Saarland-Wahl: Absolute Mehrheit für die SPD
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Es ist die erste Landtagswahl nach der Bundestagswahl und entsprechend wichtig ist sie für die Parteien: sowohl für die SPD und ihren Kanzler Olaf Scholz, als auch für den neuen Oppositionsführer und CDU-Chef Friedrich Merz. So sind an diesem Sonntag viele Augen aus Berlin nach Saarbrücken gerichtet.
Die Wähler*innen im Saarland haben ein eindeutiges Urteil gefällt. Nach dem vorläufigen amtlichen Endergebnis holen die Sozialdemokrat*innen 43,5 Prozent der Stimmen. Die CDU stürzt auf 28,5 Prozent ab. Damit gewinnt die SPD 13,9 Prozentpunkte hinzu, während die CDU um 12,2 Punkte verliert. Wie erdutschartig sich die Gewichte zwischen den beiden großen Parteien damit verschoben haben, zeigt ein Blick auf diese Zahlen: Während bei der Wahl vor fünf Jahren die CDU mit über 11 Prozent klar vor der SPD lag, führt nun die SPD mit 15 Prozent vor der CDU.
Außer den beiden großen Parteien gelang mit 5,7 Prozent nur der AfD der Einzug in den Landtag. Alle anderen Parteien scheiterten an der Fünf-Prozent-Hürde, die Grünen um 23 Stimmen. Hat das Ergebnis Bestand, käme die SPD auf 29 der 51 Sitze im Landtag, das ist ein Zugewinn von 12 Mandaten.
Anke Rehlinger: Starkes Mandat für die SPD
„Das Saarland hat rot gewählt, die Saar-SPD hat die Wahl gewonnen und nach 23 Jahren sind wir wieder stärkste Kraft als Sozialdemokratie an der Saar“, verkündet Anke Rehlinger kurz nach 18 Uhr vor jubelnden Sozialdemokrat*innen in Saarbrücken. „Das ist das Ergebnis harter Arbeit in den letzten Jahren gewesen.“ Die SPD habe sich das Vertrauen der Wähler*innen „ein Stück weit zurückerkämpft“, sie habe sich neue „Glaubwürdigkeit erarbeitet“. Das sei belohnt worden. Anke Rehlinger bedankt sich bei allen Sozialdemokrat*innen für den „gemeinsamen Erfolg“ an der Saar.
Anke Rehlinger unterstreicht im ZDF, alle seien gut beraten, den Wahlabend und das endgültige Ergebnis abzuwarten. Bei der Regierungsbildung – sollte die SPD einen Partner benötigen – gelte: „Stabilität ist das entscheidende Kriterium bei dieser Regierungsbildung.“ Unabhängig davon freue sich die SPD „über dieses starke Mandat“ der Wähler*innen an der Saar. „Wir werden für das Land das Beste daraus machen“, verspricht die designierte Ministerpräsidentin.
Lars Klingbeil: Comeback der SPD geht weiter
SPD-Chef Lars Klingbeil betont im Willy-Brandt-Haus in Berlin: „Wir freuen uns über den wirklich herausragenden Wahlsieg von Anke Rehlinger.“ Es sei „ein sensationeller Sieg, den wir dort im Saarland sehen“. Für die SPD auf Bundes-SPD sei das „ein besonderer Tag“. Denn die SPD werde nach der Wahl Rehlingers künftig die Hälfte aller Ministerpräsident*innen in Deutschland stellen, acht von 16. Vier davon Frauen und alle Sozialdemokratinnen, hebt Klingbeil hervor. „Das zeigt, wir sind die moderne Volkspartei.“
Alle aus Berlin hätten sehr genau auf die erste Landtagswahl nach der Bundestagswahl geschaut, auf die erste Landtagswahl mit einem SPD-Kanzler und einer neuen SPD-Führung. Die Wahl an der Saar sei „ein gelungener erster Stimmungstest“ für die Sozialdemokratie gewesen. Das „Comeback der SPD bei der Bundestagswahl“ sei nicht einmalig, es setze sich fort, so Klingbeil. Die SPD auf Bundesebene habe sehr eng und gut mit der Saar-SPD im Wahlkampf zusammengearbeitet. Das sei auch das Erfolgsrezept bei der Bundestagswahl gewesen, „dass wir eng zusammengearbeitet haben“ und „uns auf das Teamplay konzentriert haben“. Das habe auch bei der Saar-Wahl die SPD stark gemacht.
