Sieben Gründe, warum eine Erhöhung des Mindestlohns sinnvoll ist
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1. Der Mindestlohn in Deutschland ist eine Erfolgsgeschichte. Er soll auch eine bleiben.
Unter der damaligen Arbeitsministerin Andrea Nahles wurde in der vergangenen Legislaturperiode erstmals ein flächendeckender gesetzlicher Mindestlohn in Höhe von zunächst 8,50 Euro pro Stunde in Deutschland eingeführt. Diese verbindliche Lohnuntergrenze schafft seitdem Verlässlichkeit für Millionen Arbeitnehmer*innen in Deutschland. Um Anschluss an die durchschnittliche Lohnentwicklung zu halten, ist ab 2023 jedoch eine stärkere Erhöhung sinnvoll. Arbeitsminister Hubertus Heil will dafür das Mindestlohngesetz reformieren und „eine zusätzliche Leitplanke“ einziehen.
2. Der Mindestlohn gibt Millionen Arbeitnehmer*innen ein Stück Würde zurück.
Höhere Mindestlöhne seien keine sozialen Wohltaten, betonte Arbeitsminister Hubertus Heil am Dienstag in Berlin. Das stimmt. Denn wer Tag für Tag früh aufsteht, hart arbeitet und den ganzen Tag Einsatz bringt, verdient mehr als Dumpinglöhne. Wer Vollzeit arbeitet, muss auch von seinem Lohn leben können. Dafür sorgt der Mindestlohn. Perspektivisch sollte er aber noch höher liegen.
3. Der Mindestlohn stärkt die Wirtschaft.
Vor Einführung des flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohnes liefen Lobby-, Interessen- und Arbeitgeber*innenverbände Sturm. Sie argumentierten, dass mit dem Mindestlohn Millionen Arbeitsplätze verloren gehen könnten. Doch das Gegenteil ist der Fall. Stattdessen hat der Mindestlohn vielen Menschen das Leben vereinfacht, der Jobboom ging weiter. Ähnliche Erfahrungen machte im internationalen Vergleich beispielsweise auch Großbritannien. Zudem fördert ein höherer Mindestlohn reguläre sozialversicherte Beschäftigung und den Abbau geringfügiger Beschäftigung.
4. Der Mindestlohn stärkt Tarifverhandlungen.
Vor der Einführung des Mindestlohnes gab es zudem Befürchtungen, die flächendeckende Einführung einer Lohnuntergrenze könne die Tarifpartner*innenschaft zwischen Arbeitgeber*innen und Arbeitnehmer*innen aushöhlen. Doch der Mindestlohn wird von Arbeitgeber*innen und Gewerkschaften in der Mindestlohnkommission festgelegt. Und er wirkt als festes Fundament, damit die Löhne nicht durch Dumping nach unten wegbröseln. Auf diesem Mindestlohn-Fundament können Tarifverträge sicher bauen und fest stehen. Denn seit es den Mindestlohn gibt, ist die Zahl derer, die tatsächlich nur den Mindestlohn bekommen, gesunken. Die Zahl der Beschäftigten ist hingegen gleichzeitig kräftig gestiegen.
5. Höhere Mindestlöhne schützen vor Altersarmut.
Wer sein Leben lang gearbeitet hat, soll im Alter nicht in Armut leben müssen. Diesen sozialpolitischen Anspruch vertritt die SPD. Daher soll am Donnerstag nach hartem Ringen mit der Union die Grundrente beschlossen werden. Doch wer während seines Erwerbslebens schon höhere Beiträge in die Rentenkasse einzahlt, muss nicht befürchten, im Alter in Armut zu leben. Ein höherer Mindestlohn hilft dabei. Alle zwei Jahre berät die Mindestlohnkommission über eine Anpassung gemäß der Tarifentwicklung in Deutschland. Ende Juni hat sie daher in ihrem aktuellen Bericht gefordert, den Mindestlohn bis zum 1. Juli 2022 in vier Schritten auf 10,45 Euro zu erhöhen.
6. Höhere Mindestlöhne schützen anständige Arbeitgeber*innen.
Viele kleine Handwerksbetriebe und mittelständische Unternehmen sind mitunter Konkurrenzdruck und Lohndumping durch dubiose Geschäftspraktiken ausgesetzt. Höhere Mindestlöhne können hier helfen, um für faire Wettbewerbsbedingungen zusorgen – indem es eine klare Lohnuntergrenze gibt, die wirksam kontrolliert wird.
7. Höhere Mindestlöhne in Deutschland stärken die innereuropäische Solidarität.
Seit 1. Juli hat Deutschland für ein halbes Jahr die EU-Ratspräsidentschaft inne. Die SPD hat sich für diese Zeit die Stärkung von Arbeitnehmer*innenrechten auf die Fahnen geschrieben. Hilfreich sind dafür auch höhere Mindestlöhne in Deutschland. Um die Forderung der EU-Kommission umzusetzen, einen verbindlichen Rahmen für europaweite Mindestlöhne zu schaffen, muss Deutschland aufholen. Viele Länder erreichen das Niveau von 60 Prozent oder sind nah dran. In Deutschland liegt der Mindestlohn derzeit bei 45,6 Prozent des Medianlohns. Mit der SPD-Forderung nach einem Mindestlohn in Höhe von 12 Euro würde Deutschland im europaweiten Vergleich aufschließen.
ist Redakteur des „vorwärts“. Er hat Politikwissenschaft studiert und twittert gelegentlich unter @JonasJjo