Sigmar Gabriels großer Coup
Thomas Trutschel/photothek.net
Frank-Walter Steinmeier wird der nächste Bundespräsident der Bundesrepublik Deutschland werden. Die Unterstützung der Union ist ihm seit heute gewiss, die der SPD hat der Sozialdemokrat sowieso. Es wird bei der Wahl am 12. Februar zu keiner Kampfabstimmung innerhalb der großen Koalition kommen.
Gabriel hatte das richtige Timing
SPD-Chef Sigmar Gabriel ist damit ein großer Coup gelungen. Er hat frühzeitig, aber offenbar zum richtigen Zeitpunkt den Hut für Steinmeier öffentlich in den Ring geworfen. Das Ziel der Bundeskanzlerin war zu diesem Zeitpunkt schon kaum noch zu erreichen: einen gemeinsamen, überparteilichen Kandidaten der großen Koalition zu finden.
Gabriel wusste um Merkels Bredouille und er wusste, dass Steinmeier ein überaus geschätzter Politiker im In- und Ausland auch bis in die Unionsreihen hinein ist.
Steinmeier wird Orientierung geben
Frank-Walter Steinmeier wird – das konnte Gabriel zu dem Zeitpunkt der öffentlichen Benennung Steinmeiers vor drei Wochen noch nicht wissen – per Naturell ein absolutes Gegenmodell zu dem designierten amerikanischen Präsidenten Donald Trump sein. Als überzeugter Demokrat weiß Steinmeier Orientierung zu geben in Zeiten der Unsicherheit und der Umbrüche. In Zeiten, in denen es auch nicht ausgeschlossen ist, dass die nächste französische Präsidentschaft an Marine Le Pen vom rechtsradikalen Front National geht. Das hätte massive Folgen für Europa.
Steinmeier ist der richtige Mann zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Er ist ausgleichend und besonnen, aber hart in der Sache, wenn es darauf ankommt. Die Bürgerinnen und Bürger dieses Landes werden es danken, dass Joachim Gauck ein Bundespräsident nachfolgen wird, der genauso bürgernah ist, der geradlinig für eine soziale Demokratie einsteht und der sich wie wenige andere in den vergangenen Jahren für ein vereintes Europa und eine friedliches Miteinander in der Welt eingesetzt hat – sei es in der Ukraine-Krise, in den Auseinandersetzungen im Nahen und Mittleren Osten oder bei dem zunehmend schlechter werdenden Verhältnis zu Russland.
Zeichen gegen den Populismus in Europa
Sigmar Gabriel hat zur richtigen Zeit Mut bewiesen und ist bei seiner Linie geblieben. Das hätte auch schief gehen können, aber es hat funktioniert.
Er hat eine sehr gute Entscheidung getroffen und ein erkennbares Zeichen gegen den wachsenden Populismus in Europa gesetzt. Merkel und die Union sind gut beraten, diese Entscheidung mitzutragen.
ist Chefredakteurin des "vorwärts" und der DEMO – Das sozialdemokratische Magazin für Kommunalpolitik sowie Geschäftsführerin des Berliner vorwärts-Verlags.