Der Vorfall ereignete sich bereits am 24. Juni. Erst als das Buch bereits im Feue lag, schritt eine Mitarbeiterin des Ordnungsamtes ein und brach die Sonnenwendfeier ab.
Die Empörung die Aktion der Rechten ist groß. Landesinnenminister Holger Hövelmann (SPD) sprach von einem "Angriff auf die menschliche Kultur". Der Leiter des Anne-Frank-Zentrums in Berlin,
Andreas Heppner, nannte den Vorfall "ungeheuerlich" und stellte Strafanzeige.
Scheitern der Gesellschaft?
Der Bürgermeister von Pretzien, Friedrich Harwig (PDS/Linkspartei), der dem Treiben der Neonazis zugeschaut hatte, sieht die Ursachen in gesellschaftlichen Fehlentwicklungen. "So etwas
passiert, weil wir in unserem Land die Vergangenheit nicht bewältigt haben und weil wir mit unserer Gegenwart nicht fertig werden." Seiner Partei reichte diese Begründung nicht, sie forderte Harwig
zum Austritt auf.
Der Bürgermeister nach eigener Aussage hatte lange versucht, sich den Rechten des Ortes zu nähern, um sie von ihrer Denkweise abzubringen. Vergeblich, wie nun deutlich wurde. So engagierte
Harwig sich im inzwischen aufgelösten "Heimatbund Ostelbien", in dessen Vorstand ein Ex-Mitglied der NPD saß. Der Heimatbund hatte auch die Sonnenwendfeier organisiert.
Harwig trat zwar inzwischen aus der PDS/Linkspartei aus, von seinem Posten als Bürgermeister will er allerdings nicht zurücktreten. Die Pretziner stünden hinter ihm, sagte er. Das bekommt
auch die Staatsanwaltschaft Magdeburg zu spüren, die bei ihren Ermittlungen kaum voran kommt. "In Pretzien sind die Schotten dicht", sagte ein Sprecher.
Karsten Wiedemann
Quelle: Der Tagesspiegel (04.07.06)
Redakteur bei vorwaerts.de bis September 2009, jetzt Redakteur bei Neue Energie, dem Magazin des Bundesverbands für Windenergie