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#R2G: Rot-rot-grünes Spitzentreffen in Leipzig

Noch nie haben die Spitzen von SPD, Linken und Grünen in aller Öffentlichkeit über Rot-Rot-Grün diskutiert. Jetzt trifft sich SPD-Generalsekretärin Barley mit den Chefs der Bundestagsfraktionen von Linken und Grünen. Was ist davon zu erwarten?
von Paul Starzmann · 25. November 2016
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Vor nicht allzu langer Zeit war das Thema schlicht tabu: Zu groß erschienen die Trennlinien zwischen SPD, Linken und Grünen, als dass deren Parteispitzen ernsthaft über eine Dreierkoalition gesprochen hätten. Eine Zusammenarbeit erschien auf ewig unvorstellbar. Bei den Linken gab es größte Vorbehalte gegen die SPD. Mit den „Spaltern“ der Linkspartei wiederum könne ihre Partei niemals regieren, riefen viele Sozialdemokraten.

Barley: Unterschiede und Gemeinsamkeiten ausloten

Jetzt scheint alles anders zu sein: Am Samstag reist SPD-Generalsekretärin Katarina Barley nach Leipzig, um sich dort mit Dietmar Bartsch, dem Co-Vorsitzenden der Linken-Bundestagsfraktion, und mit Anton Hofreiter, Co-Chef der Grünen im Bundestag, zu treffen. Das Besondere: Bisher fanden sämtliche Gespräche zu Rot-Rot-Grün (R2G) eher hinter verschlossenen Türen statt – und meist auf unterer Ebene, also ohne die Parteispitzen. Mit dem Treffen von Barley, Bartsch und Hofreiter sprechen nun erstmals drei prominente Vertreter von SPD, Linken und Grünen ganz offen über R2G – bei einer öffentlichen Podiumsdiskussion vor rund 250 Gästen.

Es ist kein Geheimnis, dass die drei Parteien bei vielen Themen auf einer Wellenlänge liegen – zugleich gibt es aber auch viel Trennendes zu diskutieren. Katarina Barley sagt dazu: „Demokratie lebt davon, dass man miteinander redet und streitet. Nur so kann man Unterschiede und Gemeinsamkeiten ausloten.“ Die große Koalition sei für ihre Partei nie ein „Wunschbündnis“ gewesen, so die SPD-Politikerin. „Umso wichtiger ist es, auszuloten mit welchen Partnern man in Zukunft gute Politik machen kann, die den Menschen in ihrem Alltag nützt.“

R2G: Mehr als „Merkel muss weg“?

So soll es nach vorwärts-Informationen bei dem rot-rot-grünen Spitzentreffen in Leipzig auch darum gehen, welche Angebote ein Mitte-Links-Bündnis den Wählern machen kann. Detailfragen und Sachthemen werden bei dem Treffen eher im Hintergrund stehen. Wichtiger ist mehr das Selbstverständnis von R2G: Kann ein solches Projekt aus eigener Kraft Konzepte und Ideen für eine erfolgreiche Regierungsarbeit im Bund entwickeln? Oder versteht sich R2G lediglich als Reaktion auf den aktuellen Rechtsruck in Deutschland? In anderen Worten: Haben SPD, Linke und Grüne mehr zu bieten als die gemeinsame Forderung nach dem Ende der großen Koalition unter Kanzlerin Merkel?

Organisiert wird das Leipziger Gespräch zwischen Barley, Bartsch und Hofreiter vom Forum Demokratischer Sozialismus (fds), einem Thinktank der Linkspartei, der ihrem reformorientierten Flügel zugerechnet wird. Dort will man die „Debatten über ein mögliches Mitte-Links-Bündnis 2017 für die Öffentlichkeit transparent gestalten“. Besonderen Wert legen die Veranstalter auf die gesellschaftliche Unterstützung für eine mögliche rot-rot-grüne Regierung auf Bundesebene: „Ohne eine breite gesellschaftliche Unterstützung für einen Politikwechsel wird dieser nicht kommen oder kaum Durchsetzungskraft entfalten können“, heißt es bei den Organisatoren des fds.  

Unterstützung für R2G größer denn je

Unterstützt werden die Veranstalter von der „Denkfabrik“ in der SPD-Bundestagsfraktion, einem Zusammenschluss vorwiegend junger Abgeordneter, die sich um die Zukunftsfähigkeit ihrer Partei kümmern wollen. Schon seit Jahren wird hier regelmäßig über R2G diskutiert. Moderiert wird die Leipziger Veranstaltung von Angela Marquardt, Geschäftsführerin der Denkfabrik, sowie der Berliner Linkenpolitikerin Juliane Witt.

Zumindest in der SPD ist die Unterstützung für R2G zur Zeit größer denn je: Nicht nur wird Berlin aller Voraussicht nach bald von einem rot-rot-grünen Senat unter SPD-Führung regiert. Auch viele Bundestagsabgeordnete machen inzwischen keinen Hehl mehr aus ihren Sympathien für ein solches Bündnis. Die Jusos, die am Wochenende zu ihrem Bundeskongress in Dresden zusammenkommen, wollen sowieso eine Mitte-Links-Regierung. Mit dem rot-rot-grünen Spitzentreffen in Leipzig könnten die R2G-Fans ihrem Traum nun vielleicht ein Stück näher kommen.

Autor*in
Paul Starzmann

ist promovierter Sprachwissenschaftler und war bis Mai 2018 Redakteur beim vorwärts.

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