Inland

Schulden: SPD will Kommunen wieder handlungsfähig machen

Viele Kommunen sind hoch verschuldet und kaum noch handlungsfähig. Ein strukturelles Problem mit großen Gefahren. Deswegen hat SPD-Kanzlerkandidat und Finanzminister Olaf Scholz ein Konzept vorgelegt, um die Kommunen zu entlasten.
von Karin Billanitsch · 8. September 2020
Viele Kommunen haben horrende Schulden, die sie aus eigener Kraft nicht tilgen können.
Viele Kommunen haben horrende Schulden, die sie aus eigener Kraft nicht tilgen können.
Die Kommunen in Deutschland sind vielerorts hoch verschuldet. Aber ist das wirklich ein Problem? Wieso können die Städte und Gemeinden ihre Kredite nicht einfach abbezahlen und was hat das alles mit dem Strukturwandel und gleichwertigen Lebensverhältnissen zu tun? Die wichtigsten Fragen und Antworten zur Thematik und dem Konzept von SPD-Kanzlerkandidat und Bundesfiannzminister Olaf Scholz.

Worum geht es bei der Diskussion um die kommunalen Altschulden?

Bundesfinanzminister und Kanzlerkandidat der SPD, Olaf Scholz, hat ein Konzept vorgelegt, wonach besonders hoch verschuldete Kommunen von ihren Altschulden befreit werden sollen. Nach den Plänen von Schulz soll der Bund die Hälfte der Schulden übernehmen. Für den Rest sollen die Länder aufkommen. Die kommunalen Kassenkredite haben sich durch Strukturwandel angehäuft und die betroffenen Kommunen können sie nicht mehr allein bewältigen. Das Bundesfinanzministerium geht von rund 45 Milliarden Euro aus. Der Vorstoß von Scholz scheiterte im März am Widerstand der CDU/CSU. Doch für Scholz ist das Thema noch nicht vom Tisch.

Warum ist es wichtig, die Altschuldenfrage zu lösen?

Die rund 2.500 betroffenen Kommunen schaffen es nicht mehr, ihre Haushalte auszugleichen und die Verschuldung zurückzufahren. Sie sind kaum handlungsfähig und können die notwendige Daseinsvorsorge nicht mehr hinreichend gewährleisten. Dadurch ist die im Grundgesetz postulierte Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse in Deutschland bedroht. Die regionalen Unterschiede verfestigen sich und sie verschwinden auch nicht mehr von alleine. Deshalb ist nach Meinung vieler Experten ein Schuldenschnitt erforderlich, der beim Abbau der kommunalen Kassenkredite ansetzt.  

Wer würde davon profitieren?

Laut der Kreditanstalt für Wiederaufbau sind von einer hohen Kassenkreditverschuldung seit langem insbesondere Kommunen in Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, und dem Saarland betroffen. Insbesondere die die großen Städte in Nordrhein-Westfalen vereinigen über 50 Prozent aller Kassenkredite auf sich.

Warum ist die SPD dafür?

Das Thema wird schon seit Jahren diskutiert, auch die Kommission „Gleichwertige Lebensverhältnisse“ des Bundestag hat sich mit den Thema beschäftigt und eine „faire Lösung für kommunale Altschulden“ gefordert. Die SPD-Bundestagsfraktion setzt sich vehement für die Bildung eines Altschuldenfonds ein. Denn durch ihn können die Kommunen von einem großen Teil ihrer Schulden befreit und auch von künftigen Zinsrisiken entlastet werden. Sie hätten damit wieder Handlungsspielräume für dringend erforderliche Investitionen in ihre Zukunft, z.B. in Bildung und Infrastruktur. Das ist auch solidarisch, denn die betroffenen Kommunen haben nicht schlecht gewirtschaftet, sondern haben ein strukturelles wirtschaftliches Problem. „Wir brauchen ein nicht-eifersüchtiges Land“, sagte Olaf Scholz in einem FAZ-Interview dazu.

Hat die Corona-Krise die Situation verschärft?

Nach einer neuen Studie des deutschen Instituts für Urbanistik, des Deutschen Städtetags (DST) und des Wirtschaftforschungsinstituts ZEW sind die Corona-Auswirkungen auf die Kommunen erheblich. „Kommunen, die bereits vor der Corona-Pandemie ökonomisch wenig widerstandsfähig waren und nun eine hohe Krisenanfälligkeit aufweisen, werden es laut Studie besonders schwer haben, die Krisenfolgen zu bewältigen und notwendige Investitionen zu tätigen“, heißt es in einer Mitteilung.

Was hat der Bund für die Kommunen bisher getan?

Der Bund übernimmt im Rahmen eines Rettungspakets für Kommunen für 2020 die Gewerbesteuerausfälle und will sich dauerhaft stärker an den Kosten der Unterkunft bei der Grundsicherung für Arbeitsuchende beteiligen. Das reicht nach der Meinung von Experten nicht, weil das mittelfristig gesehen keine Lösung ist. „Nötig sind Zusagen von Bund und Ländern für eine Unterstützung über 2020 hinaus. Und wir brauchen ein Begleitprogramm für besonders krisengefährdete Kommunen, damit nicht gerade in den Städten die Investitionen besonders stark wegbrechen, wo sie am nötigsten sind“, so Städtetags-Hauptgeschäftsführer Helmut Dedy.

Dieser Artikel erschien zuerst bei Demo-Online.

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Karin Billanitsch

ist Redakteurin beim vorwärts-Verlag und schreibt für die DEMO – Das sozialdemokratische Magazin für Kommunalpolitik.

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