Inland

Schwesig: „Willkommenskultur in Deutschland stärken“

Rund ein Drittel aller nach Deutschland einreisenden Flüchtlinge ist laut UNICEF minderjährig. Viele kommen ohne ihre Eltern oder andere Verwandte an. Das Programm „Willkommen bei Freunden“ soll die Kommunen bei ihrer Integration unterstützen. Bundesjugendministerin Manuela Schwesig stellte es zusammen mit Staatsministerin Aydan Özoğuz im Internationalen Jugend-, Kunst- und Kulturhaus Schlesische27 in Berlin vor.
von Melanie Hudler · 1. Juni 2015
Auftaktveranstaltung „Willkommen bei Freunden“
Auftaktveranstaltung „Willkommen bei Freunden“

Mohammed Jouni von „Jugendliche ohne Grenzen“, einem bundesweiten Zusammenschluss von jugendlichen Flüchtlingen, forderte, dass die Situation von jugendlichen Geflüchteten in Deutschland verbessert werden müsse. Er will mehr Deutsch-Sprachkurse und Ausbildungsplätze für Flüchtlinge. Es gebe außerdem zu wenige Berührungspunkte zwischen Geflüchteten und der deutschen Gesellschaft. Ängste auf beiden Seiten müssten abgebaut werden, so der junge Aktivist. Zudem könne er nicht verstehen, warum ein wirtschaftlich gut gestelltes Land wie Deutschland so wenige Flüchtlinge aufnehme: „In meinem Heimatland Libanon ist jeder dritte Mensch Geflüchteter. Warum ist Deutschland mit einer vergleichsweise geringen Zahl bereits überlastet?“, fragte er. Jouni kritisierte außerdem, dass es in Deutschland keine breit gefächerte Willkommenskultur gebe.

Das neue Bundesprogramm soll diese Zustände nun verbessern und unterstützt in Zukunft Kommunen bei der Integration von geflüchteten Kindern und Jugendlichen. Konkret werden ab dem 1. August 2015 sechs regionale Servicebüros in den Bundesländern arbeiten, die Mitarbeiter aus der Kommunalverwaltung und der Zivilgesellschaft individuell unterstützen sollen, z.B. mit Beratungsangeboten für Jugendämter zur bestmöglichen Integration von jungen Flüchtlingen. Auch Ehrenamtliche sollen in ihrem Engagement unterstützt werden. Ziel des Programms ist es, die Willkommenskultur in Deutschland stärker zu fördern. „Willkommen bei Freunden“ wird mit insgesamt zwölf Millionen Euro aus Bundesmitteln finanziert. Die Programmlaufzeit ist bis 31. Dezember 2018 geplant.

Kommunen unterstützen

Aydan Özoğuz betonte, dass sich bereits zahlreiche Deutsche ehrenamtlich in der Flüchtlingsarbeit engagieren: „Es gibt eine unglaubliche Hilfsbereitschaft, die wir fördern wollen.“ Dabei müssten jedoch die Kommunen unterstützt werden, sagte Bundesjugendministerin Schwesig. „Immer mehr Jugendliche kommen ohne ihre Angehörigen nach Deutschland. Unser Ziel ist es, die Situation unbegleiteter junger Flüchtlinge zu verbessern“, so die Ministerin. „Junge Geflüchtete sollen in Deutschland ein neues Zuhause finden und brauchen unsere besondere Unterstützung. Deutschland muss eine echte Willkommenskultur schaffen. Wir müssen klar machen, dass wir mit den Jugendlichen neue Wege mit Zukunft gehen wollen.“

Während das Betreuungsangebot in großen Städten, in denen eine Mehrzahl der Jugendlichen unterkommt, bereits sehr gut sei, bestehe in den kleineren Städten und Dörfern noch Nachholbedarf, so die Ministerin. Deswegen wolle das Programm Gemeinden, die mit der Unterbringung und Betreuung von Flüchtlingen noch unerfahren sind, unterstützen.

Neubeginn in Deutschland ermöglichen

Ein neuer Gesetzesentwurf von Schwesig sieht vor, dass minderjährige Flüchtlinge in Zukunft in ganz Deutschland untergebracht werden können und nicht nur in den Städten, in denen sie ankommen. Zudem soll es ihnen ermöglicht werden, die Angebote der Kinder- und Jugendarbeit besser zu nutzen. Schwesig setzt sich außerdem dafür ein, dass Jugendlichen ein Bleiberecht für die Zeit ihrer Ausbildung garantiert wird. „Die Betriebe müssen sicher sein können, dass die Jugendlichen während ihrer Ausbildung auch in Deutschland bleiben können“, so die Ministerin. Die Kommunen dürften zudem in punkto Finanzierung nicht allein gelassen werden.

Barbara Meyer, Geschäftsführerin der Schlesischen 27, forderte, den Jugendlichen mehr Eigenverantwortung zu geben: „Lassen wir die Jugendlichen ihr Leben selbst gestalten.“ Darin stimmte ihr auch Staatsministerin Aydan Özoğuz zu, die sagte, dass Flüchtlinge oft nur als Masse gesehen würden: „Wir müssen die Einzelschicksale sehen.“ Flüchtlinge gehörten in die Mitte der Gesellschaft, denn viele von ihnen würden in Deutschland bleiben, so die Staatsministerin.

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Autor*in
Melanie Hudler

war Praktikantin beim vorwärts (2015).

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