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Riester-Rente vor dem Aus? So sieht die Debatte um gute Altersvorsorge in der SPD aus

Die gesetzliche Rente so stärken, dass private Vorsorge nicht mehr notwendig ist, so lautet der Plan der SPD. Aber was passiert mit den rund 16 Millionen Riester-Verträgen? Wie kann eine Alternative dazu aussehen? Darauf antwortet der SPD-Politiker Ralf Kapschack im Interview.
von Vera Rosigkeit · 28. Januar 2020
Die Stärkung der gesetzlichen Rente ist gerade für die junge Generation wichtig.
Die Stärkung der gesetzlichen Rente ist gerade für die junge Generation wichtig.

Die andauernde Niedrigzinsphase schafft Unsicherheit für alle, die über eine private Altersvorsorge versuchen, das sinkende Rentenniveau aufzufangen. Ist diese Sorge berechtigt?

Kapitalmarktprodukte sind immer mit einer Unsicherheit behaftet. Sie bieten eine Menge Chancen, aber eben auch Risiken. Deshalb bin ich der Meinung, dass jede und jeder, der es kann und will, auch privat vorsorgen sollte. Aber: Es sollte nicht zwingend erforderlich sein, um im Alter über die Runden zu kommen. Dies ist ein ganz entscheidender Punkt, der von der Rentenkommission des Parteivorstandes auch formuliert wurde: Private Altersvorsorge soll nicht ein sinkendes Rentenniveau ausgleichen.

Aber war nicht genau das der Plan von Riester und Co?

So war es gedacht. Aber es funktioniert nicht. Man muss zur Ehrenrettung von Walter Riester sagen, dass es damals ein anderes Zinsniveau gab. Zudem gab es die Vorstellung, es obligatorisch einzuführen, jede und jeder sollte verpflichtet werden, privat vorzusorgen, um das sinkende Rentenniveau auszugleichen. Die Idee war, dass die Rente höher ausfallen würde als mit einem gleichbleibenden Rentenniveau. Diese Rechnung ist nicht aufgegangen.

Deshalb sind wir heute in der Rentenkommission der Meinung, dass die gesetzliche Rente zur Sicherung des Lebensstandards reichen muss, ohne dass man allzu große Einschränkungen hat.

Steht damit die Förderung für Riester vor dem Aus?

Tatsächlich gebe es gute Argumente dafür, die staatliche Förderung der Riesterrente zu beenden, weil die Wirkung ja eben nicht so ist, wie man sich das vorgestellt hat. Allerdings hätte man wenig gewonnen. Es gibt rund 16 Millionen Menschen, die einen Vertrag abgeschlossen haben. Und deren Verträge müssen in jedem Fall Bestandsschutz haben.

Es gibt allerdings Überlegungen – und diese Forderung ist auch im Koalitionsvertrag enthalten – ein sogenanntes Standardprodukt einzuführen. Ziel ist, dass man sich nicht mehr wie jetzt beim Riester-Produkt zwischen 150 verschiedenen Vertragsvarianten entscheiden muss. Diese Angebote sollten einfach, sicher, transparent und kostengünstig sein.

Wie könnte eine sichere Alternative zu Riester aussehen?

Um Vorbilder zu finden, können wir uns in anderen Ländern umschauen. In Schweden gibt es den sogenannten Staatsfond, das wäre ein Beispiel für ein staatlich organisiertes Produkt. Es gibt aber auch einen Vorschlag von Verbraucherzentralen, der sich Extrarente nennt. Von der Rentenversicherung Baden-Württemberg kommt die Idee eines sogenannten Vorsorgekontos. Die Grundidee ist die gleiche: ein öffentlich-rechtliches Standardprodukt und damit Vertrauen und Sicherheit zu schaffen. Denn wenn private Vorsorge für sinnvoll gehalten wird, dann muss der Staat auch etwas dafür tun, dass das vernünftig organisiert wird.

Was bedeutet das jetzt für alle, die den Empfehlungen gefolgt sind und private Versicherungen abgeschlossen haben?

Wir müssen in die gesetzliche Rente investieren. Das ist eine große Herausforderung und kostet Geld. Aber es ist eine Investition in den Zusammenhalt dieser Gesellschaft. Denn es trägt nicht zur Sicherheit und auch nicht zur politischen Stabilität bei, die Menschen mit diesem Problem alleine zu lassen.

Wir müssen aber auch verhindern, dass die gesetzliche Rente von anderen schlecht geredet wird. Zum Beispiel, wenn behauptet wird, dass es in zwanzig Jahren sowieso keine gesetzliche Rente mehr gebe, weil das keiner mehr zahlen könne. Hanebüchen ist auch, wenn sich die AfD in der Initiative „Fridays gegen Altersarmut“ engagiert. Ausgerechnet die AfD, wo einer der Parteichefs, Herr Meuthen, die gesetzliche Rentenversicherung ganz abschaffen will! Auch hier müssen wir etwas tun, um zu verhindern, dass die Menschen nicht diesen Rattenfängern nachlaufen, die kein Konzept haben.

Die SPD muss dafür sorgen, dass die gesetzliche Rente so gestärkt wird, dass private Vorsorge nicht mehr notwendig ist, um ein sinkendes Rentenniveau auszugleichen. Das dürfte sozusagen nur die Sahne auf dem Kaffee sein. Mit der Grundrente machen wir jetzt den ersten Schritt. Mit der Stabilisierung des Rentenniveaus, die gesetzlich verabschiedet ist und hoffentlich nach 2025 weitergeht, ist ein weiterer großer Schritt gemacht worden.

Wie geht es mit dieser Debatte weiter?

Am 10. März wird die Rentenkommission der Bundesregierung einen Bericht vorlegen. Da werden wir sehen, welche Vorschläge enthalten sind. Außerdem wird es im Frühjahr einen SPD-Parteikonvent zum Thema Rente geben. Sicherlich werden dann auch diese alternativen Modelle eine Rolle spielen.

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Vera Rosigkeit

hat Politikwissenschaft und Philosophie in Berlin studiert und ist Redakteurin beim vorwärts.

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