Schulz will Abstimmung über „Ehe für alle“ in dieser Woche durchsetzen
Die SPD ist entschlossen, noch in dieser Woche für eine Abstimmung im Bundestag über die „Ehe für alle“ zu sorgen. Das kündigte SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz am Dienstag in der Bundespressekonferenz in Berlin an. Dabei will er sich auch von möglichem Widerstand aus CDU und CSU nicht stoppen lassen. „Wenn es mit der Union umgesetzt wird, ist es gut, wenn es ohne die Union umgesetzt wird, ist es auch gut“, erklärte Schulz.
Schulz: „Wir nehmen Merkel beim Wort“
Die SPD reagiert mit diesem Schritt auf eine Ankündigung von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) vom Montag. In einer Talkshow in Berlin hatte sie gesagt, die Abstimmung über die Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare als Gewissensentscheidung der Abgeordneten zu betrachten.
„Gewissenentscheidungen haben kein zeitliches Limit“, sagte SPD-Chef Schulz dazu. Nach dem Kurswechsel Merkels gelte: „Wir nehmen sie jetzt beim Wort.“ Nach den endlosen Auseinandersetzungen mit der Union bei diesem Thema, „sollte man es in dieser Woche zu Ende bringen“.
Jahrelange Blockade von CDU und CSU
Schulz kritisierte die jahrelange erbitterte Blockade der Union und Merkels bei der „Ehe für alle“. So habe Merkel noch beim Koalitionsausschuss am 29. März Schulz’ Einsatz für die „Ehe für alle“„ziemlich kühl“ zurückgewiesen und „kategorisch abgelehnt“, erinnerte der SPD-Chef. „Vergessen Sie es“, habe die Kanzlerin ihm gesagt.
Auf Nachfrage erklärte Schulz, die geplante Abstimmung im Bundestag verstoße nicht gegen den Koalitionsvertrag. „Wir lassen die Koalition nicht platzen, wir setzen einen Initiativantrag von Rheinland-Pfalz auf die Tagesordnung und dann muss die Union entscheiden, ob sie ihrer Kanzlerin folgt“, so der SPD-Chef.
Auch Gabriel kritisiert Verweigerung der Union
Konkret soll dem Bundestag ein Gesetzentwurf vorgelegt werden, den der Bundesrat im September 2015 auf Initiative des Landes Rheinland-Pfalz beschlossen hatte. Er sieht eine Ergänzung des Paragrafen 1353 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) vor, die klarstellt, dass auch gleichgeschlechtliche Paare eine Ehe eingehen können. Seit September 2015 hatte die Union eine Beratung diese Antrages im Bundestag immer wieder verhindert – insgesamt 30 Mal.
Dies kritisierte auch Vizekanzler Sigmar Gabriel. Als SPD-Vorsitzender habe er im November 2015 die Parteichefs Merkel und Seehofer schriftlich gebeten, dem Antrag des Bundesrates zuzustimmen und die Benachteiligung gleichgeschlechtlicher Paare im Eherecht zu beenden. Bundesjustizminister Heiko Maas habe ebenfalls einen Gesetzentwurf vorgelegt. Seitdem verweigere die Union jede „vernünftige Behandlung“ des Themas.
Oppermann: Es wird diese Woche passieren
„Ich fühle mich an der Stelle ganz persönlich betroffen“, erklärte der frühere SPD-Vorsitzende. In Anlehnung an das berühmte Zitat in Friedrich Schillers Don Carlos „Sir, geben Sie Gedankenfreiheit!“ rief Gabriel Merkel zu: „Madame, geben Sie Gewissensfreiheit! Und zwar jetzt!“
SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann hat die Unionsfraktion inzwischen um eine Aufnahme der Abstimmung zur „Ehe für alle“ auf die Tagesordnung des Bundestages gebeten. Zunächst sei dies abgelehnt worden, sagte Oppermann. Die SPD warte auf eine abschließende Antwort der Union. Es sei gut, wenn es in dieser Woche zur Bundestagsabstimmung komme. Auch wenn die Union sich verweigere, „wir werden es in jedem Fall tun“, so der SPD-Fraktionschef. „Man kann nicht sagen, es gibt eine Gewissenentscheidung und dann gibt es keine Abstimmung“, argumentierte Oppermann. Die „Ehe für alle“ sei ein moderner und richtiger Gedanke, „der mit Macht zur Wirklichkeit drängt und das wird diese Woche passieren“.
Dafür spricht: Kanzlerin Merkel hat die Abstimmung für die CDU/CSU-Bundestagsabgeordneten inzwischen freigegeben. Damit wird der so genannte Fraktionszwang in der Abstimmung über die „Ehe für alle“ aufgehoben.
Schulz zieht Bilanz der Regierungsarbeit
Ursprünglich lautete das Thema der Bundespresskonferenz „Regierungsarbeit der SPD – Bilanz und Ausblick“. Neben Martin Schulz und Thomas Oppermann waren deshalb auch die sozialdemokratischen Mitglieder der Bundesregierung gekommen. Schulz stellte „die Bilanz des erfolgreichen Teil dieser Bundesregierung“ – des sozialdemokratischen Teils – vor. Man
hätte noch erfolgreicher sein können, „wenn wir nicht von unserem Koalitionspartner gehindert worden wären, Deutschland gerechter und zukunftssicherer zu machen“, betonte der SPD-Vorsitzende.
SPD macht das Land moderner und gerechter
Schulz nannte die SPD das „Reform- und Innovationszentrum“ und den „Motor dieser Regierung“. Wo es der SPD gelungen sei, das Land moderner, gerechter und solidarischer zu machen, sei dies nur gegen Widerstände der Union möglich gewesen.
Als Beispiele für die „hervorragende Bilanz“ der SPD nannte Schulz den Mindestlohn, die Rente mit 63, die Frauenquote in der Wirtschaft, die Energiewende und die Klimapolitik. Dabei hob er die besonderen Verdienste der jeweils zuständigen SPD-Minister hervor.
Martin Schulz: „Wir wollen mehr.“
Der SPD-Kanzlerkandidat ließ keinen Zweifel, dass die große Koalition vorbei sei: „Wir wollen mehr.“ Die Verweigerungshaltung der Union sei eine schwere Belastung der Koalition gewesen, diese „habe den Fortschritt in Deutschland gebremst und ausgebremst“. Als Beispiel nannte er das Rückkehrrecht von Teilzeit auf Vollzeit, das von der Union massiv blockiert werde und die Solidarrente. Auch bei der Mietpreisbremse, der Erbschaftssteuer und der Lockerung des Kooperationsverbotes habe die SPD wesentlich mehr gewollt.
Um das durchzusetzen, brauche es einen Regierungswechsel. „Wir wollen die Regierung führen“, betonte Schulz. „Ich will diese Regierung ablösen und eine andere anführen.“ Nur so „können wir Deutschland moderner, gerechter und sicherer machen“.