Rot-Rot-Grün einigt sich auf Koalitionsvertrag
Die Linke, SPD und die Grünen einigten sich am Mittwoch auf ein Regierungsprogramm für die kommenden fünf Jahre. Die SPD konnte ein kostenfreies Kita-Jahr durchsetzen, die Grünen eine Finanzspritze für Freie Schulen. Beim Thema Verfassungsschutz kam die Linke den Koalitionspartnern entgegen. Statt einer kompletten Abschaffung der V-Leute sollen diese nur noch in Ausnahmefällen eingesetzt werden. V-Personen sind so genannte Verbindungs- oder Vertrauenspersonen der Geheimdienste, die beruflich oder privat Kontakt in kriminelle Milieus haben.
Am Donnerstag will die rot-rot-grüne Koalition die Details des rund 100 Seiten langen Koalitionsvertrags in Erfurt vorstellen. Dieser muss dann noch durch Mitgliedervoten der Linken und der Grünen bestätigt werden. Den Angaben der Parteien zufolge sollen sie bis Anfang Dezember laufen.
Nur eine Stimme Mehrheit im Landtag
Das rot-rot-grüne Bündnis wird mit einer hauchdünnen Mehrheit von nur einer Stimme regieren. Entsprechend unsicher ist auch die Wahl des Linken-Politikers Bodo Ramelow zum Ministerpräsidenten am 5. Dezember. Weicht auch nur einer ab, könnte der Traum der Linken vom ersten Ministerpräsidenten aus ihren Reihen platzen. Ramelow gibt sich dennoch zuversichtlich, zum Regierungschef gewählt zu werden.
Die thüringische CDU setzt dagegen auf eine Niederlage Ramelows und will dann die Regierungsbildung übernehmen. Sie müsste dazu zunächst nach Mehrheiten für eine stabile Regierung suchen. Die CDU in Thüringen stellte 24 Jahre lang den Ministerpräsidenten. Entsprechend schwer wird es Noch-Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht fallen, ausgerechnet einem Linken-Politiker den Posten zu übergeben.
Aber nicht nur die CDU sieht die rot-rot-grüne Koalition in Thüringen kritisch. So hatte sich unter anderem auch Bundespräsident Joachim Gauck im Vorfeld der Verhandlungen besorgt gezeigt. In der ARD-Sendung „Bericht aus Berlin“ fragte er öffentlich, ob die Partei Die Linke „schon so weit weg von den Vorstellungen sei; Anm. d. Red., die die SED einst hatte bei der Unterdrückung der Menschen hier, dass wir ihr voll vertrauen können“.
Ramelow reagiert auf Kritik
Die öffentliche Kritik scheint Bodo Ramelow nicht unberührt gelassen zu haben. In einem Interview mit der Tageszeitung Der Tagesspiegel versicherte er, es werde „von der Linken keinen Personalvorschlag für ein Regierungsamt geben mit Menschen, die mit dem Sicherheitssystem der DDR direkt oder indirekt verwoben waren“. Dem SPIEGEL gegenüber forderte Ramelow von seiner Partei zudem eine entschlossenere Aufarbeitung der eigenen DDR-Vergangenheit.
Die Landtagswahlen in Thüringen fanden bereits vor zwei Monaten am 14. September statt. Mit 28,2 Prozent der Stimmen lagen die Linken hinter der CDU (33,5 Prozent) auf Platz zwei. SPD und Grüne erhielten 12,4 beziehungsweise 5,7 Prozent der Stimmen. Für die AfD stimmten 10,6 Prozent der Wähler. Nach mehreren Sondierungsrunden starteten Linke, SPD und Grüne im November in die Koalitionsverhandlungen. Vorher hatte die thüringische SPD ihre Mitglieder über eine mögliche Koalition entscheiden lassen. Knapp 70 Prozent der 4400 SPD-Mitglieder sprachen sich Anfang November für Rot-Rot-Grün aus.
ist freie Journalistin in Berlin. Von 2011 bis 2013 hat sie beim vorwärts volontiert.