Inland

„Respekt ist keine Einbahnstraße“

von Yvonne Holl · 14. März 2014

Steuerflucht in die Schweiz soll nicht mehr möglich sein: Die SPD-Finanzexperten Thorsten Schäfer-Gümbel und Norbert Walter-Borjans haben Ansatzpunkte für ein neues Abkommen mit der Schweiz formuliert. Sie fordern vollkommene Transparenz und appellieren an den europäischen Zusammenhalt.

Es ist ein Vorstoß mit klaren Worten: An dem Tag, an dem FC-Bayern-Chef und Steuerhinterzieher Uli Hoeneß die gegen ihn verhängte Haftstrafe akzeptiert, fordern sozialdemokratische Finanzexperten einen neuen Anlauf für ein Steuerabkommen mit der Schweiz. Autoren des fünfseitigen Papiers, das dem vorwärts vorliegt (zum Download), sind Thorsten Schäfer-Gümbel, Parteivize und Chef der Hessen-SPD, sowie der nordrhein-westfälische Finanzminister Norbert Walter-Borjans. Ihre Forderung: Eine Vereinbarung über den automatischen Informationsfluss zwischen schweizerischen Banken und hiesigen Finanzbehörden. „Es müssen Ross und Reiter benannt werden. Kapitalanlagen unter Pseudonym, Nummerkonten, Abschirmwirkung von Stiftungen haben in dieser Welt keinen Platz mehr.“

Fernziel sei die internationale Durchsetzung des automatischen Informationsaustausches. Dies habe oberste Priorität. Ein zuvor ausgehandeltes bilaterales Abkommen müsse midestens die gleiche Qualität haben.

Lob für neuen Kurs der Schweizer Banken

Ausdrücklich loben die Autoren „die Ankündigung großer Schweizer Banken, mit Steuerhinterziehern in ihrer Kundschaft jetzt Ernst zu machen und sie entweder zu einer Selbstanzeige oder zur Schließung ihrer Konten zu veranlassen“. Die Ankündigung ermutige zu einem neuen Anlauf für ein Steuerabkommen: „Wir treten dafür ein, den nie wirklich unterbrochenen Dialog mit der Schweiz mit dem Ziel voranzubringen, Steuerbetrug tatsächlich wirksam zu bekämpfen, die Weißgeldstrategie der Schweizer Kreditinstitute zu unterstützen und ein finanzwirtschaftliches Miteinander zu etablieren, dass ein Modell für die internationale Kooperation sein kann.“

Altes Abkommen stellte Hinterzieher besser als ehrliche Steuerzahler

Das frühere, nie realisierte Abkommen kritisieren Schäfer-Gümbel und Walter-Borjans scharf. Darin sei es vor allem um die Wahrung der Anonymität, um die Sicherung des Bankgeheimnisses und die Einschränkung der Nachprüfungsmöglichkeiten gegangen. Schließlich hätte das Abkommen „Hinterzieher deutlich besser gestellt als diejenigen, die ihre Steuern immer ehrlich entrichtet haben“.

Eine solche Vereinbarung lehnen die beiden sozialdemokratischen Verfasser des neuen Papiers ab.

Bezug zum Fall Hoeneß

Das alte Abkommen habe erkennbar „die Handschrift der Schweizer Banken und der deutschen Steuerhinterzieher getragen, „denen es darum ging, „hinter wohlklingenden Etiketten dafür zu sorgen, dass das Geschäft mit dem Schwarzgeld weitgehend umgestört“ hätte weitergehen können.

Schäfer-Gümbel und Walter-Borjans nehmen auch Bezug auf den aktuellen Fall Hoeneß, dem das Münchner Landgericht Steuerhinterziehung in Höhe von 27,2 Millionen nachgewiesen hat. Begründungen wie die seine vor Gericht, er habe auf das Wirksamwerden des Abkommens gewartet, belegten, dass dieses Abkommen für Steuerhinterzieher keine Bedrohung, sondern die Rettung hätte sein sollen.

Wirtschaftsleistung in den Steueroasen würde sinken

Ganz klar benennen die Autoren Vor- und Nachteile des bestehenden und des von ihnen gewünschten Systems: „Das Ziel, den Schaden durch Steuerhinterziehung, etwa in Deutschland, zu verhindern, ist gleichbedeutend mit einer Senkung der Wirtschaftsleistung in den Steueroasen.“ So sei es kein Wunder, dass die Nutznießer der Steuerhinterziehung wirksame Lösungen verzögerten.

Keine Rosinenpickerei

Schäfer-Gümbel und Walter-Borjans beziehen sich auch auf das Schweizer Votum vom 9. Februar dieses Jahres gegen die Freizügigkeit in der Europäischen Union: „Es ist das Ergebnis einer demokratischen Abstimmung nach Schweizer Recht, die wir zu respektieren haben. Aber Respekt ist keine Einbahnstraße.“ Die europäische Idee müsse ein Gewinn für alle sein. „Europa ist kein Kuchen, aus dem man sich die Rosinen picken kann und den Rest anderen überlässt.“ Wer Wohlhabende mit steuerlichen Sonderkonditionen anlocke und Europa als Absatzmarkt brauche, müsse sich auch „den gemeinsamen Pflichten eines zusammenwachsenden Europas stellen“.

Gabriel will Banken zur Offenlegungen zwingen

Ebenfalls am Freitag hatte SPD-Chef Sigmar Gabriel in der Passauer Neuen Presse eidgenössischen Kreditinstituten mit einer härteren Gangart gedroht. Die Verschiebung von Spekulationsgewinnen in Millionenhöhe sei zu einem Geschäftsmodell geworden, kritisierte Gabriel. „Man muss die Schweizer Banken deshalb zwingen, alles offenzulegen.“ SPD-Fraktionsvize Carsten Schneider forderte, die strafbefreiende Selbstanzeige für Steuersünder langfristig abzuschaffen. Spätestens jedoch, wenn Steuerinformationen innerhalb Europas automatisch fließen. „Ich kann nur allen raten, die jetzt noch Schwarzgeld im Ausland haben: Machen Sie sich ehrlich.“

Autor*in
Yvonne Holl

ist Redakteurin für Politik und Wirtschaft.

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