Schwarz-Gelb verhindert Steinmeiers Aussage vor dem Kontrollgremium
Seit Tagen versucht die Regierungskoalition, dem SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier eine Mitverantwortung für die NSA-Spähaffäre anzulasten. Der wollte heute vor dem Parlamentarischen Kontrollgremium dazu Stellung nehmen. Doch die Abgeordneten von Union und FDP verhinderten das.
Frank-Walter Steinmeier war baff. „Auch nach mehr als zwei Jahrzehnten in der Politik versteht man an einigen Tagen die Welt nicht mehr“, sagte er am Montagvormittag. Zuvor hatte er überraschend angeboten, noch am selben Tag vor dem Parlamentarischen Kontrollgremium (PKG) auszusagen. Doch dieses lehnte einen Auftritt Steinmeiers ab – mit den Stimmen der Regierungskoalition.
Dabei hatten Vertreter von Union und FDP noch in der vergangenen Woche selbst gefordert, dass Steinmeier vor dem Gremium aussagen solle. Ihr Vorwurf: Steinmeier habe in seiner Zeit als Kanzleramtschef unter Gerhard Schröder ein Abkommen unterzeichnet, mit dem die Weitergabe von Daten des BND an den amerikanischen Geheimdienst NSA genehmigt worden sei. "Steinmeier hat die Grundlagen für die Zusammenarbeit von BND und NSA gelegt", hatte etwa der FDP-Innenpolitiker Hartfrid Wolff am vergangenen Donnerstag gesagt. Programme wie Prism gab es allerdings noch gar nicht, als Steinmeier das Kanzleramt leitete.
Ein Ablenkungsmanöver
Die SPD und viele Medien-Kommentatoren werteten die Vorwürfe der Regierungskoalition als Ablenkungsmanöver. Schließlich steht die Bundesregierung seit Wochen in der Kritik, weil sie kaum dazu beiträgt, in der Spähaffäre um das NSA-Programm Prism für Aufklärung zu sorgen. Noch immer steht der Verdacht im Raum, dass die Bundesregierung die flächendeckende Bespitzelung von deutschen Staatsbürgern durch die NSA toleriert haben könnte.
Steinmeier formulierte es am Montag so: „Tatsächlich sind alle Fragen, die sich auf das Kernproblem beziehen – wie, auf welche Weise, an welchen Orten, mit welchen Mitteln sind Daten von deutschen Staatsbürgern abgeschöpft worden – völlig offen.“ Mit seinem Angebot, vor dem PKG auszusagen, habe er zur Aufklärung beitragen wollen.
Dass dieses Angebot abgelehnt wurde, bezeichnete Steinmeier als „ungeheuerlich, weil seit Tagen mit Lügen und Vertuschungen der Eindruck erweckt wird, als habe die flächendeckende und lückenlose Kontrolle durch ausländische Geheimdienste irgendetwas zu tun mit Entscheidungen einer früheren Bundesregierung.“ Offenbar sei die Merkel-Regierung nicht an Aufklärung interessiert und werfe stattdessen mit Nebelkerzen.
Steinmeier: „Diffamierungen sollen fortgesetzt werden“
„Ich schließe daraus, dass auch die persönlichen Diffamierungen, die auch gegen meine Person stattgefunden haben, fortgesetzt werden sollen“, mutmaßte Steinmeier. Zudem forderte er, dass die Regierung ihm Einblicke in die Dokumente gewährt, die Steinmeiers angebliche Verantwortung beweisen sollen.
Wahrscheinlich, so der SPD-Fraktionschef, beziehe die Regierung sich auf ein Dokument, in dem es um die Übernahme der ehemals amerikanischen Militäreinrichtung in Bad Aibling gehe. Mit diesem Abkommen sei die Datenabschöpfung in Deutschland aber keineswegs ausgeweitet worden, erklärte Steinmeier. Die Abhör-Möglichkeiten der NSA seien vielmehr eingeschränkt worden. „Die Verabredung von damals hat zum ersten Mal sichergestellt, dass Abhörmaßnahmen nach Recht und Gesetz, wie es in Deutschland gilt, stattfinden.“
arbeitet als Redakteur für die DEMO – die sozialdemokratische Fachzeitschrift für Kommunalpolitik.