen von Betriebsvereinbarungen. Auch wird es in Zukunft eine Informationspflicht für Arbeitgeber geben, denn sie müssen Betriebsräten erläutern, wo jemand eingesetzt wird und wofür. Darüber hinaus wird der Einsatz von Leiharbeitern als Streikbrecher verboten und die Vorratsverleiherlaubnis abgeschafft. Den Arbeitgebern wird künftig die Möglichkeit entzogen, Arbeitnehmer auf Werkvertragsbasis im laufenden Einsatz nachträglich zu Leiharbeitern zu machen.

Lohndrückerei beenden

Als großen Erfolg der SPD in der Koalition wertete Partei-Chef Sigmar Gabriel die Einigung bei Leiharbeit- und Werkverträgen: Die Ausuferung dieser Form der Arbeitnehmerausbeutung musste endlich beendet werden, sagte er. „Wir haben jetzt eine Situation, wo Werkverträge und Leiharbeit für das da sind, für das sie gedacht waren, nämlich um Auftragsspitzen abzufedern und nicht um gut bezahlte Arbeit schlecht zu bezahlen." SPD-Generalsekretärin Katarina Barley begrüßte die Reform, weil künftig Unternehmen die „notwendige Flexibilität behalten werden, um Auftragsspitzen zu bewältigen, dies aber nicht mehr auf Kosten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ginge".

Zustimmung zum Gesetzentwurf gegen Lohndumping kam auch von den Gewerkschaften. „Damit ist ein erster wichtiger Schritt getan, um diese Form von Lohndumping in den Betrieben und Verwaltungen zu bremsen“, sagte der DGB-Vorsitzende Reiner Hoffmann.  Der Missbrauch habe in zahlreichen Branchen seit Jahren zugenommen und zu einer Zwei-Klassen-Gesellschaft bei den Beschäftigten geführt, erklärte er. „Dagegen gibt es jetzt eine weitere Handhabe“, so Hoffmann.

IG Metall Chef Jörg Hofmann bezeichnete den Entschluss, den Entwurf endlich ins Kabinett und in das parlamentarische Verfahren einzubringen, als einen längst überfälligen Schritt: „Die Blockadehaltung der bayerischen Landesregierung und einiger Arbeitgeber war unnötig und hat wertvolle Zeit gekostet“, sagte er. Positiv sei vor allem die gestärkte Rolle der Tarifvertragsparteien im Bereich der Leiharbeit, so Hofmann.

DGB-Chef: Missbrauch noch nicht abgeschafft

Ausdrücklich lobte Hoffmann, dass sich Arbeitgeber und CSU mit ihren Forderungen nicht bei der Arbeitsministerin hätten durchsetzen können. Abgeschafft sei der Missbrauch damit aber noch nicht, warnte der DGB-Chef und forderte, keine weiteren Aufweichungen im Gesetzgebungsverfahren zuzulassen. Auch seien mit dem Gesetzentwurf seiner Meinung nach nicht alle notwendigen Schritte unternommen, um den Missbrauch endgültig zu verhindern. „So fehlen die Abgrenzungskriterien zwischen Arbeitnehmern und Solo-Selbstständigen, die es den Kontrollbehörden und den Betriebsräten ermöglicht hätten, zu unterscheiden, ob Missbrauch vorliegt“, sagte Hoffmann.

Das Gesetz, das seit November im Kanzleramt auf Eis lag, werde nun zügig ins Kabinett kommen, erklärte Andrea Nahles. In den vergangenen Monaten war es immer wieder von der Union blockiert worden.

Lesen Sie auch hierzu: Leiharbeit – SPD-Landespolitiker unterstützen Andrea Nahles

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Vera Rosigkeit

hat Politikwissenschaft und Philosophie in Berlin studiert und ist Redakteurin beim vorwärts.

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