Inland

"Ruf doch mal beim Zweiten an!"

von Uwe Knüpfer · 21. September 2014

Selten dösig war der Versuch der CSU, dem ZDF eine Berichterstattung über den Parteitag der Bayern SPD auszureden. Aber überrascht hat er nicht. 

Hans Michael Strepp kann einem leid tun. Er muss seinen Kopf hinhalten - damit die Frisuren von Horst Seehofer und Alexander Dobrindt nicht in Unordnung geraten.

Strepp, der Sprecher der CSU, hat zugegeben, am Sonntag bei der heute-Redaktion des ZDF angerufen zu haben. Er erreichte einen Redakteur im Großraumbüro. Und soll dort den Wunsch abgeladen haben, die SPD und die Nominierung ihres Spitzenkandidaten Christian Ude zu ignorieren. Schließlich bringe die ARD auch nichts über dieses abseitige Ereignis.

Strepp wollte das in einer ersten Reaktion nicht oder so nicht gesagt haben. Jedenfalls sei er falsch verstanden worden. Klar: Hätte er es so gesagt, wäre das versuchte Zensur. Die ist in Deutschland laut Grundgesetz verboten. Dieses Grundgesetz gilt sogar in Bayern - auch wenn die CSU es 1949 abgelehnt hat.

Die bayerische Schwester der CDU hat sich später dann doch noch mit der freiheitlich-demokratischen Grundordnung der BRD arrangiert. Dabei kamen ihr Wahlergebnisse entgegen, die den Eindruck erwecken konnten, Bayern und die CSU seien identisch.

In dieser festen Gewissheit haben ungezählte Redakteure des Bayerischen Rundfunks ihren Dienst geleistet. Der Staatssender feierte die Staatspartei, basta. Um herauszufinden, dass es in Bayern auch noch andere Parteien gab, zum Beispiel die Sozialdemokraten  - übrigens viel, viel länger schon als die CSU -, mussten sich nachdenkliche Bayern andere Quellen erschließen. 

So dürfte der Ärger groß gewesen sein in den Hinterzimmern der schwarzen Macht, als der Bayerische Rundfunk im letzten Jahr die SPD entdeckte. Über deren politischen Aschermittwoch in Vilshofen berichtete der BR fast so ausführlich wie über den der CSU. Kurzum: er nahm seinen journalistischen Auftrag ernst.

Nun hat die CSU gerade einen Parteitag zelebriert und sich an der Idee berauscht, bald könne im Bayernland alles wieder so sein wie früher, in den Goldenen Zeiten absoluter Mehrheiten. Menschlich verständlich, jedenfalls vorstellbar, dass da am Sonntag irgendeinem Granden die Gäule durchgegangen sind - vielleicht hatte er noch einen Rest-Rausch  im Blut - und er zum braven Herrn Strepp gesagt hat: Ruf doch mal beim Zweiten an! Schließlich ist das doch auch ein Staatssender, nicht wahr, und zwar ein schwarzer!

Jedenfalls ist das ZDF  als solcher mal gegründet worden. Und hat nicht erst neulich die Union ihre Macht über das Sendehaus auf dem Mainzer Lerchenberg demonstriert, indem sie Nikolaus Brender entsorgte, den allzu aufrechten Chefredakteur?

Dumm gelaufen, das mit Strepp. Natürlich wäre in früheren Zeiten ein solcher Anruf

1. gar nicht nötig gewesen.

2. Wenn doch, hätte man jedenfalls nicht in der Redaktion angerufen, schon gar nicht in einem Großraumbüro, und

3. hätte die Süddeutsche Zeitung von dem Gespräch nichts erfahren.

Übrigens hat das ZDF dann doch über Udes Nominierung berichtet, und die ARD natürlich auch. Mainz und München sind eben keine russischen Städte. Und jeder bayerische Wähler weiß jetzt, was es hieße, die alte schwarze Allmachtherrlichkeit 2013 wieder aufleben zu lassen. Zum Glück gibt's Alternativen - und Bayerns Bürger erfahren sogar davon.

Autor*in
Uwe Knüpfer

war bis 2012 Chefredakteur des vorwärts.

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