Manuela Schwesig diskutierte am Dienstagabend zusammen mit Gesine Schwan, Gewerkschaftern und Arbeitnehmern über die bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Erneut forderte sie die 32-Stunden-Woche.
Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig forderte bei einer Konferenz der Humboldt-Viadrina School of Governance, dass Deutschland die Vereinbarkeit von Beruf und Familie mehr fördern müsse. Als Vorbild sieht sie Skandinavien: „Die skandinavischen Länder sind uns um Längen voraus, wenn es um Partnerschaftlichkeit in den Familien, Vereinbarkeit von Beruf und Familien und Gleichberechtigung von Männer und Frauen geht“. Europa könne generell voneinander lernen.
Problematisch sei, dass die angelsächsischen Länder und Deutschland im klassischen Rollenmodell feststeckten. Das führe zu Unzufriedenheit innerhalb der Bevölkerung. Laut Umfragen seien 60 Prozent daran interessiert, sowohl Berufs- als auch Familienleben partnerschaftlich zu teilen, aber „nur 14 Prozent der Familien gelingt es“.
Niedrigste Frauenerwerbsquote in Europa
Manuela Schwesig sieht die Chance für ein gleichberechtigtes Familienleben in der Einführung einer 32-Stunden-Woche. 91 Prozent der Männer seien größtenteils in Vollzeit erwerbstätig. Im Gegensatz dazu seien nur 66 Prozent der Mütter berufstätig und das bei einer durchschnittlichen Arbeitszeit von rund 17 Stunden pro Woche.
„Wir haben die niedrigste Erwerbsquote von Frauen in Europa“, sagt Schwesig. Das müsse sich ändern. Bei einer Angleichung der Arbeitsstunden würden beide Parteien gewinnen. Zudem sei damit auch eine finanzielle Unabhängigkeit für alle Beteiligten gegeben.
Über den schlechten Ruf von Teilzeitarbeit wisse Schwesig: „Es ist gut, dass wir im Koalitionsvertrag vereinbart haben – und das wird Andrea Nahles auf den Weg bringen – ein Rückkehrrecht von Teilzeit auf Vollzeit einzuführen“.
„Ich stehe für den modernen Familienbegriff“
Sowohl gleichgeschlechtliche Partnerschaften, Alleinerziehende, getrennt lebende Paare als auch Patchwork-Familien sollten das Recht auf Partnerschaftlichkeit haben. „Ich stehe für den modernen Familienbegriff“, betonte Schwesig.
Es gehe darum, gute Rahmenbedingungen zu setzen, damit Familien sich entscheiden könnten. Dazu gehört für Schwesig ebenso das Elterngeldes Plus, das die frühere Rückkehr in den Beruf für Eltern attraktiver machen soll. Eltern, die in der Elternzeit Teilzeit arbeiten und nach sech bis acht Monaten zurück in den Beruf wollen, bekommen zukünftig doppelt soviel Elterngeld. „Wer es sich partnerschaftlich teilt, bekommt extra Partnermonate on top“, so Schwesig.
Zuspruch für Schwesig
Feuilleton-Ressortleiterin Iris Radisch und IG-Metall-Vorstandsmitglied Christiane Benner begrüßen die Ansätze der Ministerin und finden, dass die Zeit reif sei, um die Geschlechterrollen endlich aufzubrechen. Das die Zeit reif sei, zeigt auch die IG-Metall Studie, die Benner zusammenfasst: „45 Prozent der befragten Personen würden gern 35 Stunden arbeiten“. Zudem plane die IG-Metall 30 Prozent der Führungsebene bis zum Ende des Jahres mit Frauen zu besetzen.
Europäische Gesellschaftsfrage
„Das Spannungsfeld zwischen Familie und Arbeitswelt ist keineswegs eine Frauenfrage, sondern eine gesellschaftliche“, betont Gesine Schwan. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf sei zudem für ganz Europa von Bedeutung. Dabei komme es darauf an „in der Verschiedenheit auf Augenhöhe zu handeln“.