Inland

Schlechte Aussichten

von Romy Hoffmann · 30. März 2012

Die Zukunft sieht nicht gut aus: Die Eurozone rutscht in eine Rezession, Deutschland erwartet eine konjunkturelle Stagnation. Die Konjunkturprognose für 2012/2013 ist für Europa alles andere als erfreulich.

Deutschland befindet sich in einer wirtschaftlichen Stagnation. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) wird im Jahr 2012 voraussichtlich um nur 0,3% ansteigen, im Jahr 2013 werden es nur 0,7% sein. Zum Vergleich: 2011 stieg das BIP um 3% an. Noch schlimmer trifft es die europäischen Nachbarländer. In Belgien, den Niederlanden und den südeuropäischen Ländern sinkt das BIP sogar. Gustav Horn rechnet damit, „dass der Euroraum in eine tiefe Rezession mündet.“ Horn ist wissenschaftlicher Direktor des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) in der Hans-Böckler-Stiftung, das zusammen mit dem Observatoire Francais des Conjoncture Économique (OFCE) und dem Österreichischen Institut für Wirtschaftsforschung (WIFO) ihre neue Konjunkturprognose Ende März in Berlin veröffentlichten.

Laut Konjunkturprognose wird das Wirtschaftswachstum in der Währungszone 2012 um 0,8% und 2013 um 0,5% sinken. Als Hauptursache für die pessimistische Prognose sieht Horn in der Austeritätspolitik der europäischen Staaten. Die drastischen Sparmaßnahmen und Steuererhöhungen schwächen die Nachfrage hauptsächlich in Krisenländern wie Griechenland oder Spanien und dämpfen somit das Wirtschaftswachstum. Hinzu kommt die anhaltende Verunsicherung der Verbraucher und der Unternehmen, es fehlt nämlich noch immer eine glaubwürdige Lösung für die Schuldenkrise.

Euroraum ist tief gespalten

2012 und 2013 wird es zu einer großen wirtschaftlichen Spannung zwischen Südeuropa und den Mittel- und Nordeuropäischen Staaten kommen. Die südeuropäische Wirtschaft, die am stärksten von der Krise betroffen ist, lebt vornehmlich von einer stark expandierenden Binnennachfrage. Diese geht aber durch die Austeritätspolitik spürbar zurück. Hinzu kommt das Problem der hohen Arbeitslosigkeit. Mittel- und Nordeuropa hingegen, die sehr stark exportorientiert sind, trifft die Krise nicht ganz so hart. Allerdings kann man auch bei diesen Ländern von keinem wirtschaftlichen Boom sprechen, immerhin exportiert Deutschland beispielsweise bis zu 40% seiner Ware in das europäische Ausland. Und genau dort nimmt die Nachfrage spürbar ab.

Deutschland profitiert vor allem von der starken außereuropäischen Nachfrage, wie dem asiatischen Raum. Anders als Europa erwartet beispielsweise China im Jahr 2012 einen Anstieg des BIP um satte 8,3%. Die Nachfrage wird hier also nicht abnehmen. Außerdem kann sich Deutschland auf eine weiterhin kräftige Binnennachfrage stützen. Maßgeblich hierfür sind die relativ günstigen Beschäftigungsverhältnisse, die stabilen Einkommenszuwächse und die rückläufigen Arbeitslosenzahlen, wenn auch nur geringfügig.

Striktes Sparen ist der falsche Ansatz

Was Europa braucht, um das Konjunkturtief zu verlassen, sei eine starke Wirtschaft, sagt Horn. Sie müsse jetzt kräftig angekurbelt werden. Deswegen müsse Europa eine expansive Nachfragepolitik betreiben. Die aktuelle Austeritätspolitik sei der falsche Weg, mahnt er. Die USA sei hierbei ein gutes Beispiel. Obwohl die Staaten ein viel höheres Staatsdefizit aufweisen als die europäischen Länder, wird das US-amerikanische Wirtschaftswachstum dieses Jahr um 2,1% ansteigen. Horn begründet den Anstieg des BIP mit der Investitionspolitik der USA. Das weckt Vertrauen in die Märkte, anders als die strikte Sparpolitik in Europa.

Horn spricht von 2012 als dem „Schicksalsjahr“ für die europäische Währungsunion. Wenn Europa keine Lösung für die derzeitige Krise finden wird und die Konjunkturprognose zutrifft, dann ist Horn „pessimistisch, ob der Euroraum in dieser Form bestehen bleiben kann.“ Horn prognostiziert in diesem Fall nicht nur die Zahlungsunfähigkeit von Ländern und deren freiwilligem Austritt aus der Eurozone, sondern auch eine „Implosion des Euroraums“.

Autor*in
Romy Hoffmann

Romy Hoffmann ist Studentin der Politikwissenschaft und Philosophie an der Universität Regensburg. Im Frühjahr 2012 absolvierte sie ein Praktikum in der Redaktion des vorwärts.

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