Kevin Kühnert: Rückenwind für nächste Wahlen
SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert macht im Willy-Brandt-Haus klar: „Das ist ganz klar der Sieg der Saar-SPD und der von Anke Rehlinger persönlich, anders sind solche Ergebnisse nicht möglich.“ Zugleich betont er: „Gleichzeitig bricht sich niemand einen Zacken aus der Krone zu sagen, dass die Bundes-SPD, nicht nur nicht im Weg gestanden hat, sondern natürlich auch geholfen hat.“ Viele SPD-Politiker*innen in Berlin hätten im Saarland Wahlkampf gemacht und seien dort „mit offenen Armen empfangen“ worden.
Die neue erfolgreiche SPD, so der Generalsekretär, sei eine, „die gemeinsam den Erfolg sucht und ihn auch findet“. Der Sieg von Anke Rehlinger über einen CDU-Ministerpräsidenten gebe der SPD auch Zuversicht für die Landtagswahlen in NRW und Schleswig-Holstein, wo sich im Mai ebenfalls CDU-Amtsinhaber zur Wahl stellen. Kevin Kühnert bringt es so auf den Punkt: „Wir nehmen Rückenwind aus diesem Abend mit.“
Ministerpräsidenten-Frage: Große Mehrheit für Rehlinger
Eine wichtige Rolle für den Erfolg der SPD hat nach Einschätzung der Meinungsforschungsinstitute ihre Spitzenkandidatin Anke Rehlinger gespielt. Ihr gelang als stellvertretende Ministerpräsidentin des Saarlandes, was nur wenigen Herausforderern bei einer Landtagswahl gelingt: den amtierenden Regierungschef klar zu überholen. So wünschten sich im ZDF-Politbarometer drei Tage vor der Wahl 57 Prozent der Saarländer*innen Rehlinger als Ministerpräsidentin. Nur 30 Prozent votierten für Tobias Hans, den Amtsinhaber der CDU. Damit bekam die SPD-Spitzenkandidatin fast doppelt so viel Zustimmung wie der CDU-Regierungschef.
Nach rund 23 Jahren würde mit Anke Rehlinger, die auch stellvertretende Vorsitzende der SPD ist, die Landesregierung wieder von der SPD geführt werden. Rehlinger wäre die erste sozialdemokratische Ministerpräsidentin des Saarlandes. „Es wäre aus Sicht der Partei eine Krönung der vergangenen Monate und der Schlusspunkt hinter einem langen Konsolidierungskurs der Saar-SPD“, so Anke Rehlinger gegenüber dem „vorwärts“. Die Sozialdemokratie ist aus ihrer Sicht innerhalb der saarländischen Parteienlandschaft die „einzige Konstante für Stabilität“.
Hohe Kompetenzwerte für die SPD
Ein wichtiger Grund für den Wahlsieg der SPD ist die hohe Kompetenz in wichtigen Politikfeldern, die die Saarländer*innen der Sozialdemokratie zu billigen – nicht jedoch der CDU. So halten laut ZDF-Politbarometer 46 Prozent der Befragten die SPD für kompetent beim zentralen Thema Arbeitsplätze. Die CDU halten hierbei nur 22 Prozent für kompetent. Auch bei der Frage der Wirtschaftskompetenz liegt die SPD mit 39 Prozent klar vor der CDU mit 23 Prozent. Bei der ebenfalls wichtigen Kompetenzfrage im Bereich Schule und Bildung führt die SPD mit 41 Prozent erneut deutlich vor der CDU, die auf nur 23 Prozent kommt.
Dirk Bleicker | vorwärts
ist stellvertretender Chefredakteur des vorwärts. Er betreut den Bereich Parteileben und twittert unter @kai_doering.