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Sexualstrafrecht: „Nein heißt Nein“ wird Gesetz

Künftig soll im Sexualstrafrecht das Prinzip „Nein heißt Nein“ gelten. Außerdem führt die Große Koalition neue Delikte ein: „sexueller Übergriff“, „sexuelle Belästigung“ und „Straftaten aus Gruppen“. Was ändert das konkret?
von Christian Rath · 5. Juli 2016
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Noch in dieser Woche wird der Bundestag ein frauenfreundliches Sexualstrafrecht beschließen. Die Fraktionen von SPD und CDU/CSU legten am Montag nachmittag einen entsprechenden Antrag vor, der der BZ vorliegt. Schon am Donnerstag soll er im Bundestag beschlossen werden.

Kern der Reform: Künftig soll im Sexualstrafrecht das Prinzip „Nein heißt Nein“ gelten. Damit wird eine alte Forderung der Frauenbewegung erfüllt. Hierzu wird das neue Delikt „Sexueller Übergriff “ eingeführt. Danach macht sich strafbar, „wer gegen den erkennbaren Willen einer anderen Person sexuelle Handlungen an dieser Person vornimmt“. Ein „Nein“ darf künftig nicht mehr übergangen werden, auch wenn der Täter keine Gewalt ausübt oder Drohungen ausspricht (zu den Einzelheiten siehe das Interview). Ein „sexueller Übergriff“ soll mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zehn Jahren bestraft werden.

Prinzip „Nein heißt Nein“ gilt

Als sexueller Übergriff soll daneben auch strafbar sein, „wenn der Täter ein Überraschungsmoment“ ausnutzt, etwa indem er sich anschleicht und dann zupackt. Auch dies war bisher oft nicht strafbar, weil das unversehens angegriffene Opfer gar keinen Willen bilden konnte.  Das bisher zentrale Delikt der „sexuellen Nötigung“ wird weiter mit Gefängnis ab einem Jahr bestraft. Hier ist wie bislang erforderlich, dass der Täter das Opfer mit Gewalt oder schweren Drohungen zu sexuellen Handlungen nötigt oder eine schutzlose Lage ausnützt.
 
Auch die „Vergewaltigung“ bleibt als Delikt erhalten. Sie ist ein besonders schwerer Fall der sexuellen Nötigung, bei der der Täter zum Beispiel den Beischlaf mit dem Opfer erzwingt. Hier beträgt die Mindeststrafe wie bisher zwei Jahre.

Sexuelle Belästigung als neues Delikt

Neu ist das Delikt „sexuelle Belästigung“. Danach kann mit Haft bis zwei Jahren oder Geldstrafe sanktioniert werden, wenn jemand „eine andere Person in sexuell bestimmter Weise berührt und dadurch belästigt “. Umgangssprachlich spricht man von „Grapschen“. Bisher war selbst ein Griff an die weibliche Brust oder in den Schritt oft straflos, wenn er über der Kleidung erfolgte. Künftig kommt es darauf nicht mehr an. Diese Änderung ist eine Reaktion auf die Vorfälle der Kölner Silvesternacht. Sie wird künftig aber auch beim Münchener Oktoberfest und ähnlichen derb-fröhlichen Festen Bedeutung bekommen.

Ebenso eine Reaktion auf Köln ist das neue Delikt „Straftaten aus Gruppen“. Hiernach macht sich auch jemand strafbar, der in einer Gruppe ein Opfer „bedrängt “, um Straftaten zu begehen. Der Anwendungsbereich ist relativ gering. Denn die Beihilfe zu Sexualstraftaten ist heute schon strafbar und die gemeinschaftliche Begehung wirkt sogar strafschärfend. Das neue Delikt kann aber greifen, wenn sich die Gruppe verabredet, um Opfer zu bestehlen, die Situation dann aber zu Sexualstraftaten genutzt wird.
 
Über den Gesetzentwurf wird am Mittwoch der Rechtsausschuss des Bundestags beraten. Schon ein Tag später wird das Gesetz im Bundestag abschließend beschlossen. Eine Zustimmung der Länderkammer ist nicht erforderlich.

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Christian Rath

ist rechtspolitischer Korrespondent.

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